Spieletest "Bulletstorm" (PC)
Lockere Sprüche, viel Gefluche und blaue Bohnen die einem aus allen Richtungen um die Ohren pfeifen. Hört sich nach "Duke Nukem" an? Falsch. Oder doch nicht?
"Bulletstorm" fährt auf der selben Schiene wie der Duke oder sein Kumpel "Serious Sam" vor ein paar Jahren: masslos übertriebene Action gegen skurrile Gegner und dazu obercoole One-Liner im Minutentakt. Das kann man mögen, muss man aber nicht. Genau so wie die hanebüchene Story die lediglich als Aufhänger für die Action dient.
Die kaum als Geschichte zu bezeichnende Handlung dreht sich um Grey, einen Anführer einer kleinen Eliteeinheit, die für ihren General Attentate auf Zivilisten ausführen. Dies wird ihnen jedoch erst klar nachdem sie bereits unzählige Abschüsse auf dem Konto haben. Als Reaktion darauf wenden Sie sich gegen ihren Auftraggeber und wollen den General ebenfalls ins Jenseits befördern. Beim Angriff auf sein Schiff geht jedoch einiges schief und alle vollführen eine Bruchlandung auf dem selben Planeten, auf dem einige furchtbar aufgebrachte Einheimische herumwuseln und nach dem Leben der Eindringlinge trachten. Fortan ballern sich Grey und sein mittlerweile zum Cyborg mutierten Kumpel Ishi einmal quer über den Planeten bis sie letztendlich auf den General treffen und alles in einem Showdown endet.
Gameplay
Man vermutet es bereits, "Bulletstorm" punktet keinesfalls mit seiner Story, umso mehr jedoch mit seiner imposant inszenierten Action. Bereits nach wenigen Spielminuten fällt Grey ein kleines Gerät in die Hände mit welchem sich (an vorgegebenen Stellen) schwere Gegenstände herumwuchten aber vor allem Gegner durch die Gegend ziehen lassen. Ähnlich wie eine Peitsche schnellt der Energiestrahl nach vorne, krallt sich einen Widersacher und schleudert diesen in die Luft, von wo aus er sich prima zu Kleinholz verarbeiten lässt.
Eine weitere wichtige "Waffe" ist dabei der eigene Fuss. Gegner und einzelne (meist explosive) Gegenstände lassen sich damit durch die Levels wuchten, was für einige unglaubliche Kills sorgt.
Das implementierte Kill-System ist es dann auch, was den grössten Reiz an "Bulletstorm" ausmacht. Für besonders kreative abschüsse hagelt es massig Punkte, die sich danach in neue Waffen und Munition investieren lassen.
Beispiel: wer einen Gegner per Energiepeitsche zu sich zieht um ihn dann in der Luft abzuknallen, kassiert dafür erst 50 und bei jeder Wiederholung 25 Punkte. Schleudert man den Gegner jedoch stattdessen per beherztem Tritt in einen herumstehenden Kaktus, gehen mehr Zähler auf das eigene Konto. Dies lässt sich natürlich beliebig kombinieren. Wer eine Haftgranate an einem Widersacher befestigt, diesen in eine Gruppe weiterer Gegner tritt und die Granate dann explodieren lässt, erlebt sein blaues Punktewunder. Selbes gilt für explosive Fässer, Hot Dog Wagen, Wartungsroboter, usw.
Das Waffenarsenal liest sich auf den ersten Blick relativ normal. Maschinengewehr, Pistole, Schrotflinte, Scharfschützengewehr, Granat- und Minenwerfer halten vermeindlich keine Überraschungen bereit, jedoch verfügt jedes Schiesseisen über die eine oder andere Besonderheit. So verfügt etwa die Hälfte der Knarren über einen sogenannten Charge-Shot, bei dem eine hohe Menge Munition auf einmal losgelassen wird, was natürlich besonders tödlich wirkt. Mit der Sniper wiederum lassen sich die Kugeln selber lenken, während man Granaten und Minen gezielt platzieren und selbst zur Detonation bringen kann. Schade dabei ist lediglich, dass man jeweils nur 3 Schiessprügel gleichzeitig mit sich rumschleppen darf. Somit muss man stets gemäss den eigenen Vorlieben abwägen, ob man nun beispielsweise lieber mit der Schrotflinte in den Nahkampf zieht, oder seine Gegner aus sicherer Entfernung aufs Korn nehmen will.
Besonders schön ist, dass sich die Designer immer wieder Mühe gegeben haben, das Geschehen aufzulockern. So steuert man in einem Abschnitt sogar einen haushohen Riesenroboter, fährt auf einem Hochgeschwindigkeitszug vor einem alles zermalmenden Schaufelrad davon oder treibt auf einem tosenden Fluss dahin. Für eingestreute Abwechslung ist also gesorgt, so dass man sich nicht immer nur mit den selben Bewegungsabläufen herumschlagen muss.
Die Steuerung indes ist shootertypisch überschaubar gehalten. Navigieren per WASD, die Maus zum ballern und umsehen plus einige Tasten für Spezialmanöver wie ducken, sprinten, Gegner herumwuchten und natürlich beherzte Tritte verteilen.
Dennoch merkt man "Bulletstorm" den Konsolenursprung an beinahe jeder Ecke an. Die Navigation per Maus im Hauptmenü ist schwammig, die Tastenbelegung passt eher auf ein Gamepad und alle paar Minuten stolpert man über eingestreute Quicktime-Events.
Ein weiteres Indiz dafür sind die mittlerweile beinahe obligatorischen und ebenso sinnfreien Achievements, die man so oder so fast alle automatisch freischaltet wenn man im Spiel voranschreitet. Ein Windows Live Account ist des weiteren übrigens zwingend notwendig, sofern man seinen Spielstand sichern oder online unterwegs sein will. Auch hier lässt die Xbox freundlich grüssen.
Grafik
Sehr viel richtig macht "Bulletstorm" in Hinblick auf seine Optik. Mit der Unreal 3 Engine als Grundgerüst wurden einige eindrucksvolle Level gebastelt, die sich durchaus sehen lassen können. Farbenfroh, detailliert und zum grossteil sehr ansehnlich animiert kommen sie daher, während die Wasserdarstellung zeitweise beinahe die Qualität eines "Bioshock 2" erreicht. Mit einem "Crysis" lässt sich das Spiel wahrlich nicht messen, aber dennoch sorgen viele Hintergründe für Entzücken und man bleibt das eine oder andere Mal gerne stehen um sich umzublicken.
Der typische Unreal-Look ist an "Bulletstorm" dennoch nicht spurlos vorbei gegangen. Vor allem Charaktermodelle sehen aus wie man sie schon von "Unreal Tournament 3" oder "Gears of War" kennt und auch das Waffendesign kommt einem sehr vertraut vor. Wer sich also bislang an diesem eigenwilligen Look gestört hat, der wird auch mit "Bulletstorm" nicht so wirklich warm werden.
Positiv anzumerken ist die Performance: dank der verwendeten Engine läuft Grey auch auf mittelklasse Rechnern noch sehr flüssig durch die Levels, auch wenn hie und da möglicherweise Abstriche in Texturqualität oder Auflösung gemacht werden müssen.
Einzelne Ruckler jedoch sind auch auf sehr potenten Systemen noch erkennbar und treten meist bei Levelanfang oder selbst in Zwischensequenzen auf, lassen jedoch auf eine schlampige Programmierung schliessen. Störend sind diese Aussetzer jedoch nie, der Spielspass wird davon kaum getrübt.
Sound
Was sich die Designer beim Soundmix gedacht haben, wird mir für immer in Rätsel bleiben. Zwar sind die Synchronsprecher in der Originalversion durchaus passend, allerdings oftmals viel zu laut. Selbst wenn mein Partner gute 50 Meter von mir entfernt steht, so hört er sich trotzdem an als würde er sich direkt neben mir befinden. Dieser Fauxpas passiert immer wieder, was sich auch dann sehr merkwürdig anhört, wenn rundherum alles explodiert oder in Schutt und Asche zerfällt.
Jene Umgebungsgeräusche sind des weiteren ebenfalls nicht immer perfekt ausbalanciert und manchen Effekten fehlt es ein wenig an Wumms. Wer seinen Subwoofer wirklich hören will, muss diesen manuell hochregeln - das Spiel selbst steuert diesen nämlich nicht so an wie es sich gehört.
Die Musik letzten Endes hält sich meist dezent im Hintergrund, stört nicht, fällt aber auch nicht sonderlich ins Gewicht. Somit ist sie meist eher Mittel zum Zweck, damit es nicht bloss rumms und kracht.
Multiplayer
Da man während der Kampagne meistens zu zweit unterwegs ist, böte sich ein Coop-Modus perfekt an. Was wäre spassiger, als zusammen mit einem Kumpel durch die Levels zu hetzen und jede Menge Gegner zu zerteilen? Doch leider hat es ein solcher Modi nicht ins Spiel geschafft. Gibt es dann immerhin ein auf dem Skillsystem basierendes Deathmatch? Ebenfalls Fehlanzeige. Als einzige Variante findet sich eine Art Coop-Mode, in welcher man in einem Team bis zu vier Spieler in einem begrenzten Areal eine Gegnerwelle nach der anderen überstehen und so viele Skillpunkte wie möglich sammeln muss. Blöd nur, dass die Teamkills manchmal nicht als solche gezählt werden und sich einige Combos somit im Nichts verlieren. Das macht kurz Spass, kann aber nicht länger als einige wenige Stunden an den Monitor fesseln. Sehr schade, Potential wäre definitiv vorhanden gewesen.
Nur für Erwachsene!
Wenn eines klar ist, dann dass "Bulletstorm" definitiv nicht in Kinderhände gehört. Zwar ist die Gewalt masslos übertrieben und comichaft dargestellt, jedoch spritzt literweise Blut, Leichenteile fliegen durch die Gegend und aufgespiesste Gegner an Kakteen sind wahrlich keine geeignete Deko für einen Kindergeburtstag.
Hinzu kommen einige sehr derbe Sprüche über Geschlechtsteile, Körperöffnungen und so weiter. "Serious Sam" war dagegen ein braver Chorleiter, verglichen damit was Grey und seine Begleiter hier vom Stapel lassen.
Wer sich auf diese Art von Humor einlassen kann, wird sehr viel Freude haben, alle anderen würden sich spätestens nach 1 Stunde wünschen, das ganze deaktivieren zu können.
Fazit
Was das Studio von People Can Fly mit "Painkiller" angefangen haben, findet hier seine Vollendung. Masslos übertriebene, absolut hirnfreie nonstop Action mit einem Macho-Helden in ansehnlicher Optik und skurrilem Gegnerdesign. Wenn Körper durch die Lüfte fliegen, alles rundherum explodiert und man sich mit einem breiten Grinsen vor dem Monitor amüsiert, ist für den geneigten Actionfan alles in bester Ordnung.
Für mich war "Bulletstorm" eine 6-7 Stunden anhaltende Hochgeschwindigkeitsachterbahnfahrt für Erwachsene und absolut zu empfehlen bis der wahre "Duke Nukem" dieses Jahr endlich wieder auf der Bildfläche erscheint.
Pro
- Action pur
- Recht ansehnliche Grafik
- Abwechslungsreiches Leveldesign
- Skillsystem sorgt für jede Menge Motivation
- Makaberer Humor der übelsten Sorte
- Hochgradig sinnfrei und hirnlos
Contra
- Hochgradig sinnfrei und hirnlos
- Auf Dauer stellt sich eine gewisse Monotonie ein
- Recht kurz
- Schwacher Multiplayer Modus
Grafik: 85%
Sound: 72%
Steuerung: 83%
Multiplayer: 50%
Gesamtwertung: 80%
lendenzorn am 25. Mai 11
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