Caliban European Winter Tour 2010
Im Zürcher Dynamo wurde es am Mittwoch den 15.12. mal wieder richtig schön laut. 5 international mehr oder weniger bekannte Metalbands luden zum fröhlichen Moshen und Bangen. Natürlich konnte ich mir diese Veranstaltung kaum entgehen lassen!
Location
Das Zürcher Dynamo befindet sich rund 10 Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt und ist somit sehr bequem per ÖV zu erreichen. Als Alternative bietet sich auch der Bahnhof Zürich Hardbrücke an, sofern man von jenem Punkt aus die besseren Verbindungen hat.
Der "grosse" Saal bietet Platz für rund 500 Nasen und befindet sich im 4. Stock. In erster Linie heisst das für alle Raucher: viel Treppensteigen. Denn fast in der ganzen Schweiz gilt in Lokalen das generelle Rauchverbot. Gut für die Nichtraucher, blöd für die Raucher (wie mich) und besonders blöd natürlich auch deshalb, weil man die "schönen" Gerüche wie Schweiss, Bier und Erbrochenes viel besser riecht. Mmmh, leckere Mischung!
Der Saal selber passt mit seiner Grösse bestens für diese Art von Konzerten und auch die Akkustik ist überdurchschnittlich gut. Als Manko für die Bands ist anzumerken, dass der vorhandene Bühnenplatz relativ begrenzt ist und es schon gerne mal ein wenig eng werden kann - also unpraktisch für Kapellen mit mehr als 4-5 Mitgliedern.
Direkt vor dem Eingang zum Saal befindet sich eine kleine Bar mit 2 Zapfstationen plus grossem Kühlschrank. Bei rund 400 Besuchern dann doch eher unpraktisch, wenn man 10 Minuten in der Schlange stehen muss um sich ein einzelnes Bier abzuholen.
Ein weiterer positiver Aspekt war die Absperrung vor der Bühne. Gut für die Band weil durch das Gemoshe keine Mikrofonständer o.ä. umgeworfen werden können (man spricht aus Erfahrung!), schlecht für manche Fans die gerne auf die Bühne klettern um von dort aus Stagediving zu betreiben. Ausserdem dürfte sie beim einen oder anderen Crowdsurfer für blaue Flecken gesorgt haben, wenn mal wieder einer aus Versehen darauf fiel. Autsch.
Für die Location selber vergebe ich als treppenverachtender Raucher 7/10 Punkten.
Preise
Hand in Hand mit der Location gehen auch meistens die Preise. In erster Linie sei hier gesagt, dass es sich nicht nur um die teure Schweiz, sondern auch noch um Zürich handelte - neben Genf die mit Abstand teuerste Stadt der Schweiz. 5 Bands in einer Location für rund 400 Leute - stolze 46.- CHF! Für meinen Geschmack einiges zu viel, gemessen daran dass ich bei meinen Lieblingsfestivals für einen kleinen Aufpreis 3x oder gar 4x so viele Bands zu sehen kriege und manche davon vom selben internationalen Format sind. Dazu gesellen sich Bierpreise von teuflischen 7.- für 0,5 Liter Gerstensaft. Auch hier bewegen sich die Preise an anderen Orten meist zwischen 5.- und 6.-. Aber eben, typisch Zürich.
Völlig in Ordnung gingen hingegen die Preise für den Merchandise der Bands. Für lockere 25.- CHF konnte man Shirts ersteigern, was im durchschnittlichen Rahmen liegt. Neaera bot sogar Bundles für CD + Poster à 15.- an. Das nenn ich fair!
Im Ganzen betrachtet erhält die zürcher Preispolitik von mir lausige 4/10 Punkten.
Bands
Jetzt geht es ums Eingemachte. Waren die Bands wenigstens gut, wenn man schon so viel dafür bezahlen musste? Den Anfang machten die jungen Schotten von Bleed from Within: jung, ungestüm, aber musikalisch solide und ein gelungener Opener. Mit 2 Alben in Petto bereits mit solchen Grössen auf Tour zu gehen ist sicherlich eine riesige Ehre, was man den Jungs auch angemerkt hat. Sie hatten jede Menge Spass und schlugen den bis dahin versammelten ~50 Nasen 30 Minuten lang eine deftige Mischung aus Metal- und Deathcore um die Ohren. Perfekt zum aufwärmen, bei einem längeren Set wäre es möglicherweise langweilig geworden.
Gleich im Anschluss traten Neaera auf den Plan - der Hauptgrund weshalb ich mich an jenem Abend überhaupt nach Zürich begeben hatte. Wie nicht anders zu erwarten war, lieferten die Münsteraner eine explosive Show, angetrieben von ihrem Frontmann Benni. Dieser betrieb gar 2x Crowdsurfing ohne dabei sein tiefes Gegrunze zu unterbrechen und kletterte später auch gerne mitsamt Mikrofon auf den Tischen herum die eigentlich für den Merchandise gedacht waren. Benni bewies sich einmal mehr als wahrer Wirbelwind der keine Sekunde lang ruhig stehen konnte und auch kaum eine Gelegenheit ausliess, sich beim Publikum für die sehr positive Resonanz zu bedanken. Auch wenn bis dato kaum mehr als 150 Leute anwesend waren, war die Stimmung bereits sehr gut, was sich auch in zahlreichen Crowdsurfern niederschlug - von heftigem Moshing natürlich ganz zu schweigen. Der in meinen Augen mit Abstand beste Auftritt des Abends!
Nach einem kühlen Bier an der Bar wurde es urplötzlich ziemlich schwierig, den Saal wieder zu betreten. Von einer Minute auf die andere war alles gerappelt voll - Soilwork waren da. Diese Band macht es mir nicht leicht, eine objektive Wertung abzugeben; dennoch bleibt es nicht unversucht: die 5 Schweden spielten in rund 45 Minuten ein ausgewogenes Set aus älteren und neuen Titeln, wobei auch mal eher gemächliche Tracks eingestreut wurden. Musikalisch immer auf einem hohen Level, jedoch für das blosse Auge eher langweilig. Es gab kaum Bewegung auf der Bühne und vor allem Frontmann Björn blieb unnahbar und schien in erster Linie bloss Coolness ausstrahlen zu wollen - was ihm bestens gelang (was nicht zwingend positiv ist). Dass diese Truppe musikalisch rein gar nicht mein Fall ist, soll hier aber nicht meinungsbildend sein, sondern nur eine Randnotiz.
Die nächste Band war eine mir bis dato fast unbekannte Gruppierung die auf den Namen All That Remains hört. Anscheinend in Metalcore-Kreisen bereits recht bekannt, hörte ich deren Namen im Rahmen dieser Veranstaltung zum ersten mal. Nachdem ich mir im Vorfeld 1-2 Tracks angehört hatte, war die Band im Hinterkopf bereits als "gay" abgestempelt, was sich im Nachhinein noch als Fehler herausstellen sollte. Das Instrumentenensemble machte den Anfang, bevor Sänger Phil unter Jubel die Bühne betrat und erstmal mit einem langgezogenen tiefen Schrei das Eis brach. Von da an wechselten sich gekonnte Screams mit nicht immer ganz perfektem cleanen Gesang ab und sorgten so für ein recht gelungenes Gesamtbild. Die Stimmung war völlig zurecht am kochen, es wurde lauthals mitgesungen, man sah Circle Pits, Crowdsurfing und sogar eine kleine Wall of Death, zu welcher nicht etwa die Band aufforderte, sondern von der Menge gewollt war, die sich auf einmal in zwei Hälften aufzuteilen begann.
Die Band selbst bot eine ordentliche Show mit viel Bewegung, Seitenwechseln und allem was dazu gehört. Ein wirklich guter Gig von einer Band, die Live viel mehr hermacht als von Konserve.
Caliban
Der kürzeste Text in diesem Review: mag ich ned, find ich schwul (schon mal den Sänger angesehen?), hab ich mir nicht mehr angesehen. Punkt.
Für die Bandauswahl hagelt es subjektive 6/10 Punkten
Fazit
Das Bier und der Eintrittspreis waren recht teuer, zusammen mit dem Zugticket nach Zürich ein recht ordentlicher Betrag. Dazu 5 Bands von welchen ich mit zweien nichts anfangen konnte, während ich zum Rauchen gefühlte tausend Treppen überwinden musste. Immerhin waren die verbliebenen 3 Bands ihr Geld wert und im Grossen und Ganzen haben wir uns alle prächtig amüsiert.
Aufgrund der stolzen Preise, welche einem schon mal nen Strich durch die Rechnung machen können, erntet dieser Konzertabend von mir 17 von 30 möglichen Punkten.
lendenzorn am 17. Dezember 10
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