"Sylosis - Edge of the Earth" CD-Review
Bei den Briten von Sylosis und mir war es wie Liebe auf den ersten Blick. Zumindest was mich betrifft. Dass sich die Jungs genau so in mich verguckt haben, wage ich einmal zu bezweifeln. Aber egal, hier geht es schliesslich nicht um die Gefühle verweichlichter Heulsusen, sondern um echte Männerliebe. Die Liebe zu einer richtig guten Metalband und deren Musik. Nämlich!
Es war im Jahre 2008 als ich die Herren aus Reading erstmals sah, bei ihrem ersten Auftritt überhaupt den sie in der Schweiz ablieferten - und meines Wissens war es sogar der erste Gig ausserhalb des vereinigten Königreiches. Jedenfalls waren die 5 Testosteronschleudern für eine andere Band eingesprungen und ich kam erstmals in den Genuss ihrer gekonnten Mischung aus modernem Thrash-Metal und Melodic Death. Die etwas mehr als 30 Minuten vergingen wie im Fluge und selten zuvor hatte mich eine bis dato unbekannte Band derart aus den Socken gehauen. Was ich da zu hören kriegte war genau meine Kragenweite und es war nur eine Frage der Zeit bis ich mir endlich ihr Debutalbum "Conclusion of an Age" zulegen konnte, welches in sämtlichen Metalzeitschriften weltweit Punktezahlen in den oberen Regionen abstauben konnte. Es war ein Karrierestart wie aus dem Bilderbuch und tausende von Fans weltweit warteten seither auf Album Nummer zwei. Und hier ist es nun endlich, hört auf den bedeutungsschwangeren Namen "Edge of the Earth" und kommt ein wenig anders aber dennoch vertraut daher. Doch eines nach dem andern.
Der markanteste Unterschied zum Vorgänger: die Band ist um ein Mitglied geschrumpft, Jamie Graham hält nicht mehr schreiend das Mikrofon in der Hand, sondern jener Part wird von nun an von Gitarrist und Mastermind Josh übernommen, welcher die Lücke mit einem ganz eigenen Charakter füllt. Weniger cleane Passagen, rauhere Screams und insgesamt etwas mehr Druck sind nun stimmlich auszumachen, was sich im Endeffekt auch auf den gesamten Sound des Albums auswirkt. Dieser gibt sich im Gegensatz zum Vorgänger noch einen Zacken verspielter und experimentierfreudiger. Während man bereits früher lustig zwischen Thrash und Melo-Death hin und her gewechselt hat, mischen sich neuerdings auch viele progressive Parts darunter und auch diverse Anleihen an den Traditionellen Heavy Metal sind auszumachen. "Beyond the Resurrected" ist hier ein Musterbeispiel, welches in seinen langgezogen Soli sogar an den altehrwürdigen Blues erinnert und eine Schwere aufweist, wie man sie von Sylosis bislang gar nicht zu erwarten glaubte.
Man sollte es keineswegs falsch verstehen: auch auf "Edge of the Earth" wird das Metal-Rad nicht neu erfunden, aber Sylosis haben es geschafft, aus verschiedensten Stilen das beste zusammenzuklauben und damit ein Konzeptalbum geschaffen, welches die Band sicher erneut einige Level nach oben katapultieren wird. Vom ersten bis zum letzten Track erzählt uns das Album die Geschichte eines Mannes, der seelisch am Abgrund steht. Einsam, isoliert und ohne Ausweg. Es mag abgedroschen und gar ein wenig Emomässig klingen, passt aber als Konzept bestens zusammen, wie auch das Cover mitsamt Booklet beweist.
Fazit
"Edge of the Earth" ist anders - aber wohl grade deswegen unglaublich gut. Kaum ein Titel klingt wie der andere und selbst nach mehrmaligem Durchhören fallen einem bei den teilweise sehr langen Songs noch Details auf, die man bisher schlichtweg überhört hatte. Sphärisch, episch und durchdacht mit einem nahezu makellosen Songwriting ist dieser zweite Longplayer ein erneuter riesengrosser Schritt nach vorne und dürfte aus den 4 Engländern weit mehr machen als der bisherige Geheimtipp. Zum Schluss noch ein kleines Wort der Warnung: die Scheibe bietet knapp 73 Minuten an Musik und eignet sich daher eher weniger als Häppchen zwischendurch. Aber etwas mehr Aufmerksamkeit hat dieser Werk sowieso verdient.
-> 9/10 Punkten
lendenzorn am 12. März 11
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