Bei Erwähnung des Namens von J. R. R. Tolkien denkt grundsätzlich jeder erstmal an „Der Herr der Ringe“. Wem könnte man es auch verdenken, schliesslich ist dieses Jahrhundertwerk nach wie vor die berühmteste, meistzitierte und –gehuldigte Geschichte der modernen Fantasy, sowie Inspirationsquelle zahlreicher weiterer Autoren. Und nicht zuletzt dank Peter Jacksons meisterhafter Verfilmung der Saga war auch die Buchtrilogie wieder in aller Munde. Doch was vor allem jüngere Fans nicht wissen dürften: Tolkien hat lange Zeit vor dem Herrn der Ringe bereits sein erstes Prosawerk aus Mittelerde verfasst – „Der Hobbit“.
Erste Gerüchte einer Verfilmung der als Kinderbuch angelegten Geschichte verbreiteten sich wie ein Lauffeuer im Internet. Wer sollte den berühmten Bilbo Beutlin mimen? Und wer nimmt auf dem Regiestuhl Platz? Lange Zeit war der Mexikaner Guillermo del Toro im Gespräch, der bereits mit
“Hellboy“ und
“Pan’s Labyrinth“ erfolgreich im Fantasygenre Fuss fassen konnte. Als dieser das Projekt dann verliess um sich einer anderen Aufgabe zu widmen, übernahm Meister Jackson kurzerhand das Szepter wieder selbst.
Nach den obligaten Dreharbeiten in Neuseeland wurde der Film ab dem 13. Dezember 2012 in Europa gezeigt und erschien nun im hochauflösenden Format auf Blu-Ray. Doch wie schlägt sich das „Vorgeplänkel“ im Vergleich mit seinem grossen Bruder, dem Herrn der Ringe?
Story
Bilbo Beutlin ist ein vergnügter Hobbit im noch jungen Alter von 50 Jahren, der bereits das eine oder andere kleine Abenteuer hinter sich und bis auf weiteres genug davon hat. Eines Tages erscheint ein Zauberer in Kapuze und Mantel vor seiner Tür, den er bislang nur vom Hörensagen kannte: Gandalf der Graue. Dieser unterbreitet ihm das Angebot, ihn auf einem Abenteuer zu begleiten, da er noch einen weiteren Begleiter suche. Vehement verneint der junge Hobbit und will Gandalf abwimmeln, wird letztendlich aber doch gegen seinen Willen vom Zauberer eingesponnen. So staunt Bilbo nicht schlecht, als kurz darauf ein Zwerg an seine Tür klopft, als er gerade sein Abendmahl zu sich nehmen will. Vom Besuch überrumpelt, kümmert er sich dennoch um seinen Gast, der es sich in seinem Haus ziemlich gemütlich macht, als unverhofft ein weiterer Zwerg auftaucht und noch deren 11 folgen sollen.
Nachdem die verfressene Schar Bilbos gesamte Vorratskammer leergeräumt hat, kehrt endlich Ruhe ein und Gandalf erläutert den Anwesenden das Vorhaben: die Mission führt die Sippe zum einsamen Berg weit im Osten, unter dem einst die Zwerge hausten und sich nun der Drache Smaug festgesetzt hat und vehement seinen neuen Schatz bewacht. Dieser soll natürlich zurückerobert und die Heimat neu aufgebaut werden, mit Hilfe des Hobbits, der vom Zauberer als grosser Meisterdieb angepriesen wurde.
Nach langem hin und her willigt der Hobbit ein und eilt den bereits aufgebrochenen Zwergen hinterher, ohne eigentlich zu wissen worauf er sich genau eingelassen hat oder zu ahnen, dass Orks nicht das Gefährlichste in Mittelerde sind.
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Trailer bei Youtube
Anmerkung: die deutschen Stimmen in diesem Trailer sind nicht die selben wie in der Endfassung!
Wie bereits bei
“The Lord of the Rings“ sind die unbelesenen Zuschauer die glücklicheren. Selbst wenn man das Buch nicht kennt, ist die Geschichte wie sie Peter Jackson und Fran Walsh ersonnen haben in sich schlüssig und ohne grosse Lücken. Umso härter trifft es jedoch Kenner und Liebhaber der ursprünglichen Geschichte, wurde doch erneut einiges umgeschrieben, verändert, weggelassen oder ausgeschmückt. Das ist im Kontext des Films zwar zu verschmerzen, da nichts unangenehm heraussticht, doch vor allem Fans dürften sich daran stossen.
Den grössten Grund zur Kritik bietet jedoch die visuelle Umsetzung sowie das Design der Figuren. Natürlich ist
“Der Hobbit“ ein Kinderbuch und die USK-Einstufung von 12 Jahren durchaus angemessen, jedoch zielt gerade das Design der Zwerge und Orks zu sehr auf das jugendliche Publikum ab. Knollennasen, angeklebte Bärte und kugelrunde Bäuche sind nicht gerade das, was man von einer Schar grimmiger Zwerge erwarten dürfte. Gerade im Vergleich zu Gimli aus der bekannten Trilogie wirken diese 13 Zwerge bis auf wenige Ausnahmen absolut lachhaft. Wie pflegte dieser noch gleich zu sagen? „Ich wünschte ich könnte eine Schar Zwerge antreten lassen, bis an die Zähne bewaffnet und dreckig!“ Ein Wunsch, den manch einer sicherlich gern erfüllt gesehen hätte.
Stattdessen ist die Kindervorlage an jeder Ecke ersichtlich, was sich auch im Aussehen der Orks niederschlägt. Verkörperten diese in
“Der Herr der Ringe“ noch eine ernstzunehmende, abgrundtief böse Bedrohung, bildet in dieser neuen Variante ein grosser Fetter Ork mit überdimensionaler Eiterbeule am Kinn die Spitze des Eisberges. Furchterregend ist hier höchstens die Tatsache, dass sämtliche nichtmenschlichen Charaktere mit CGI umgesetzt wurden, anstatt wie noch vor einigen Jahren auf altmodische, aber sehr wirkungsvolle Vollmasken und Kostüme zu setzen. Ob man hier den Aufwand scheute oder so eher der Vorlage gerecht werden wollte, bleibt mir ein Rätsel. Festzuhalten bleibt bloss, dass Fans vom düsteren Mittelerde sicherlich abgeschreckt werden dürften, da vom ehemals erwachsenen Fantasysetting nichts mehr übrig blieb. Und spätestens wenn Radagast der Braune wie der Nikolaus mit seinem Schlitten durch den Wald rast, gezogen von animierten Kaninchen, kann man diesen Film kaum mehr ernst nehmen.
Bild
Bei den Uraufführungen im Kino störte sich manch einer noch an der neuen verwendeten Bildtechnik, die mit speziellen Kameras gefilmt wurde. Diese lassen das Bild viel klarer, aber auch plastischer Wirken als mit handelsüblichen HD-Kameras. Die Folge davon ist ein Look der zwar mit einem kinotypischen Bild nicht mehr viel gemeinsam hat, jedoch vor allem auf Blu-Ray besonders stark zur Geltung kommt. In sämtlichen Einstellungen stechen hunderte von Details ins Auge und satte Farben dominieren das Geschehen, während uns ein absolut messerscharfes Bild in Erstaunen versetzt. Weder Kompressionsartefakte noch Schmutzpartikel oder Rauschen stört das Bild, was vor allem bei Detailfetischisten besonders gut ankommen wird.
Aber grade die Farben sind es dann auch, die dem Film selbst den letzten Hauch Realismus nehmen. So schön Mittelerde auch anzusehen ist, alles wirkt noch eine ganze Spur bunter und fröhlicher als noch beim Herrn der Ringe. Das ist sicherlich gewollt, für Fans jedoch ungewohnt.
Technisch vorzuwerfen gibt es an der optischen Präsentation nichts, aber das Ergebnis ist sicherlich Geschmacksache.
-> 9.5/10 Bildpunkte
Sound
Wie bereits bei den Blu-Rays von
“Der Herr der Ringe“ hat man auch dem Hobbit eine DTS-HD Spur verpasst. Diese überzeugt mit einer guten Dynamik auf sämtlichen Kanälen, die auch Gespräche fast ausnahmslos perfekt präsentiert. Nebst druckvollen und knackigen Effekten die auch immer wieder durch ihre Räumlichkeit begeistern können, galt dem Score erneut besonderes Augenmerk. Howard Shore hat bekannte Stücke und Themen leicht angepasst und wiederverwendet, aber auch neue komponiert, die sich ebenso nahtlos in das Gesamtkonzept einfügen.
Überaus gelungen ist auch die deutsche Vertonung, auch wenn diese in Sachen Dynamik und Volumen nicht ganz die Klasse des englischen Originals erreicht.
Aber auch hier gibt es wenig Grund zur Klage und die heimische Anlage wird mit Freuden ihre Arbeit verrichten.
-> 8.5/10 Soundpunkte
Fazit
Auch wenn ich nun von Filmenthusiasten und Hobbit-Fans Schelte kriegen werde, muss ich es ganz offen aussprechen: ich bin enttäuscht. Im Rahmen der Vorlage eines Kinderbuchs hat man sicherlich ganze Arbeit geleistet und Mittelerde mitsamt menschlichen und unmenschlichen Bewohnern gut eingefangen. Doch wenn man bei jeder Einstellung erneut an das Design von
“Der Herr der Ringe“ mitsamt seinen Vorzügen denkt, kommt man über Kritik nicht hinweg. Es sind nicht nur die komplett computeranimierten Orks die nicht in das Gesamtbild von Tolkiens bekannter Fantasy passen wollen, sondern auch die Zwerge. Dass diese kriegerischen Rauhbeine sowohl grimmig als auch amüsant zugleich sein können, hatte Gimli in der Vergangenheit mehrfach bewiesen. Wieso also hat man diese 13 Kinder des Schmieds also derart comichaft gestaltet, dass sie eher an Gérard Depardieus Darstellung von Obelix als an stattliche Krieger erinnern? Und wieso war es nötig, diesen Männern auch noch Furz- und Rülpswitze aufzuzwingen?
Beim besten Willen, aber nein, ich vermag es nicht, diesen Film auch nur ansatzweise ernst zu nehmen. Daran hat auch der Zauberer Radagast seinen Anteil – dieser wurde zwar bereits in der Buchvorlage als kauziger Zeitgenosse beschrieben, doch so wie er hier auftaucht haben ihn sich wohl die wenigsten vorgestellt.
Grösster Lichtblick im dennoch grundsätzlich soliden Cast bietet aber Martin Freeman als Bilbo Beutlin. Seine Darstellung des jungen Hobbits überzeugt auf ganzer Linie dank Mimik und Aussprache und muss sich keineswegs vor Elija Wood (Frodo), Ian Holm (alter Bilbo) oder Sean Astin (Samweis Gamdschie) verstecken.
Ich hatte grosse Hoffnungen in diesen Film gesteckt, selbst wenn mir die Buchvorlage weitaus weniger gut gefiel als noch beim Herrn der Ringe. Doch das allzu kinderfreundliche Ergebnis hat mir Bauchschmerzen und eine herbe Enttäuschung bereitet, die mir sogar sämtliche Vorfreude auf die nachfolgenden Teile nimmt. Von daher hat diese Blu-Ray ihre Wertung vor allem der technischen Seite zu verdanken, die vor allem Bildtechnisch die Messlatte relativ hoch ansetzt.
-> 6/10 Blu-Ray Punkte
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