Donnerstag, 28. März 2013
Spieletest "Tomb Raider" (PC)


Zugegeben, der Titel mag im ersten Augenblick verwirrend sein, denken die meisten bei “Tomb Raider“ doch an den ersten Teil der Serie, welcher 1996 unter Core Design entwickelt und vermarktet wurde. Manch einer denkt vielleicht sogar an die schrecklichen Filme mit Angelina Jolie in der Hauptrolle, die trotz mieser Kritiken zu hohen Einnahmen an den Kinokassen führten – und beide Annahmen sind im Jahr 2013 grundsätzlich falsch, stellt das neue “Tomb Raider“ doch einen Reboot der gesamten Serie dar. Eine „neue“ Lara Croft, ein frisches Setting und eine Hintergrundstory die ganz von vorne anfängt.
Aber kann Frau Croft auch nach 17 Jahren noch so unterhalten wie früher?


Story
Alles beginnt auf einem Schiff, mitten im Pazifik. Lara ist zusammen mit ihrer Crew auf der Suche nach Yamatai, einem verschollenen Königreich im „Drachen-Dreieck“, wo sich eine wahre archäologische Fundgrube befinden soll. Doch die „Endurance“ gerät in einen Sturm und Kentert, wobei sich Lara nur mit viel Glück an den Strand retten kann – und bald darauf bewusstlos geschlagen wird.
Als sie wieder zu sich kommt, hängt sie Kopfüber an der Decke einer Höhle und startet ihren ersten Befreiungsversuch. Nur kurze Zeit später stellt sie fest, dass sie nicht alleine auf dieser Insel ist. Nebst ihrer Crew befinden sich auch scheinbar Einheimische auf dem Eiland, die jedoch nicht nur gute Absichten hegen. Auf der Suche nach ihren Freunden stolpert sie in so manche Falle und sieht sich mehr als einmal mit dem drohenden Tod konfrontiert. Doch wieso wird sie gejagt und was wollen die Eingeborenen von ihrer Freundin Sam?

-> Trailer bei Youtube

Die Hintergrundgeschichte von “Tomb Raider“ als originell zu bezeichnen, wäre sicherlich zu viel des Guten. Und doch gibt sie im Endeffekt mehr her, als man vermuten könnte. Überdurchschnittlich gut inszeniert bietet sie so manchen unerwarteten Twist und hebt sich alleine deshalb vom Einheitsbrei ab.

Die eigentliche Besonderheit an diesem Reboot ist jedoch klar unsere Hauptdarstellerin Lara Croft. War sie uns in der Vergangenheit als starke und schlagkräftige Archäologin bekannt die auch so manchen lockeren Spruch auf Lager und grosskalibrige Waffen in den Händen hat. Doch Crystal Dynamics hat sich ihrer Persönlichkeit angenommen und präsentiert uns die junge Lara als zierliche, wissbegierige und unerfahrene Archäologin auf den Spuren eines berühmten Mannes mit Schlapphut und Peitsche. Sie recherchiert sorgfältig und selbst kleinste Funde werden von ihr behutsam in Augenschein genommen und als wertvoll empfunden.
Auf dem Weg zur uns bekannten Amazone muss Lara so manche Qual über sich ergehen lassen. Sie fällt aus Baumkronen, kriecht durch Schlamm und Unrat, wird gefoltert, aufgehängt, gefesselt und geknebelt. Sie stöhnt vor Schmerz, sie weint, sie humpelt durch die Gegend und bricht ergriffen zusammen nachdem sie ihren ersten Widersacher ins Jenseits befördern musste. Dadurch wird nicht nur eine enorm menschliche Komponente geschaffen, sondern die zierliche Engländerin weckt in uns sogar Beschützerinstinkte. Wenn wir Lara mit schmerzverzerrtem Gesicht und schluchzend durch eine dunkle Höhle humpeln lassen, haben wir schon beinahe Mitleid mit ihr und geniessen die Genugtuung umso mehr, wenn wir es ihren Peinigern wieder heimzahlen dürfen.
Leider wirkt der Übergang „von der Heulsuse zur Kämpferin“ anfangs ein wenig aprupt, da sie nur wenige Minuten nach ihrem ersten Mord bereits wie ein Profi mit der Pistole um sich ballert, aber das lässt sich im Kontext verschmerzen. Schliesslich hat man es mit einer halben Armee von bösen Jungs zu tun die uns ans Leder wollen, da darf man sich getrost zur Wehr setzen!
Im Verlauf des Spiels verschwimmt besagte Grenze immer mehr und der Übergang wird fliessender. Viele von Laras Handlungen wirken authentisch und nachvollziehbar, zumindest im Vergleich mit diversen anderen Genrevertretern. Lara ist keine strahlende Heldin, sondern eine gepeinigte junge Frau, die auf Rache sinnt.


Gameplay
Inspiriert von Grossen Namen wie “Uncharted“ gibt sich auch “Tomb Raider“ als neumodisches Action-Adventure mit filmreifer inszenierung. Unter uns einstürzende Hängebrücken, an denen wir uns per Quicktime-Event grade noch in letzter Sekunde festhalten können, kennt so mancher sicherlich bereits von der Playstation 3 und den zahlreichen Titeln welche sich schon solcher Elemente bedient haben. Am heimischen PC sind solche Dinge jedoch nach wie vor eine Seltenheit und alleine deshalb ist die Inszenierung ein Hochgenuss. Wir hangeln uns über und durch alte Flugzeugwracks, klettern an Felswänden empor, springen über Abgründe und retten uns vor krachenden Explosionen.
Dazwischen dürfen wir die oftmals weitläufigen Areale auch nach versteckten Kisten und verschollenen Gräbern abklappern, in welchen wir Erfahrungspunkte, und Aufrüstungsteile für unser Arsenal finden. Um diese Goodies zu erreichen ist das Überwinden kleinerer Rätsel von Nöten, deren Lösungen sich nicht nur auf das richtige Timing bei Sprung- und Kletterpassagen, sondern auch auf so manche Physikspielerei verlassen. Wirklich herausfordernd sind diese Knobeleien zwar nie, sorgen jedoch für die nötige Abwechslung und Verschnaufpause zwischen der Vielzahl an Schiessereien.

Sieht sich Lara einer Übermacht konfrontiert, sucht sie hinter Kisten oder Mauern Deckung, pirscht hin und her, nimmt ihre Widersacher mit Pfeilbogen, Schrotflinte, Pistole sowie Gewehr aufs Korn und darf zu deren Bekämpfung auch mal die Umgebung nutzen, indem sie Konstruktionen einstürzen oder in Flammen aufgehen lässt.
Egal ob schiessen oder klettern, die Steuerung geht erstaunlich leicht von der Hand. Zwar merkt man vor allem bei Quicktime-Events, dass das Spiel vorrangig für Konsolen und deren Gamepads entwickelt wurde, doch auch mit der klassischen Kombination aus Tastatur und Maus klappt alles nach ein wenig Eingewöhnung problemlos. Doch gerade die erwähnten Reaktionstests gestalten sich mit Maus und Tastatur ungemein schwieriger, da die eingeblendeten Symbole nicht immer eindeutig signalisieren, welche Taste man eigentlich drücken muss. So bedarf es einiger Anläufe bis man Anhand von Farben und Formen aus dem Gedächtnis weiss, welche Kommandos gemeint sind.

Doch auch sonst legt sich “Tomb Raider“ so einige Stolpersteine selbst in den Weg. Das grösste Manko zeigt sich hier bei der fehlenden Abwechslung: zwar sucht Crystal Dynamics stets den Spagat aus Action, Kraxelei und Rätseleinlagen, das gelingt allerdings nur bedingt. Ab und zu schleicht sich unübersehbares Backtracking ein, wenn man in bereits besuchte Abschnitte zurückgeschickt wird, mit dem einzigen Unterschied, dass man nun über die nötige Ausrüstung verfügt um auch zuvor unerreichbare Stellen zu erreichen, damit man von dort aus weiter kommt. Dabei wirkt nicht nur die altbekannte Kulisse ermüdend, sondern auch die scheinbar unendliche Kletterei. Man erklimme Fels A um von dort ein Seil zu Fels B zu spannen, wechselt hinüber, kraxelt einmal um den halben Felsen herum, zieht sich aufs Plateau und das ganze nochmals von vorn. Natürlich darf man ab und an komplexere Wege finden um auch entlegene Winkel zu erkunden und dort im besten Falle zusätzliche Erfahrung oder wertvolle Items zu finden, aber auch dies wirkt nach einigen Spielstunden eintönig und wenig abwechslungsreich.
Am gleichen Problem kranken auch die Ballereinlagen, die sich in ihrem Ablauf meist wiederholen. Wir schiessen hinter der Deckung hervor, weichen gegnerischen Granaten aus und entledigen uns grösseren Gegnern auch mal aus dem Nahkampf. Das ist zwar alles durchschnittliche Shooterkost und grundsätzlich solide gemacht, aber auf Dauer schlichtweg viel zu öde. Dies fällt vor allem im Mittelteil auf, wenn der Shooteranteil Überhand nimmt und wir vorwiegend schiessen anstatt die Gegend anderweitig zu erkunden.

Immerhin belohnt uns das Spiel bei jedem Kill mit Erfahrungspunkten, die bei Kopftreffern oder leisen Tötungen auch einiges höher ausfallen können. Wie heutzutage typisch, dürfen wir diese in bestimmte Fähigkeiten investieren, die sich bis auf wenige Ausnahmen jedoch kaum auf das Spielgeschehen auswirken. Nebst verbessertem Waffenhandling dürfen wir uns auch im Jagdsegment spezialisieren und finden versteckte Gegenstände (noch) einfacher, erhalten von mehr Erfahrung aus Kisten und erlegten Tieren oder können einfache Nahkampftechniken erlernen. Einschneidend ist jedoch nichts davon – Lara bleibt Lara und mehr Freiheiten beim Vorgehen gegen Gegner haben wir nach wie vor nicht. Hier bleibt “Tomb Raider“ leider hinter seinen Möglichkeiten zurück.


Grafik
Ist der erste Eindruck im Küstenwald noch etwas ernüchternd, wird man bereits nach wenigen Spielminuten eines besseren belehrt. Lara zwängt sich durch den engen Ausgang einer Höhle und stellt sich auf ein Felsplateau, unter ihr die peitschende See mit dem gestrandeten Schiffswrack, über ihr trohnt eine Tempelanlage im Bergmassiv. Es sind solche Ausblicke, die in “Tomb Raider“ für Entzückung sorgen. Zusammen mit der frei drehbaren Kamera lässt sich die Umgebung genau in Augenschein nehmen und geniessen.
Zumeist erblicken wir dabei hübsche Texturen mit einem hohen Detailgrad in einer toll designten Architektur; jedoch nicht immer. Ab und an schleicht sich durchaus auch Matsch ein oder wir finden gar detailarm modellierte Objekte. Das ist jedoch zum Glück nur Selten der Fall. Grösstes Manko an “Tomb Raider“ bildet der Polygoncount, der dem Vergleich mit anderen Titeln nicht immer standhält. Zwar sind die Panoramen und Tempelanlagen eine wahre Augenweide, einzelne Objekte weisen jedoch die eine oder andere Kante zu viel auf, was jedoch nur dann wirklich ins Auge sticht, wenn wir uns gezielt darauf achten. Sind wir jedoch mit klettern oder ballern beschäftigt, wird unser Augenmerk vermehrt auf die gelungenen Animationen gelenkt. Einmal mehr wurden Laras Bewegungen per Motion Capturing Verfahren digitalisiert und in das Spiel eingebettet, was für enorm flüssige Bewegungsabläufe und eine glaubwürdige Mimik sorgt. Dabei kommt es dem Gesamtbild enorm zu gute, dass man die Charaktermodelle mit einer Vielzahl an Details ausgestattet hat. Lara trägt sichtbare Schrammen und Wunden davon, während ihre fein texturierte Kleidung auch gerne mal dreckig oder blutgetränkt ist. Dies gilt letztlich für sämtliche Charaktere im Spiel, die jedoch auch alle die selben Schwächen teilen: während wir uns dank “Crysis 3“ und “Far Cry 3“ Gesichtsanimationen in Blu-Ray Qualität gewohnt sind, können Lara und ihre Kollegen hier nicht ganz mithalten. Vor allem in Gesprächen wirken die Kopfpartien ein wenig steif, wenn sich nicht viel mehr als Mund- und Augenpartie bewegt. Das wird durch die gelungene Regie zwar ausreichend ausgeglichen und schmälert den Gesamteindruck kaum, wirkt auf den ersten Blick dennoch ein wenig enttäuschend, grade im Vergleich zur sonstigen optischen Qualität des Spiels.
Man mag vielen Teilen von “Tomb Raider“ Plagiatismus vorwerfen, aber grade die sehr gelungene Inszenierung ist es, die uns letztendlich immer und immer wieder ein erstauntes „wow!“ über die Lippen huschen lassen.



Als Besonderheit gilt das zuschaltbare „TressFX“, welches in Zusammenarbeit mit AMD entwickelt wurde. Bei entsprechender Hardware sorgt die Technik für eine realistischere Darstellung von Laras Haarpracht und lässt selbst einzelne Strähnen physikalisch korrekt im Wind wehen. Das sieht in den meisten Fällen zwar unglaublich aus, sorgt jedoch ab und an auch für unfreiwillige Komik, wenn Laras Zopf unwillkürlich auf und ab hüpft. Und so schön das ganze auch aussehen mag, so sehr leiden selbst neue GPUs unter diesem Feature: im „Ultra“ Setting inklusive TressFX geht die Framerate schneller in die Knie als der Papst beim Gebet und sorgt vor allem auf GeForce Karten für noch mehr Fehler als ohnehin: erhöhen wir die optische Qualität auf nVidia Karten bis zum Maximum, quält uns das Spiel mit reproduzierbaren Abstürzen und Grafikfehlern. Entsprechende Patches sind seit Release zwar bereits erschienen, die Fehler jedoch noch nicht auf allen Karten ausgemerzt.




Sound
Ein orchestraler Soundtrack bietet die Grundlage für die akustische Untermalung dieses Action-Adventures. Mal laut und brachial, dann wieder sanft und ruhig wechselt der Score durch sämtliche Facetten und unterstützt die Bildsprache stets passend, um sich in den entscheidenden Momenten auch dezent zurückzuhalten oder gänzlich auszusetzen um nur die Bilder und die restliche Soundkulisse für sich sprechen zu lassen. Letztere punktet durch eine beeindruckende Direktionalität auf sämtlichen Kanälen und weiss mit pfeifenden Winden, Vogelgezwitscher, rauschenden Wasserfällen und Flüssen sowie dem obligaten Kugelhagel auf ganzer Linie zu gefallen. Wer über einen Subwoofer oder ordentliche Kopfhörer verfügt, der kommt sogar in den Genuss druckvoller Explosionen, an denen man auch die Nachbarn teilhaben lassen kann.
Als besonderes Sahnehäubchen entpuppten sich im Test allerdings die zahlreichen Gespräche, die nicht nur durch die Bank weg hervorragend vertont wurden (auch in der wirklich guten deutschen Synchro), sondern mit ihrem glasklaren Klang selbst audiophile Zocker erfreuen.


Fazit
Neuauflage gelungen. Mit diesem kurzen Statement könnte man das neue “Tomb Raider“ zusammenfassen. Doch eigentlich bietet Laras neuestes – oder in diesem Falle erstes – Abenteuer viel mehr. Eine filmreife Inszenierung beispielsweise, die immer wieder für nervenzerfetzende Momente sorgt. Oder die wirklich spassigen, wenn auch nur selten fordernden, Sprung- und Klettereinlagen, welche die Serie in der Vergangenheit bereits entscheidend geprägt haben. Fans der ersten Stunde werden dabei sicherlich bemängeln, dass dieser Reboot zu actionlastig ist und wichtige Elemente wie beispielsweise die Tauchgänge vernachlässigt wurden – und mit beiden Punkten haben sie durchaus recht! Gerade nach der Hälfte der rund 16 Stunden Spielzeit erleidet das Abenteuer einen leichten Hänger. Storytechnisch geht es nur zaghaft voran und die meiste Zeit über ballern wir wild um uns. Doch es ist Meckerei auf hohem Niveau und aufgrund der grundsätzlich hohen Qualität kann man über solche Unzulänglichkeiten wie die repetitiven Schiesspassagen hinwegsehen. Denn gerade als dem Spiel endgültig die Luft auszugehen droht, kriegt Lara nochmals die Kurve und sämtliche Schrauben ziehen nochmals kräftig an. Mit neuem Schwung in der Geschichte machen wir uns an fantastische Kletterpassagen und intelligent designte Rätseleinlagen, bevor wir auf ein fulminantes Finale zusteuern.
Crystal Dynamics macht mit “Tomb Raider“ eigentlich verdammt viel richtig und kann uns fast während der kompletten Spielzeit blendend unterhalten. Daran ändert auch der eine oder andere Schönheitsfehler nichts, oder die Tatsache dass das Spiel nur selten wirklich fordernd ist und sich der Wiederspielwert in Grenzen hält. Denn die wichtigste Frage stellt sich erst zum Schluss: wann kommt Teil 2?!


Pro
- Filmreife Inszenierung
- Wuchtiger Sound auf allen Kanälen
- Hervorragende Synchro, sogar auf deutsch
- Spieldauer von rund 16 Stunden
- Flotte Steuerung ohne Kameraprobleme
- Grafisch toll umgesetzt
- Lara beim klettern und kraxeln zusehen macht Spass..

Contra
- ..wirkt mit der Zeit aber ermüdend..
- ..genau so wie die Schiessereien
- Versteckte Items und Erfahrungspunkte nur bedingt lohnenswert
- viele der erlernbaren Skills sind eher sinnlos


Grafik: 87%
Sound: 90%
Steuerung: 88%
Multiplayer: keine Wertung, da nicht getestet
Gesamtwertung: 83%


Hardwareanforderungen
Hohe Details, mit 1920x1080p:
Grafikkarte: Nvidia Geforce GTS 450 oder AMD Radeon HD 5750
Prozessor: Intel Core 2 Duo E4300 oder AMD Athlon X2 4400+
Arbeitsspeicher 2,0 GByte

Ultra Details, mit 1920x1080p und aktivierter Kantenglättung FXAA, ohne TressFX:
Grafikkarte: Nvidia Geforce GTX 560 Ti oder AMD Radeon HD 6870
Prozessor: Intel Core 2 Duo E6600 oder AMD Athlon X2 6000+
Arbeitsspeicher: 2,0 GByte

Ultra Details, mit 1920x1080p, 2x SSAA Kantenglättung und TressFX:
Grafikkarte: Nvidia Geforce GTX 670 oder AMD Radeon HD 7950
Prozessor: Intel Core i5 2400 oder AMD Phenom II X4 920
Arbeitsspeicher: 4,0 GByte


Testsystem:
(Ultra Details, 1920x1080p, FXAA, kein TressFX)
Grafikkarte: Geforece GTX 660 OC
Prozessor: Intel Core i5 3550
Arbeitsspeicher: 8,0 GByte



Donnerstag, 14. März 2013
Spieletest "Far Cry 3" (PC)


Manch einer erinnert sich vielleicht noch an Far Cry. Nein, nicht Uwe Bolls unerträglich schlechten Actionfilm mit Till Schweiger in der Hauptrolle – sondern das erste Crytek Spiel mit der eigens entwickelten Crytech-Engine, aus dem Jahre 2004. Far Cry war zwar bei weitem nicht der erste Open-World Shooter dieser Art, half allerdings entscheidend mit, dieses Untergenre zu formen und zu gestalten: eine frei erkundbare Welt mit massig Waffen und einer Vielzahl an Möglichkeiten, diese einzusetzen, garniert mit einer damals bombastischen Grafik. Würde man genau dieses Spiel erneut auflegen, wäre es wohl noch immer sehr gut – aber durch die Entwicklung im Shooterbereich sind sich die Spieler mittlerweile anderes gewohnt und würden vielen Punkten des ersten Far Cry nur mit einem müden Lächeln begegnen.
4 Jahre später wurde die Fangemeinde endlich mit einem Nachfolger gefüttert: Far Cry 2 erschien, erstmals jedoch von Ubisoft Montreal entwickelt, nicht mehr bei Crytek in Deutschland. Rein technisch war dies kein Bruch, da die neue „Dunia Engine“ nicht nur dynamische Tag- und Nachtwechsel, sondern auch eine hohe Weitsicht und eine enorm detaillierte Landschaft auf den Bildschirm zaubern konnte. Nur leider vergass Ubisoft bei all dem technischen Schickschnack das entscheidende: das Gameplay. Respawnende Gegner und unerträglich langatmige Fahrten quer durch die afrikanische Insel machten dem Spielspass einen fetten Strich durch die Rechnung und liessen alles noch repetitiver erscheinen als es ohnehin schon war.
Dementsprechend waren die Fans auch enttäuscht und beobachteten die Ankündigung eines dritten Teils mit sehr skeptischen Augen. Erste Trailer und Ingame-Szenen sahen zwar vielversprechend aus, doch das war bereits beim Vorgänger der Fall. Man musste bis zuletzt darauf hoffen, dass es Ubisoft diesmal schafft, die Storymissionen spannend und abwechslungsreich zu gestalten und trotz eines grossen Spielgebietes Leerläufe möglichst zu vermeiden. Doch was uns allen am 29. November 2012 in den Regalen der Händler anlächelte, spottete jeglicher Beschreibung! Far Cry 3 war ein Brett wie aus dem Bilderbuch. „Shooter des Jahres“, „Actionspiel des Jahres“, „Spiel des Jahres“ und vieles anderes wurde es genannt – und fast alles davon trifft zu. Doch für all jene die es noch immer nicht gespielt haben und denen die Faszination bislang entgangen ist – was genau zeichnet denn Far Cry 3 wirklich aus?


Story
Jason Brody wollte eigentlich nur mit seinen Freunden auf einer Südseeinsel seinen Partyurlaub verbringen. Trinken, feiern, tanzen und mit dem Fallschirm aus Flugzeugen springen. Das volle Leben in all seinen Zügen geniessen… doch was wir als Zuschauer im Introvideo sehen, sind nur Aufzeichnungen des erlebten, abgespielt von einem Smartphone, in den Händen eines uns bis anhin unbekannten Mannes. Sein Name: Vaas Montenegro. Seine Rolle in diesem Schauspiel: Entführung verwöhnter Sunnyboys, um diese wiederum an Sklavenhändler oder per Lösegeld zurück an ihre Eltern zu verkaufen. Und so hält uns dieser Wahnsinnige zusammen mit unserem Bruder Grant in einem Käfig, bis sich die Gelegenheit zur Flucht bietet: kurzum überwältigt der kampferprobte Soldat Grant einen der Wächter und verhilft uns, aus diesem Gefängnis zu entkommen. Wir schleichen uns an Wachen und bissigen Hunden vorbei, wohnen mit eigenen Augen der Hinrichtung einheimischer bei und schaffen es grade so aus der Hüttensiedlung raus – als ein Schuss erklingt und Gran neben uns blutüberströmt zu Boden geht. Ein Blick über die Schulter zeigt uns Vaas, wie er fluchend und wild gestikulierend seiner Wut freien lauf lässt, uns verhöhnt und uns danach sogar mit den Worten „Run, Forrest, Run!“ laufen lässt – ehe uns seine Männer mitsamt Hubschrauber quer durch den Dschungel verfolgen, dabei eine Hängebrücke zum Einsturz bringen und wir von einem tosenden Fluss weggespült werden. Wow.
Wie man vermuten könnte, ist dieser Einstieg natürlich komplett gescriptet. Das macht aber insofern nichts, da er uns die ganze Zeit über am Rand unseres Stuhls sitzen lässt, uns fesselt und uns bei der waghalsigen Flucht sogar Schweissausbrüche beschert. Nach diesem filmreif inszenierten Intro treffen wir auf Denis, einen Eingeborenen der Rakyat, der uns gerade den linken Unterarm mit einem seltsamen Tatau verschönert, während er Jason von seiner Bestimmung als Krieger erzählt. Wir und ein Rambo-Verschnitt? Na das wird sich zeigen. Er drückt uns ein paar Scheine in die Hand und schickt uns in den örtlichen Waffenladen, wo wir eine 9mm erstehen und uns damit auf zu einem Funkturm machen – dem ersten von unzähligen, die quer über die ganze Insel verstreut sind. Erklimmen wir diese, entblösst sich ein weiterer Teil der Übersichtskarte für uns und wir schalten neue Schiesseisen frei, die wir im Laden erstehen können. Diese benötigen wir auch dringend, wenn wir unser eigentliches Ziel verfolgen und unsere Freunde aus der Gefangenschaft von Vaas retten wollen. Ach und nebenbei sollen wir auch noch dessen Piratenpack um die Ecke bringen um den Rakyat zu helfen. Kinderspiel!

-> Englischer Trailer bei Youtube

Far Cry 3 erzählt keine oscarreife Story, weiss diese aber umso besser zu inszenieren. Die wichtigen Protagonisten sind durch die Bank weg grossartig vertont und noch besser animiert (zu beidem später mehr), glänzen aber vor allem durch ihren wirklich eigenen Charakter. Vor allem Vaas ist unschwer als geisteskranker Psychopath auszumachen, während uns der verwirrt wirkende Dr. Steinberg schnell ans Herz wächst und andere uns trotz ihrer oberflächlichen Boshaftigkeit zum lachen bringen und sogar überraschen können. Hier greift die Charaktertiefe sogar noch weiter als in manchen Filmen, auch wenn fast keine der Personen eine wirkliche Wandlung durchmacht. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass manch einer nach einer gewissen Zeit sang- und klanglos von der Bildfläche verschwindet und nicht mehr auftaucht. Hier wurde leider ein wenig Potential verschenkt und diese Punkte hätten Far Cry 3 noch mehr herausstechen lassen – doch auch so bleibt uns das Spiel und seine Charaktere besser in Erinnerung als in den meisten anderen Shootern.


Gameplay
Auch Ubisofts dritter Teil der Reihe ist in ein Open-World Shooter wie er im Buche steht und macht daraus keinen Hehl. Eine Menge Waffen, eine offene und frei begehbare Spielwelt, massig Gegner und diverse Möglichkeiten sich diesen zu entledigen. Doch boten bereits die Vorgänger auf dem Papier das selbe. Was also unterscheidet Far Cry 3 so gross von den anderen?
Zum einen wäre da der rote Faden. Wer will, darf sich von Beginn weg daran heften, den markierten Punkten auf der Karte folgen und nie abseits der Wege gehen – und kommt dennoch in den Genuss eines vollwertigen Spiels. Das liegt in erster Linie an den wundervoll inszenierten Storymissionen, die uns unter anderem durch brennende Gebäude oder sinkende Schiffe jagen lassen, während bei jedem falschen Tritt der Tod auf uns lauern könnte. Ausserdem spielen die bereits erwähnten Charaktere hierbei eine grosse Rolle und sorgen für ein gelungenes Rundherum abseits der heftigen Schiessereien.
Mit für den Spielspass verantwortlich sind – wie bei jedem Shooter üblich – natürlich auch die diversen Kaliber. Von handlichen Pistolen über Maschinenpistolen und –gewehren bis hin zu Granat- und Raketenwerfern ist alles dabei, was das Kriegerherz begehrt, wobei auch Granaten, Molotovscocktails und diverse Minen nicht fehlen dürfen. Mit einem solchen Arsenal ist es gänzlich uns überlassen, wie wir einen Kommandoposten der Piraten infiltrieren wollen. Beispielsweise schultern wir unsere AK-47, rennen geradewegs durch’s offene Tor hinein ins Getümmel, werfen zur Ablenkung 1-2 Granaten, schiessen wild um uns, hechten in Deckung um nachzuladen, nehmen einen erneuten Anlauf und binnen weniger Minuten liegt die versammelte Mannschaft reglos am Boden. Soweit so gut, wenn wir uns zum Rambo-Verschnitt mausern wollen. Es geht aber auch anders… Mit Hilfe eines geschützbesetzten Bootes oder Fahrzeugs, können wir unsere Ziele auch aus einem gewissen Abstand ins Visier nehmen und bolzen kurzerhand mit roher Gewalt alles nieder. Auch das ist sowohl erfolgs- wie auch spassversprechend. Doch letztendlich sind die subtilen Methoden auch die interessantesten.
Statten wir uns mit einem (schallgedämpften) Scharfschützengewehr oder mit Pfeil und Bogen aus, nehmen wir die Gegner nicht nur leise sondern auch aus der Entfernung aufs Korn. So erregen wir kaum Aufmerksamkeit und ernten dadurch mehr Erfahrungspunkte – auch deshalb, weil wir keinen Alarm auslösen und somit keine Verstärkung herbeigerufen wird (die übrigens meist mindestens nochmals genau so stark ist, wie die bereits vorhandene Gegnermasse).
Wir können uns – entsprechende Fähigkeiten vorausgesetzt – aber auch in die Basis hineinschleichen und die Gegner einen nach dem anderen von hinten mit dem Messer meucheln. Haben wir uns darauf spezialisiert, sind dabei sogar aneinandergehängte Morde übrig, in denen wir mehrere Widersacher nacheinander binnen Sekunden niederstrecken. Als besonders gemein empfand ich die Möglichkeit, einem ermordeten Gegner den Sicherungsstift der eigenen Granate zu entfernen und diesen dann mitsamt explosivem Geschenk zurück in die Meute zu werfen. “Bulletstorm“ lässt grüssen.
Wenn wir wollen können wir natürlich auch die halbe Basis mit Minen und C4 zukleistern und danach in aller Ruhe zusehen wie alles in die Luft fliegt, während unser Erfahrungsbalken in die Höhe schnellt.

Apropos Erfahrungspunkte: wie nicht anders zu erwarten, dürfen wir diese in diverse Fähigkeiten investieren. So können wir nicht nur genauer zielen oder schneller rennen, sondern auch mehrere Kills aneinanderreihen (siehe oben), schneller nachladen oder länger tauchen. Aufgeteilt in drei verschiedene Skillbäume bleibt es uns überlassen, welche Fähigkeiten wir trainieren und nutzen möchten und welche wir links liegen lassen. Allerdings ist es durchaus möglich, alle aufgeführten Skills zu erlernen – sofern man sich genügend mit der Insel und deren verschiedenen Beschäftigungsmöglichkeiten auseinandersetzt.

So erntet man nicht nur durchs Töten Erfahrung, sondern auch indem man kleine Rennen auf Quad-Bikes von A nach B absolviert, oder sich in Challenges wie Messerwerfen versucht, oder in einer festgelegten Zeit mit vorgegebenen Waffen so viele Gegner wie möglich erledigt. Die meisten dieser Minispielchen macht man aber 1-2 mal und ist danach für den Rest der Spielzeit bedient. Zu uninspiriert, zu langweilig und zu aufgesetzt wirken die meisten auf uns. Das trifft leider auch auf das Crafting zu: begegnen wir auf unseren Streifzügen durch die Pampa einem Tier (Ochse, Wildschwein, Alligator, Hai, Strauss, Ziegen, usw. – die örtliche Fauna bietet allerhand), dürfen wir dieses jagen, erlegen und häuten. Aus den gewonnen Fellen wiederum basteln wir uns jede Menge Utensilien. Angefangen bei Brieftaschen über Munitionsgürtel oder Waffenholstern benötigen wir immer seltenere Materialien für unser Objekt der Begierde. Das artet teilweise in langem Warten aus, bis man das gesuchte Tier endlich vor den Lauf kriegt – und meistens benötigen wir mehrere Felle pro Gegenstand. Natürlich ist dieses ganze Jagen und Basteln freiwillig; aber wenn wir dies nicht tun, machen wir uns das virtuelle Leben nur umso schwerer. Nur mit einer grösseren Brieftasche können wir mehr Geld mit uns herumtragen, welches wir brauchen um Munition oder Waffen zu kaufen. Tragen können wir diese jedoch nur dann, wenn unser Waffengurt auch die nötige Kapazität besitzt. Selbiges gilt für Granaten, Munition und Medizinspritzen – wir können nur so viel mit uns herumtragen, wie unser Equipment zulässt. Somit ist man vor allem zu Anfang sehr oft am jagen, häuten, basteln, neue Waffe kaufen und das ganze nochmals von vorne. Später rückt das Ganze ein wenig in den Hintergrund, wenn wir über genügend Kapazität verfügen. Dann sammeln wir nur noch in unregelmässigen Abständen das nötige Grünzeug um unsere Medizin herzustellen – denn nicht wie in anderen Spielen kann sich Jason nur in begrenztem Masse selbst regenerieren, den Rest erledigen die Spritzen, welche die Medikits aus früheren Shootern ersetzen.

Wenn wir keine Lust auf Schiessen oder Jagen haben, dürfen wir natürlich auch die Insel frei erkunden wie es uns beliebt. Kurzerhand schnappen wir uns Jeep, Boot oder Hängegleiter und bugsieren uns damit quer durch die Landschaft – oder darüber hinweg. Abseits der Wege finden sich immer wieder Höhlen und verlassene Hütten, in denen sich jedoch selten mehr findet als ein paar Kisten mit unnützem Kram, den wir in einem der Shops wieder gegen Geld verkaufen. Auf der ganzen Insel verstreut sind auch kleine Relikte aus Stein versteckt – gut 120 Stück insgesamt. Sammeln wir diese, erhalten wir nicht nur zusätzliche Erfahrungspunkte, sondern zum Schluss auch eine kleine Belohnung. Selbiges gilt für verlorene Briefe, welche wir bei verrotteten Leichen finden.
Unser Erkundungsdrang wird also nicht so stark belohnt, wie es beispielsweise in Rollenspielen üblich ist – dafür dürfen wir unseren Blick immer wieder über die wunderhübsch gestaltete Insel gleiten lassen…


Grafik
Konnte die „Dunia Engine“ bereits im Vorgänger ihre Muskeln spielen lassen, so hat man sie zwischenzeitlich erneut ins Fitnesscenter geschickt. Knackscharfe Texturen, sehr detaillierte Waffen- und Charaktermodelle, stimmige Beleuchtung und unzählige Umgebungsdetails erfreuen unsere Augen. Einzelne Gräser und Äste wiegen sich im Wind und explosive Fässer zerbersten in diverse Einzelteile. Dabei macht das Spiel mit dem Feuer besonders viel Spass: hohes Gras und/oder Strohhütten lassen sich erst per Molotovcocktail oder Flammenwerfer entzünden, danach sieht man seelenruhig zu wie sich das Feuer ausbreitet und im besten Falle sogar umliegende Häuser oder Autos erfasst. Letztere werden dabei je nach Grösse der Explosion auch gerne mal in die Luft geschleudert und landen danach in diversen Kleinteilen wieder am Boden – allfällige Insassen inklusive. Besonders nachts sorgen solche Effekte für noch leuchtendere Augen, wenn die Umgebung durch Explosionen und Feuer erhellt und in ein höllisches Licht getaucht wird. Ja, Far Cry 3 sorgt für so manches Spektakel – und das nicht zu knapp. Grade in Storysequenzen stechen uns die hervorragend modellierten Charaktere ins Auge, welche bis ins kleinste Detail ausgearbeitet wurden. Bartstoppeln, Haarsträhnen, Wimpern oder Hautporen – alles erinnert an eine gut portierte Blu-Ray und zeigt eindrücklich, dass ein starker PC den aktuellen Konsolen um ein gutes Stück überlegen ist.
Das Ganze hat natürlich seinen Preis: wer Far Cry 3 in voller Pracht geniessen möchte, der braucht ordentlich Power. Während die CPU nur halb so wichtig ist und sich das Spiel bereits mit einem durchschnittlichen Dualcore-Prozessor zufrieden gibt, so sind Ram und Grafikkarte umso ausschlaggebender. 4GB Hauptspeicher reichen zwar für das Nötigste, ab 8GB wird es dann jedoch erst richtig flüssig. Bei den Grafikkarten sollte es schon mindestens eine Geforce GTX 560 oder Radeon HD 5850 sein, sofern man Full-HD inklusive anständiger Detailfülle möchte.
Glücklicherweise verfügt das Spiel über genügend Optionen um die Engine auch an schwächere Rechner anzupassen, bei veralteter Hardware braucht man jedoch trotzdem keine Wunder zu erwarten.


Sound
Das Klangbild von Far Cry 3 ist zwar wirklich gut, allerdings nicht derart bombastisch wie beim Kollege von “Battlefield 3* oder auch “Crysis 3“. Grade bei den Schusswechseln rummst und knallt es an jeder Ecke, Kugeln fliegen uns aus allen Richtungen um die Ohren und Gegner schreien hinter ihrer Deckung hervor. Was allerdings fehlt ist stets der nötige Druck. Abgesehen von den Explosionen ist kaum etwas markerschütternd, sondern lediglich solide. Die Sprachausgabe allerdings, ist in höchsten Tönen zu loben. Die englischen Sprecher erledigen ihren Job durch die Bank weg hervorragend und verleihen ihren Charakteren auf diese Weise einiges an Persönlichkeit, wobei hier vor allem Vaas und Buck hervorstechen. Die deutsche Version ist ebenfalls nicht schlecht und verglichen mit anderen Spielen sogar überdurchschnittlich gut gelungen, lässt allerdings die wahnsinnige Genialität der Hauptpersonen und somit einiges an Charme vermissen.
Musikalisch untermalt wird das Geschehen grundsätzlich nur dann, wenn wir im Auto unterwegs sind. Dann düdelt das Radio vor sich hin, bis wir wieder aussteigen. Ansonsten setzt die Musik nur in einzelnen Situationen ein; sei dies um ein Feuergefecht zu unterstützen oder einen dramatischen Moment gezielt zu untermauern. Somit glänzt Far Cry 3 hier mehr durch Subtilität als mit einem möglichst auf pompösen Bombast getrimmten Soundtrack wie ihn beispielsweise die "Call of Duty“ Titel bieten.


Fazit
Wenn ein Open-World Spiel selbst einen Fan von Schlauchlevels überzeugen kann, dann macht es definitiv etwas richtig. Bei anderen weitläufigen Titeln wie “Skyrim“ oder dem ersten “Crysis“ habe ich mich bereits nach wenigen Spielstunden gelangweilt. Nun zeigt mir Far Cry 3, was mir dabei gefehlt hat: der rote Faden, der mich trotz der grossen Spielwelt an die Hand nimmt und sicher durch die Welt und über jegliche Zebrastreifen geleitet. Zwar bin ich hunderte von Toden gestorben, aber dank der fairen Rücksetzpunkte hab ich immer und immer wieder einen neuen Versuch gestartet, bis ich jene Stelle endlich geschafft hatte. Und das nicht etwa weil ich noch nicht das richtige Level erreicht hatte und die Gegner deshalb zu stark für mich waren, sondern vielleicht einfach nur, weil ich die falsche Taktik angewandt habe, nicht schnell genug war oder mich einfach nur ungeschickt angestellt hab. Immerhin verhalten sich die Gegner auch gerne mal überraschend clever, indem sie Deckung suchen, nach Verstärkung rufen (das Heulen der Sirene verheisst nie etwas gutes) oder den Spieler auch mal zu umzingeln versuchen. Dass die Verstärkung dabei nicht immer aus der selben Richtung anrückt, macht die Sache nicht zwingend einfacher.
Dank der wirklich guten Storymissionen kam also nie Langeweile auf, unter anderem da ich immer wissen wollte, auf welchen verrückten Charakter ich als nächstes treffen oder in welcher Lebensgefährlichen Situation ich mich in wenigen Minuten finden werde. Mit sonderlich interessanten Wendungen oder Überraschungen kann die eigentliche Story zwar nicht aufwarten, aber sie hält genügend stand um nicht komplett in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Leider hat es Ubisoft verpasst, uns vor schwerwiegende und spielprägende Entscheidungen zu stellen. Kaum eine unserer Handlungen hat spürbare Konsequenzen – abgesehen von den Skills welche unseren Spielfluss beeinflussen.
Das wichtigste haben die Frankokanadier jedoch hingekriegt: sie geben uns eine riesige, wunderschön gestaltete Insel als Spielplatz, gefüllt mit allerhand Flora und Fauna sowie massenhaft bösen Jungs die wir auf jede erdenkliche Art und Weise umbringen können. Wenn uns hier langweilig wird, dann liegt das nur an uns selber – oder daran, dass wir mit dem Spielsystem und den Storymissionen nicht warm werden. Das Crafting hätte man zwar anders einbinden können damit es nicht derart aufgezwungen wirkt, letzten Endes dient es jedoch einem klaren Zweck und der Aufwand bleibt somit verschmerzbar.
Rein Technisch zieht die Inselwelt alle Register und besticht mit einer augenschmeichelnden Grafik und geschmeidigen Animationen, deren Inszenierung oftmals gar an einen Film erinnert. Optisch muss es sich lediglich von “Crysis 3“ geschlagen geben, während es spielerisch eindrucksvoll beweist, wie man einen Open-World Shooter gestalten muss.


Pro
- Oftmals grandios inszenierte Storymissionen
- eine frei erkundbare und sehr lebendige Spielwelt
- Jede menge Waffen
- Ordentliche K.I.
- Charaktere sowie (englische) Synchronisation sind absolut hervorragend
- kaum Leerläufe
- Wunderschön-detaillierte Grafik
- Spieldauer von mind. 15-20 Stunden

Contra
- Crafting-System wirkt aufgesetzt
- Hardwarehunger


Grafik: 92%
Sound: 83%
Steuerung: 89%
Multiplayer: keine Wertung, da nicht getestet
Gesamtwertung: 89%


Hardwareanforderungen
Mittlere Details unter DirectX 9, mit 1920x1080p:
Grafikkarte: Geforce GTX 260 oder Radeon HD 4850
Prozessor: Intel Core 2 Duo E7400 oder AMD Athlon X2/6.000+
Arbeitsspeicher: 2,0 GByte
Festplatte: 9,5 GByte

Maximale Details unter DirectX 11, mit 1920x1080p und aktivierter Kantenglättung:
Grafikkarte: Geforce GTX 570 oder Radeon HD 7850
Prozessor: Intel Core i5 2400 oder AMD Phenom II X4 920
Arbeitsspeicher: 4,0 GByte
Festplatte: 9,5 GByte


Testsystem:
(max. Details, 1920x1080p, 2-fache Kantenglättung)
Grafikkarte: Geforece GTX 660 OC
Prozessor: Intel Core i5 3550
Arbeitsspeicher: 8,0 GByte



Donnerstag, 8. Dezember 2011
Battlefuuuuuu 3 - eine Kolumne
Man kennt das. Man wartet lange auf ein Spiel, da man schon die Vorgänger sehr mochte - und als es endlich erscheint, gibt es unzählige Punkte die grundsätzlich den totalen Zorn darstellen und einem den Spass daran so richtig vermiesen können. Aber fangen wir einfach mal von vorne an..

Wer Battlefuuuu 3 (oder Battlefield 3, wie es eigentlich heisst) im Laden oder per Download ersteht, braucht zuerst einmal ein Konto bei der hauseigenen Downloadplattform von Electronic Arts. Diese nennt sich "Origin" und soll mit dem Grosserfolg "Steam" konkurrieren. Doch was macht eine solche Plattform aus?
- Günstige Spieletitel, die im Laden aufgrund von Verpackung etc. weitaus mehr kosten
- Haufenweise Spiele kleiner Entwickler, die ansonsten keine Möglichkeit hätten ihr Spiel zu vermarkten
- eine einfache Möglichkeit, seine Spiele auf dem neuesten Stand zu halten
- Eine Freundesliste dank der man stets in jedes beliebige Spiel eines Kumpels einsteigen kann
- im besten Falle (so wie bei Steam) einen Sevrerbrowser der direkt in die Plattform installiert ist, und dank dem man die Sevrer problemlos on-the-fly wechseln kann wie es einem beliebt.

So. Das hat "Origin" eigentlich alles nicht. Es gibt mit ausnahme einiger Browserspiele bislang nur EA-Titel und diese sind nur marginal günstiger als im Laden, die Freundesliste ist komplett sinnlos, da man über die in keine Spiele einsteigen kann und einen Serverbrowser sucht man bislang ebenfalls vergebens. Grundsätzlich dient "Origin" also bis auf weiteres bloss als Downloadplattform für EA-eigene Titel sowie Patches zu den installierten Spielen. Eine Konkurrenz zu "Steam" sieht für mich jedenfalls anders aus.

Manch einer kommt aber erst gar nicht dazu, diese tollen nicht-enthaltenen Features von "Origin" zu geniessen, da ihn bereits die AGB derart abschreckt, dass er seinen Rechner wohl gleich an EA schicken könnte, was wohl den selben Effekt hätte. Glücklicherweise wurden diese dubiosen AGBs mittlerweile angepasst, da ein junger deutscher Anwalt Einspruch eingelegt und EA angeprangert hatte. So stand unter anderem in der Vereinbarung, dass EA das Recht hat, die Festplatte(n) des Users komplett zu scannen um so z.B. illegal erworbene oder gecrackte Titel aufzuspüren, was mit einer Sperrung des Benutzerkontos verbunden wäre. Oder aber, EA dürfe wahllos Nutzerdaten sammeln und ggf für eigene Zwecke verwenden, beispielsweise um gezielter zu werben.
Dies sind nur zwei der Textstellen, die glücklicherweise wieder gestrichen wurden und die "Origin" nun zu nichts schlimmerem mehr machen als "Steam" bereits ist.
Grundsätzlich teilen sich beide Varianten sowieso das selbe Problem: jedes gekaufte Spiel ist an den eigenen Account gebunden und kann somit nicht einfach weiterverkauft werden. Ob man sich damit anfreunden kann, bleibt also letztendlich jedem selbst überlassen.


Kommen wir aber zum Spiel selbst: Battlefield 2 war ein Klassiker auf so manchen LAN-Parties und auch die beiden Bad Company-Ableger (Teil 1 jedoch nur auf Xbox 360) erfreuten sich grosser Beliebtheit. Neu war beispielsweise die hohe Zerstörungskraft von Panzern, Granaten und Raketen, die schon mal ganze Häuser in Schutt und Asche legen konnten. In BF3 wurde das ganze erneut ausgebaut - auch wenn sich der Fortschritt in Grenzen hält. Beworben wurde die neue "Frostbite 2 Engine" mit noch grösserer und realistischerer Zerstörung, was allerdings nur teilweise zutrifft. Zwar sehen Trümmerteile zerstörter Bauwerke besser aus als zuvor, allerdings hat jedes Haus nach wie vor seine Sollbruchstellen und knickt nicht einfach genau dort ein, wo man eben seine Rakete hingepfeffert hat. Es werden immer genau die Selben Löcher in Hauswände gerissen, egal aus welchem Winkel und mit welcher Waffe. Dem Spass tut dies keinen Abbruch, aber es wird den Vorschusslorbeeren bei weitem nicht gerecht.

Ein weiteres Manko an BF3: die Maps sind teilweise viel zu gross. Natürlich ist es um Längen realistischer, wenn man mit seinem Panzer ein wenig Raum und Platz hat zum manövrieren - aber es kommt einfach zu oft vor, dass man irgendwo spawnt und dann beinahe minutenlang durch die Pampa rennen muss, bis man mal bei der Action eintrifft. Dies ist zugegeben jedoch nicht immer Schuld der Entwickler, denn zu oft gibt es einfach auch dumme Spieler, die ihren Panzer/Humvee/Helikopter einfach mal alleine davonkutschieren, ohne auf weitere Passagiere zu warten, die dann eben auf sich gestellt sind... FFFUUUUU!

Und apropos Spawnpunkte - die Entwickler haben es noch immer nicht geschafft, die Spawnpunkte einigermassen intelligent zu setzen. Nehmen wir mal an, bei Flagge A (die noch dem eigenen Team gehört) hat sich ein Gegner verschanzt. Da man das natürlich nicht weiss, steigt man eben bei Flagge A ins Spiel ein um von dort aus weiter zum nächsten Punkt zu stürmen. Ha! Weit gefehlt! Kaum setzt man einen Fuss auf die Spielwelt hört man einen Schuss und man liegt erneut verblutend im Dreck. Es muss ja ungemein schwierig sein, die Spawnpunkte so zu verteilen, dass man vielleicht ein paar Meter vom Gegner weg spawnt anstatt direkt vor seinem Gesicht. Bravo DICE und ein grosses FFFUUUUU nach Schweden!

Besonders schön war das Spielerlebnis ja als Farbenblinder. Während es bei Bad Company 2 einen separat aktivierbaren Farbenblindenmodus gab, der den Teammitgliedern sowie den Gegnern komplett andere Symbole über ihren Köpfen gab; hat man dieses Feature in BF3 schmerzlich vermisst. Somit war für viele - mich eingeschlossen - die Kennzeichnung beider Teams einfach hellgrün. Laut anderen sei es eigentlich gelb und grün, aber für einen farbenblinden war beides schlicht hellgrün und somit absolut unmöglich zu unterscheiden. Das ist dann auch besonders amüsant, wenn man an einem Gegner vorbeirennt und denkt, es handelt sich hierbei um einen Kollegen.. bis dieser einem eine Ladung Schrot in den Rücken ballert. Schönen Dank auch DICE und erneut ein riesiges FFFUUUUUU an eure Adresse! Immerhin wurde dieses Manko durch den neuen Patch behoben und auch farbenblinde können sich nun auf das Spielgeschehen konzentrieren.

Sich darauf zu konzentrieren wär ja grundsätzlich auch kein Problem, wenn es denn einfach funktionieren würde. Hier mal eine kleine Auflistung der Punkte die abgehakt werden müssen, bevor man einen Fuss auf das virtuelle Schlachtfeld setzt - für all jene, die mit der Materie BF3 nicht vertraut sind:
1. Den Browser seiner Wahl starten
2. ins Battlelog einloggen (so eine Art Facebook für BF3, mit integrierter Freundesliste, Serverbrowser, Statistiken, usw.)
3. Origin manuell starten (optional, da dieses beim betreten eines Servers sowieso geladen wird)
4. im Battlelog-Serverbrowser den Server seiner Wahl suchen
5. Dem Spiel beitreten und hoffen, dass es auch funktioniert.

Denn hier kommen wir zu einem erneuten Problem: die Fehlermeldungen des Battlelogs sind nicht immer.. sagen wir.. aussagekräftig. Es kommt gerne mal vor, dass dort einfach steht "Could not join hame (.)" oder auch "You were disconnected from the server", wie auch "You've been disconnected from EA Online". Wieso, erschliesst sich einem in den meisten Fällen nicht, da es bei einem zweiten Versuch in der Regel funktioniert.
Nehmen wir an, es klappt und das Spiel fängt an zu laden. Dann kann es auch schon mal vorkommen, dass man sich nach 1-2 Minuten wundert, wieso man noch immer nicht den Bildschirm vom Spiel sieht. Beim Blick in die Taskleiste merkt man dann, dass sich das Spiel beim Laden aufgehängt hat - also nochmals von vorne. Hat man es dann tatsächlich geschafft und man betritt den Server, kommt es möglicherweise vor, dass einem der Server nicht passt. Entweder ist die Performance schlecht, die Teams sind unausgeglichen, oder die Anzahl der Spawntickets ist so hoch, dass man locker einen ganzen Tag auf der Map verbringen könnte... in jedem anderen Spiel könnte man in diesem Fall problemlos einfach so den Server wechseln. Zum Beispiel indem man "Steam" aufruft und sich einen neuen aussucht. Aber geht das auch bei BF3 und "Origin"? Ha! Träumt weiter! Das wären schliesslich intelligente Ideen und solche umzusetzen sieht sich EA wohl nicht imstande. Nönö. Stattdessen muss erstmal das Spiel beendet werden, dann wechselt man zurück ins Battlelog und wählt sich dort einen neuen Server aus - und das Glücksspiel beginnt von vorne.
Das Battlelog hat durchaus seine Vorteile! Der Serverbrowser ist übersichtlich und verfügt über einen Filter, in dem sich alles mögliche einstellen lässt. Zudem kann man seine eigene Freundesliste führen und über diese stets in ein Spiel seiner Freunde einsteigen - sofern der Server noch Platz bietet. Aber ganz ehrlich, beim Stichwort Funktionalität? .. FFFUUUUUU!

Des weiteren hat der neueste Patch auch wieder seine eigenen Bugs mit sich gebracht: bei einigen Spielern funktioniert beispielsweise der zuvor reibungslos vorangegangene Mapwechsel nicht mehr. Stattdessen sitzt man vor einem schwarzen Bildschirm in dessen Ecke ein kleines "loading" steht, aber mehr passiert selbst nach 5 Minuten nicht mehr. Da hilft nur noch, den Prozess per Taskmanager zu beenden und den Server erneut zu betreten. Auch hier wieder: so was darf schlichtweg nicht passieren und man fragt sich, ob bei DICE eigentlich nur komplett unfähige Vollidioten sitzen...


BF3 kann durchaus eine Menge Spass machen. Es sieht nett aus und das selbst auf älteren Rechnern, die Schlachten werden mit bis zu 64 Spielern wahrhaftig gigantisch, die Maps sind zum Grossteil ordentlich designt und balanced und auch die diversen Spielmodi (die wir bereits aus BC2 kennen) machen durchaus Laune. Aber mit all diesen Unzulänglichkeiten und Bugs ist es zu weiten Teilen einfach mehr Frust als Lust und hat sich somit den Namen Battlefuuuuuu 3 absolut verdient!



Mittwoch, 25. Mai 2011
Spieletest "Bulletstorm" (PC)
Lockere Sprüche, viel Gefluche und blaue Bohnen die einem aus allen Richtungen um die Ohren pfeifen. Hört sich nach "Duke Nukem" an? Falsch. Oder doch nicht?
"Bulletstorm" fährt auf der selben Schiene wie der Duke oder sein Kumpel "Serious Sam" vor ein paar Jahren: masslos übertriebene Action gegen skurrile Gegner und dazu obercoole One-Liner im Minutentakt. Das kann man mögen, muss man aber nicht. Genau so wie die hanebüchene Story die lediglich als Aufhänger für die Action dient.

Die kaum als Geschichte zu bezeichnende Handlung dreht sich um Grey, einen Anführer einer kleinen Eliteeinheit, die für ihren General Attentate auf Zivilisten ausführen. Dies wird ihnen jedoch erst klar nachdem sie bereits unzählige Abschüsse auf dem Konto haben. Als Reaktion darauf wenden Sie sich gegen ihren Auftraggeber und wollen den General ebenfalls ins Jenseits befördern. Beim Angriff auf sein Schiff geht jedoch einiges schief und alle vollführen eine Bruchlandung auf dem selben Planeten, auf dem einige furchtbar aufgebrachte Einheimische herumwuseln und nach dem Leben der Eindringlinge trachten. Fortan ballern sich Grey und sein mittlerweile zum Cyborg mutierten Kumpel Ishi einmal quer über den Planeten bis sie letztendlich auf den General treffen und alles in einem Showdown endet.


Gameplay
Man vermutet es bereits, "Bulletstorm" punktet keinesfalls mit seiner Story, umso mehr jedoch mit seiner imposant inszenierten Action. Bereits nach wenigen Spielminuten fällt Grey ein kleines Gerät in die Hände mit welchem sich (an vorgegebenen Stellen) schwere Gegenstände herumwuchten aber vor allem Gegner durch die Gegend ziehen lassen. Ähnlich wie eine Peitsche schnellt der Energiestrahl nach vorne, krallt sich einen Widersacher und schleudert diesen in die Luft, von wo aus er sich prima zu Kleinholz verarbeiten lässt.
Eine weitere wichtige "Waffe" ist dabei der eigene Fuss. Gegner und einzelne (meist explosive) Gegenstände lassen sich damit durch die Levels wuchten, was für einige unglaubliche Kills sorgt.

Das implementierte Kill-System ist es dann auch, was den grössten Reiz an "Bulletstorm" ausmacht. Für besonders kreative abschüsse hagelt es massig Punkte, die sich danach in neue Waffen und Munition investieren lassen.
Beispiel: wer einen Gegner per Energiepeitsche zu sich zieht um ihn dann in der Luft abzuknallen, kassiert dafür erst 50 und bei jeder Wiederholung 25 Punkte. Schleudert man den Gegner jedoch stattdessen per beherztem Tritt in einen herumstehenden Kaktus, gehen mehr Zähler auf das eigene Konto. Dies lässt sich natürlich beliebig kombinieren. Wer eine Haftgranate an einem Widersacher befestigt, diesen in eine Gruppe weiterer Gegner tritt und die Granate dann explodieren lässt, erlebt sein blaues Punktewunder. Selbes gilt für explosive Fässer, Hot Dog Wagen, Wartungsroboter, usw.

Das Waffenarsenal liest sich auf den ersten Blick relativ normal. Maschinengewehr, Pistole, Schrotflinte, Scharfschützengewehr, Granat- und Minenwerfer halten vermeindlich keine Überraschungen bereit, jedoch verfügt jedes Schiesseisen über die eine oder andere Besonderheit. So verfügt etwa die Hälfte der Knarren über einen sogenannten Charge-Shot, bei dem eine hohe Menge Munition auf einmal losgelassen wird, was natürlich besonders tödlich wirkt. Mit der Sniper wiederum lassen sich die Kugeln selber lenken, während man Granaten und Minen gezielt platzieren und selbst zur Detonation bringen kann. Schade dabei ist lediglich, dass man jeweils nur 3 Schiessprügel gleichzeitig mit sich rumschleppen darf. Somit muss man stets gemäss den eigenen Vorlieben abwägen, ob man nun beispielsweise lieber mit der Schrotflinte in den Nahkampf zieht, oder seine Gegner aus sicherer Entfernung aufs Korn nehmen will.

Besonders schön ist, dass sich die Designer immer wieder Mühe gegeben haben, das Geschehen aufzulockern. So steuert man in einem Abschnitt sogar einen haushohen Riesenroboter, fährt auf einem Hochgeschwindigkeitszug vor einem alles zermalmenden Schaufelrad davon oder treibt auf einem tosenden Fluss dahin. Für eingestreute Abwechslung ist also gesorgt, so dass man sich nicht immer nur mit den selben Bewegungsabläufen herumschlagen muss.

Die Steuerung indes ist shootertypisch überschaubar gehalten. Navigieren per WASD, die Maus zum ballern und umsehen plus einige Tasten für Spezialmanöver wie ducken, sprinten, Gegner herumwuchten und natürlich beherzte Tritte verteilen.
Dennoch merkt man "Bulletstorm" den Konsolenursprung an beinahe jeder Ecke an. Die Navigation per Maus im Hauptmenü ist schwammig, die Tastenbelegung passt eher auf ein Gamepad und alle paar Minuten stolpert man über eingestreute Quicktime-Events.
Ein weiteres Indiz dafür sind die mittlerweile beinahe obligatorischen und ebenso sinnfreien Achievements, die man so oder so fast alle automatisch freischaltet wenn man im Spiel voranschreitet. Ein Windows Live Account ist des weiteren übrigens zwingend notwendig, sofern man seinen Spielstand sichern oder online unterwegs sein will. Auch hier lässt die Xbox freundlich grüssen.

Grafik
Sehr viel richtig macht "Bulletstorm" in Hinblick auf seine Optik. Mit der Unreal 3 Engine als Grundgerüst wurden einige eindrucksvolle Level gebastelt, die sich durchaus sehen lassen können. Farbenfroh, detailliert und zum grossteil sehr ansehnlich animiert kommen sie daher, während die Wasserdarstellung zeitweise beinahe die Qualität eines "Bioshock 2" erreicht. Mit einem "Crysis" lässt sich das Spiel wahrlich nicht messen, aber dennoch sorgen viele Hintergründe für Entzücken und man bleibt das eine oder andere Mal gerne stehen um sich umzublicken.
Der typische Unreal-Look ist an "Bulletstorm" dennoch nicht spurlos vorbei gegangen. Vor allem Charaktermodelle sehen aus wie man sie schon von "Unreal Tournament 3" oder "Gears of War" kennt und auch das Waffendesign kommt einem sehr vertraut vor. Wer sich also bislang an diesem eigenwilligen Look gestört hat, der wird auch mit "Bulletstorm" nicht so wirklich warm werden.

Positiv anzumerken ist die Performance: dank der verwendeten Engine läuft Grey auch auf mittelklasse Rechnern noch sehr flüssig durch die Levels, auch wenn hie und da möglicherweise Abstriche in Texturqualität oder Auflösung gemacht werden müssen.
Einzelne Ruckler jedoch sind auch auf sehr potenten Systemen noch erkennbar und treten meist bei Levelanfang oder selbst in Zwischensequenzen auf, lassen jedoch auf eine schlampige Programmierung schliessen. Störend sind diese Aussetzer jedoch nie, der Spielspass wird davon kaum getrübt.

Sound
Was sich die Designer beim Soundmix gedacht haben, wird mir für immer in Rätsel bleiben. Zwar sind die Synchronsprecher in der Originalversion durchaus passend, allerdings oftmals viel zu laut. Selbst wenn mein Partner gute 50 Meter von mir entfernt steht, so hört er sich trotzdem an als würde er sich direkt neben mir befinden. Dieser Fauxpas passiert immer wieder, was sich auch dann sehr merkwürdig anhört, wenn rundherum alles explodiert oder in Schutt und Asche zerfällt.
Jene Umgebungsgeräusche sind des weiteren ebenfalls nicht immer perfekt ausbalanciert und manchen Effekten fehlt es ein wenig an Wumms. Wer seinen Subwoofer wirklich hören will, muss diesen manuell hochregeln - das Spiel selbst steuert diesen nämlich nicht so an wie es sich gehört.
Die Musik letzten Endes hält sich meist dezent im Hintergrund, stört nicht, fällt aber auch nicht sonderlich ins Gewicht. Somit ist sie meist eher Mittel zum Zweck, damit es nicht bloss rumms und kracht.

Multiplayer
Da man während der Kampagne meistens zu zweit unterwegs ist, böte sich ein Coop-Modus perfekt an. Was wäre spassiger, als zusammen mit einem Kumpel durch die Levels zu hetzen und jede Menge Gegner zu zerteilen? Doch leider hat es ein solcher Modi nicht ins Spiel geschafft. Gibt es dann immerhin ein auf dem Skillsystem basierendes Deathmatch? Ebenfalls Fehlanzeige. Als einzige Variante findet sich eine Art Coop-Mode, in welcher man in einem Team bis zu vier Spieler in einem begrenzten Areal eine Gegnerwelle nach der anderen überstehen und so viele Skillpunkte wie möglich sammeln muss. Blöd nur, dass die Teamkills manchmal nicht als solche gezählt werden und sich einige Combos somit im Nichts verlieren. Das macht kurz Spass, kann aber nicht länger als einige wenige Stunden an den Monitor fesseln. Sehr schade, Potential wäre definitiv vorhanden gewesen.

Nur für Erwachsene!
Wenn eines klar ist, dann dass "Bulletstorm" definitiv nicht in Kinderhände gehört. Zwar ist die Gewalt masslos übertrieben und comichaft dargestellt, jedoch spritzt literweise Blut, Leichenteile fliegen durch die Gegend und aufgespiesste Gegner an Kakteen sind wahrlich keine geeignete Deko für einen Kindergeburtstag.
Hinzu kommen einige sehr derbe Sprüche über Geschlechtsteile, Körperöffnungen und so weiter. "Serious Sam" war dagegen ein braver Chorleiter, verglichen damit was Grey und seine Begleiter hier vom Stapel lassen.
Wer sich auf diese Art von Humor einlassen kann, wird sehr viel Freude haben, alle anderen würden sich spätestens nach 1 Stunde wünschen, das ganze deaktivieren zu können.


Fazit
Was das Studio von People Can Fly mit "Painkiller" angefangen haben, findet hier seine Vollendung. Masslos übertriebene, absolut hirnfreie nonstop Action mit einem Macho-Helden in ansehnlicher Optik und skurrilem Gegnerdesign. Wenn Körper durch die Lüfte fliegen, alles rundherum explodiert und man sich mit einem breiten Grinsen vor dem Monitor amüsiert, ist für den geneigten Actionfan alles in bester Ordnung.
Für mich war "Bulletstorm" eine 6-7 Stunden anhaltende Hochgeschwindigkeitsachterbahnfahrt für Erwachsene und absolut zu empfehlen bis der wahre "Duke Nukem" dieses Jahr endlich wieder auf der Bildfläche erscheint.


Pro
- Action pur
- Recht ansehnliche Grafik
- Abwechslungsreiches Leveldesign
- Skillsystem sorgt für jede Menge Motivation
- Makaberer Humor der übelsten Sorte
- Hochgradig sinnfrei und hirnlos

Contra
- Hochgradig sinnfrei und hirnlos
- Auf Dauer stellt sich eine gewisse Monotonie ein
- Recht kurz
- Schwacher Multiplayer Modus


Grafik: 85%
Sound: 72%
Steuerung: 83%
Multiplayer: 50%
Gesamtwertung: 80%



Montag, 13. Dezember 2010
Spieletest "A Vampyre Story"
Beim Namen Bill Tiller sollten bei Adventurekennern eigentlich alle Alarmglocken läuten. Neulinge werden sich jedoch fragen "wer ist das?" - ganz einfach: dieser Mann war damals für die phantastisch gezeichneten Hintergründe in "The Curse of Monkey Island" zuständig und hat sich um die Jahrtausendwende von Lucas Arts getrennt, als jene sich dazu entschieden, fortan nur noch halbgare StarWars-Spiele abzuliefern.
Nach einigen Jahren der Adventureabstinenz entschied sich der gute Herr Tiller dann dazu, ein eigenes Entiwcklerstudio namens "Autumn Moon Entertainment" zu gründen und fortan mit einem neuen Team eigene Adventures zu produzieren. Angesichts der ruhmreichen Vergangenheit könnte man nun schon beinahe in Jubelstürme ausbrechen.. aber hält denn das erste Spiel dieses Studios auch was es verspricht? Ich habe den Sarg geöffnet und mal einen genauen Blick hinein geworfen.


Story
Mona de Lafitte ist eine Pariser Opernsängerin. Oder eher war eine. Denn nun ist sie eine Vampirdame. Wie das geschah wird während des Prologes in Form eines Bilderbuches erzählt. Baron Shrowdy von Kiefer besuchte die Oper in Paris und machte Mona den Hof, blitzte jedoch bei ihr ab - also wandte er seine hypnotischen Fähigkeiten an um sie gefügig zu machen, zu beissen und auf Schloss Warg nach Draxsylvanien zu bringen, wo die grossgewachsene Schönheit nun ihr Dasein Fristet und sich noch immer dagegen wehrt, ein Vampir zu sein. Stattdessen trinkt sie täglich ihren "salzigen Merlot" und ist der Meinung, lediglich verflucht worden zu sein, weshalb sie nicht vom Schloss flüchten kann.

Nachdem Shrowdy jedoch unverhofft dahinscheidet, ist für Mona der Weg frei. Sie will aus dem Schloss flüchten und im Hafen von Gothford Falls ein Schiff chartern welches sie nach Paris bringt. Glücklicherweise ist Mona auf ihrem beschwerlichen Weg nicht alleine, sondern wird von allen möglichen schrägen Wesen dabei unterstützt. In erster Linie ist da die Fledermaus Froderick. Ein vorlauter, oftmals frecher kleiner Kerl, der Mona nie von der Seite weicht und stets auf ihrer Schulter sitzt. Dieser lässt nicht nur immer humorvolle Kommentare vom Stapel, sondern ist in vielen Situationen auch äusserst hilfreich, weil man ihn immer wieder zum Lösen von Rätseln einsetzen kann - meist mit einem urkomischen Resultat.
Neben Froderick gibts da auch noch sprechende eiserne Jungfrauen, verkaterte Raben, Mafiosi-Ratten, verzauberte Gargoyles, usw. All diese schrägen Charaktere sorgen dafür, dass die relativ kurze Vampirstory alles andere als langweilig wird, auch wenn die Rahmenhandlung in erster Linie nicht allzu viel her gibt.

Gameplay
Man kommt nicht drumherum zu bemerken, dass "AVS" seine Wurzeln ganz klar bei "The Curse of Monkey Island" hat, was nicht nur auf den ersten Blick auf die Grafik ersichtlich wird. Auch in der Bedienung erscheinen die Parallelen recht schnell, lenkt man Mona doch fast genau so wie damals Guybrush im grossen Vorbild. Wer ein Objekt ansteuert und 1-2 Sekunden auf der Maustaste verweilt, öffnet damit ein Kontextmenü mit den drei wichtigsten Advantureaktionen (Sprechen, nehmen, ansehen) sowie der Möglichkeit, zu Orten/Objekten hinzufliegen indem sich Mona in eine Fledermaus verwandelt - was immer wieder mal von Nöten sein wird.
Wie es sich für eine Dame gehört, schleppt Mona nicht tonnenweise Zeug mit sich rum, da sie auch keine Zauberhosen trägt wie es bei anderen Genrehelden üblich ist. Gegenstände die ihr zu schwer oder zu sperrig sind, kommen als "Idee" in ihr Inventar, wo sie bei Bedarf abgerufen werden können. In einem solchen Moment fliegt Mona flux zu jenem Gegenstand hin, holt ihn und benutzt ihn an der vorgesehenen Stelle. Auswirkungen auf das Gameplay hat diese ansich nette Idee jedoch keine.
Ebenfalls nicht sonderlich tugendhaft für eine Dame ist das schnelle Gehen, weshalb Mona grundsätzlich darauf verzichtet. Glücklicherweise lässt sich jede Aktion jedoch per Druck auf die Leertaste beschleunigen und bei einem Szenenwechsel ersetzt die rechte Maustaste den ansonsten üblichen Doppelklick. Man hat sich also viel Mühe gegeben, dass ungedulgige Spieler nicht in rasende Wut verfallen oder gar vor dem Monitor einschlafen, da sogar Dialoge auf diese Weise verkürzt werden - was jedoch schade wäre, da die Gespräche wundervoll vertont wurden. Doch dazu später mehr.

In Punkto Rätseldesign meint es das Spiel manchmal ein wenig zu gut indem es sich an alten Lucas Arts Klassikern orientiert. Viele Rätsel sind streng miteinander verkettet und erst gegen Ende erschliesst sich dem Spieler deren Sinn. Ein kleines Beispiel: um an den Schlüssel zu gelangen der in einem Gargoyle steckt, müssen wir ihn dazu bringen, seinen Platz zu verlassen, damit wir ihn mit einer Steinstatue erschlagen können. Dieser verlässt seinen Platz jedoch nur, wenn die Gefahr droht, dass er von Vogelexkrementen getroffen werden könnte, was aber nur geschieht, wenn besagter Vogel seine Verstopfung los wird. Alles klar soweit? Nein? Das macht nichts, denn auf solche verschachtelten Knobeleien trifft man immer wieder im gesamten Spiel. Dabei ist es meist von Nöten, ein wenig um die Ecke denken zu können, oder den kleinen Froderick mit allem möglichem kombinieren zu wollen. Viele Hinweise verstecken sich in den Dialogen, gehen aber ab und an bei all dem Wortwitz auch gerne mal unter oder werden nicht sofort als solche erkannt. In 90% der Fälle weiss man jedoch was als nächstes zu tun ist und braucht bloss herauszufinden, wie man die nächste Hürde überwinden kann.
Mit einzelnen Knobeleien jedoch hat der gute Bill es klar übertrieben, z.B. wenn man Dämonenrotz in verschiedenen Farben erhitzen und mischen muss, bis man das gewünschte Resultat erhält. Gerade jene Passage wird einige Minuten in Anspruch nehmen und der eine oder andere wird auch gerne 2-3 Anläufe benötigen um dieses Rätsel zu lösen. Dies ist in erster Linie schade, da es neben der (fast schon obligatorischen) Hotspotanzeige keinerlei weitere Spielhilfen gibt. Wer also irgendwann wie der Ochs vorm Berg steht, muss entweder Spieleforen aufsuchen oder einen Blick in die Komplettlösung werfen - beides nicht gerade Ruhmreiche Varianten und nur bedingt gute Werbung für ein Adventure.
Ob die Rätsel teilweise zu schwer oder zu abgedreht sind, sei mal dahin gestellt - Fakt ist, dass sich vor allem Anfänger mit Mona und Froderick sehr schwer tun werden, so amüsant dieses Adventure letztendlich auch sein mag.

Sound
Dazu trägt wie so oft eine sehr gelungene Vertonung bei, mit der man hierzulande sogar das englische Original um Längen schlägt. Vor allem Mona und Froderick wurden allerliebst synchronisiert, was v.a. dann auffällt, wenn sich die beiden mal wieder streiten oder ein wenig necken. Mona wirkt mit ihrem französischen Akzent sehr charmant und ein wenig naiv, während die freche kleine Fledermaus mit Comedian Tetje Mierendorf eine perfekte deutsche Stimme erhielt. Auch der restliche Cast kann sich hören lassen, auch wenn sich nur noch wenige bekannte Namen darunter tummeln. In einer Nebenrolle ist übrigens Sandra Schwittau zu hören, den meisten wohl besser bekannt als deutsche Stimme von Bart Simpson.

Wenn die über 80'000 Worte schon so professionell ins deutsche übertragen wurden, wie sieht es dann mit dem Score aus? Die Antwort lautet: bestens! Inspiriert vom Komponisten Danny Elfman hört man hier schaurig-schön-traurige Fantasyklänge wie sie ansonsten in jedem Hollywoodfilm Platz finden könnten, wobei einige Themes sofort an "The Curse of Monkey Island" erinnern - beispielsweise an die Szene in der sich Guybrush in der Familiengruft der Meistersuppes befindet. Auch hier sind die Parallelen also nicht von der Hand zu weisen, wobei man dies keinesfalls als schlecht werten sollte. Selten hat ein Spielesoundtrack so wundervoll zur Stimmung auf dem Monitor gepasst wie hier - ganz grosse Klasse! Einziger Wehrmutstropfen bleibt, dass es 1-2 Sätze im Spiel gibt, die auf einmal englisch gesprochen werden. Entweder ist da etwas verloren gegangen oder es handelt sich um einen Bug, der jedoch im gesamten betrachtet nicht störend ins Gewicht fällt.

Grafik
Comicadventures haben einen riesigen Vorteil gegenüber den "realistischeren": sie sehen selbst nach Jahren noch gut aus. Das trifft auch auf "AVS" zu, dessen Polygongehalt ganz klar unter dem von Spielen wie "Geheimakte Tunguska" steht, welches fast komplett auf 3D oder zumindest sehr detailliert gerenderte Hintergründe setzt. "AVS" hingegen orientiert sich hier eher am grossen Lucas Arts Vorbild und zeigt uns hübsch modellierte 3D Charaktere mit flüssigen Bewegungen vor Hintergründen die wie handgemalt wirken. Wenn Mona bei fahlem Mondlicht inmitten von Gothford Falls steht, welches von Fackeln erleuchtet wird während sanfte Schneeflocken gen Boden taumeln, dann ist das richtig schön und Herr Adventurespieler fühlt sich so richtig wohl und möchte gern stundenlang in dieser Umgebung verweilen. Hinzu kommen viele verspielte Details und ein unverkennbarer Zeichenstil, wie er nur von Bill Tiller stammen kann. Hier trifft der Look von "Monkey 3" auf Tim Burtons "Nightmare before Christmas" und verschmilzt damit zu einem sehr atmosphärischen Gesamtbild, wie es wohl nur von Autumn Moon stammen kann.
Einzig schlechter Punkt bei der Grafikengine: die Auflösung ist auf 1024x768 Bildpunkte beschränkt. Dies sorgt auf Breitbildmonitoren für unschöne Verformungen, einen Patch um dieses Problem zu beheben gibt es bislang nicht. Hier hilft nur die Holzhammermethode und der Spielstart im Fenstermodus.

Pro
- Einfache Bedienung
- unverbrauchtes Vampirsetting
- hervorragender Humor und Wortwitz
- gelungene Vertonung
- wunderschön-abgedrehter Grafikstil
- einige sehr schräge Knobeleien..


Contra
- ..die manchmal einfach zu schwer sind
- ..und sich aufgrund dessen nicht fur Anfänger eignen
- teilweise weit ausufernde Gespräche
- fieser Cliffhanger am Ende in Vorbereitung auf Teil 2

Fazit
"A Vampyre Story" ist wie ein Tim Burton Märchen zum selber spielen. Der einzigartige und leicht morbide Look, der gelungene Wortwitz sowie die tollen Charaktere machen einiges her und werden vom hervorragenden Score bestens abgerundet. Dem gegenüber stehen einige wirklich fiese Rätselketten die man nicht so einfach löst und ein etwas unbefriedigender Cliffhanger am Ende. Grade dann wenn die Geschichte langsam in Fahrt kommt und man sich eigentlich so richtig warm gespielt hat, ist man bereits am Ende angelangt und muss sich gedulden bis 2011 endlich der Nachfolger erscheint. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, erhält mit "AVS" eine sehr gelungene Hommage an Spiele wie "The Curse of Monkey Island" und wird passend zur Weihnachtszeit einige sehr vergnügliche Stunden im verschneiten Draxsylvanien verbringen, während es draussen vor dem Fenster ebenfalls schneit. Und dank dem kleinen Budgetpreis bleibt auch noch genug übrig für weitere Geschenke unter dem Weihnachtsbaum. Zuschlagen und hoffen, dass Bill Tiller auch weiterhin solch schöne Adventures der alten Schule basteln wird!

Grafik: 85%
Sound: 91%
Steuerung: 88%
Rätsel: 80%
Atmosphäre: 90%
Gesamtwertung: 83%



Montag, 25. Oktober 2010
Spieletest "A New Beginning"
Daedalic hat's bestimmt nicht leicht. "Edna bricht aus" war ein spektakulärer Erstling und "The Whispered World" wurde vielerorts kurzerhand als das beste Adventure der letzten Jahre gehandelt und in alle Himmel gelobt. Klar, dass alle Hoffnungen nun auf dem neuesten Werk namens "A New Beginning" (nachfolgend kurz ANB genannt) ruhen. Die alten Stärken wie z.b. die wunderschön gezeichnete Comicgrafik sollten beibehalten und ausgebaut werden, um auch aus ANB eine weitere erfolgsgekrönte Marke zu schaffen. Aber ist dieses Vorhaben wirklich gelungen?

Ein neuer Anfang
Das Szenario ist aus Hollywood bereits bestens bekannt: die Welt mitsamt ihrer Bevölkerung steht vor dem Abgrund und ist dem Untergang geweiht, hervorgerufen durch den prophezeihten Klimawandel. Als wir die Funkerin Fay, unseren Hauptcharakter, erstmals kennenlernen ist die Katastrophe für sie und ihr Team jedoch bereits Vergangenheit - und das obwohl sie sich in der Gegenwart befindet. Wie das?

Zusammen mit ihrem Team aus Wissenschaftlern hat Fay die Katastrophe überlebt und haust in der zerstörten Zukunft in unterirdischen Bunkern. Um diese Misère abzuwenden, raffen sich die Damen und Herren auf, in ihren Zeitkapseln in die Vergangenheit zu reisen um die Menschheit auf ihre Fehler aufmerksam zu machen und den Klimawandel zu verhindern. Somit landet die junge Dame auf Unwegen bei Professor Bent Svensson, unserem zweiten Hauptdarsteller in diesem düsteren Zukunftsdrama. Dieser glaubt der Zukunftsfunkerin natürlich kein Wort, weshalb es erst einmal gilt, diesen zu überzeugen und für die eigene Sache zu gewinnen.
Ob die Katastrophe letztendlich doch noch stattfindet oder nicht, wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten und soll von jedem selbst herausgefunden werden. Wenn man denn will, denn der Weg zur Erleuchtung ist lang, beschwerlich und nicht immer kurzweilig.

Gameplay & Steuerung
Als typisches Point & Click Adventure steuert sich ANB gewohnt bequem per Maus, während die Tastatur lediglich für die Hotspotanzeige verwendet werden muss. Beim Druck auf die Leertaste werden verwendbare Objekte grafisch hervorgehoben, womit lästiges Suchen entfällt. Weitere Rätselhilfen gibts nicht. Kein Tagebuch, keine stufenweise zuschaltbaren Tipps und leider ist auch seitens der Charaktere keinerlei Hilfe zu erwarten. Versucht man Gegenstände wahllos miteinander zu kombinieren, erklingen immer die gleichen Sätze wie "Nein!" "So nicht" oder das geliebte "Das geht nicht". Hilfreiche Kommentare sind sicherlich etwas anderes, wären aber durchaus gerne gesehen, da die Rätsel nicht immer allzu logisch aufgebaut sind. Oder wie um alles in der Welt soll man per menschlicher Logik darauf kommen, dass eine Alge am meisten Energie produziert, wenn sie genügend Licht erhält, da man diese Information nie zugesteckt bekommt? Solche Beispiele finden sich im gesamten Spielverlauf, weshalb die Rätsel nicht selten mit Trial & Error verbunden sind.
Hinzu gesellen sich "Inventarrätsel" welche man auch nur mit blossem probieren lösen kann: manche Gegenstände können im Inventar näher betrachtet, verbogen, zerbrochen oder geöffnet werden. Da dies jedoch nur auf einen Bruchteil der Objekte zutrifft, untersucht man nicht automatisch jeden Gegenstand auf diese Weise, weshalb man oftmals nur mit Glück darauf stösst - oder wenn man partout nicht weiter weiss und einfach wild drauf los probiert. Wie bereits gesagt: die fehlende Hilfestellung verbockt hier so einiges.

So einfach die Steuerung auch sein mag, so träge ist sie oftmals. Wer ein Objekt mit der linken Maustaste anwählt und länger auf der Taste verbleibt, öffnet dadurch das Kontextmenü, welches zwiwschen einer und vier verschiedenen Aktionen zulässt - je nach Objekt. Wer aus versehen jedoch ein bereits bekanntes Objekt auf diese Weise anwählt, muss das Kontextmenü erst mühsam wieder mit der rechten Maustaste schliessen - und leider geschieht dies öfters als dem Spieler lieb ist, da Gegenstände manchmal recht nah beieinander liegen und man erst durch mühselige Pixelfummelei den richtigen anwählen muss. Leider hilft hier auch die Hotspotanzeige nicht wirklich weiter, da die Hotspots auch gern mal einen Zentimeter weit daneben liegen... Daedalic was habt ihr hier bloss getan? Solche Unzulänglichkeiten gabs weder mit Edna noch mit Sadwick - irgendwas muss hier also furchtbar schief gelaufen sein.

Letzter negativer Punkt in Sachen Steuerung ist die Gemächlichkeit der Hauptfiguren. Die Welt droht zwar komplett unterzugehen und Milliarden von Menschen werden sterben - jedoch besteht scheinbar kein Grund zur Hektik. Mit der Geschwindigkeit einer Galapagosschildkröte bewegt man sich hier durch die Hintergründe und muss oftmals Animationen über sich ergehen lassen welche sich nicht abbrechen lassen. Besonders nervenaufreibend kann das sein, wenn sich der Hintergrund über mehrere Bildschirme erstreckt welche erst durchscrollt werden müssen. Da vergehen auch gerne mal 1-2 Minuten bis man dort angelangt ist wo man eigentlich hin möchte. Es ist also sehr viel Geduld gefragt, da sich lediglich Szenenübergänge per Doppelklick abkürzen lassen. Ungewollt komisch wird es auch, wenn der Charakter um ein Objekt herumlaufen muss ohne dabei den Blick vom Ziel abzuwenden. Scheinbar hatte nicht nur Michael Jackson den Moonwalk drauf, so perfekt wie er hier teilweise kopiert wird!

Fehlende Musik und schlechte Sprecher
Nein, ein Adventure muss nicht zwingend in jeder Sekunde musikalisch untermalt werden. Jedoch hat die Vergangenheit gezeigt, dass es zumeist sehr zur Atmosphäre beitragen kann. In ANB fällt die Musik meist weg und man hört bloss Hintergrundgeräusche wie Wind, Wasserrauschen, oder ähnliches. Der ansich gelungene Score kommt nur in tragenden Momenten oder in Zwischensequenzen zum Einsatz - sehr schade. "The Whispered World" hatte doch bereits eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig schön eingespielte Hintergrundmusik sein kann.

Auch bei den Sprechern hat man sich - im Gegensatz zu "The Whispered World" - zu viele Schnitzer geleistet. Dass die meisten Sprecher keine Profis mit Jahrelanger Erfahrung sind, wäre zu verschmerzen, das war bereits in vielen anderen Adventures nicht anders. Aber müssen deshalb Stimmen unpassend besetzt oder schlecht gesprochen werden? Vor allem Nebencharaktere fallen oftmals durch komplett unpassende Sprecher oder emotionslos runtergelesene Sätze auf. Als schönes Negativbeispiel sei hier ein aufgebrachter Mob genannt, der formschön eine Demonstration abhält. Selbst wenn Fay die Meute per Megafon aufhetzt, erschallt bloss ein müder Ruf von 3-4 emotionslosen, gelangweilten Stimmen. Wo ist die Lautstärke? Die Wut? Das Volumen? Komplette Fehlanzeige. Da ist es nicht verwunderlich, dass das Spiel an der komplett fehlenden Atmosphäre krankt - doch dazu später mehr.
Kommen wir erstmal zu einem Punkt der einmal mehr fast fehlerfrei daher kommt:

Grafik
Wenn die Jungs von Daedalic eines können, dann sicherlich, ihre Spiele in ein grafisch ansprechendes Gewand zu packen.
Abgesehen von den bereits erwähnten Moonwalk-Fehlern bietet die Optik einmal mehr keine Schnitzer und wartet mit vielen Details auf, die oftmals sogar hübsch animiert wurden. Die Comictechnik kann hier also erneut ihre Stärken ausspielen, nicht zuletzt weil das Spiel auch auf älteren Rechnern noch gut läuft.
Getrübt wird die Freude durch schwarze Bildschirme bei Szenewechseln (Ladezeiten) sowie einem Ruckeln welches gerne mal 3-4 Sekunden andauert, weil im Hintergrund noch die Animationen nachgeladen werden. Und das, obwohl "The Whispered World" im Allgemeinen noch viel detaillierter und schöner aussah. Also auch hier steckt irgendwo der Wurm drin.
Nicht zuletzt wird hier, beim "realistischen" Zeichenstil erstmals die grösste Schwäche der Engine erkennbar: sie kann kein AntiAliasing. So werden v.a. die Charaktere gerne mit unschönen Treppeneffekten versehen, sofern diese nicht direkt am vorderen Bildrand positioniert sind.
Ob das den Spielspass trübt sei dahingestellt, Fakt ist, dass es den positiven grafischen Gesamteindruck deutlich schmälert.

Atmosphäre
"The Whispered World" hatte eines gezeigt: Adventures können eine unglaublich intensive und dichte Atmosphäre aufbauen, in welcher man beim Spielen regelrecht versinken kann. Ähnliches hatte ich mir nun natürlich von ANB erhofft - leider vergeblich. "A New Beginning" besitzt NULL Atmosphäre, rein gar nichts, nicht ein einziges Quäntchen. Die gesamte Weltbevölkerung ist dem Untergang geweiht und das für Spiele noch neue Thema des Klimawandels könnte perfekt umgesetzt werden, würde man ein wenig auf die Tränendrüse drücken und an die eigenen Schuldgefühle der Spieler appellieren. Doch nichts von alle dem geschieht. Die Charaktere bleiben durchweg blass und eindimensional, lassen keine Emotionen aufblitzen und besitzen nichtmals Eigenschaften wie oben genannte Schuldgefühle, Reue oder angebrachte Verzweiflung. Einzig Bent Svensson sticht hier ein klein wenig heraus, dank seiner trockenen und zynischen Art. Er ist der einzige Charakter dem man seine Rolle abkauft - man glaubt ihm dass ihm alles egal geworden ist seit er seine Arbeit und damit die komplette Forschung verloren hat. Jedoch kann er alleine das Spiel auch nicht retten, da man zumeist mit Fay und ihren Mitstreitern beschäftigt ist, wovon fast jeder gepflegt langweilt und es nichtmal ansatzweise schafft, dass der Spieler vor dem Bildschirm mitfiebert. Auch hier ist also ein klarer Rückschritt zu "The Whispered World" zu verzeichnen. Schade.


Pro
- Für Spiele unverbrauchtes Thema
- Bent Svensson als unterhaltsamer Charakter
- Wechselspiel aus düsterer Zukunft und Gegenwart
- Gelungene Aufmachung im Stil eines Comics

Contra
- Eindimensionale, blasse, langweilige und emotionslose Charaktere
- einige unprofessionelle, schlecht gewählte Sprecher
- zu gemächliche Gangart der Charaktere
- oftmals umständliche Bedienung durch Kontextmenü
- unlogische Rätsel
- ..die komplett ohne Hilfe gelöst werden müssen
- komplett fehlende Atmosphäre, trotz tollem Szenario und hübscher Aufmachung


Fazit
"A New Beginning" macht im grunde fast alles schlechter als das absolut phantastische "The Whispered World". Dank des realistischeren Stils sowie Szenarios fällt das fehlende AntiAliasing viel stärker ins Gewicht, die Sprecher wurden unglücklich ausgesucht, das Rätseldesign lässt durch die fehlende Logik zu wünschen übrig und die Nerven ungeduldiger Spieler werden zu oft zu sehr strapaziert, da sich Animationen und Laufwege bis auf wenige Ausnahmen nicht abkürzen lassen. "The Whispered World" hat trotz gleicher Technik hier klar die Nase vor, dank kürzerer Laufwege und Bildschirmen die nicht unendlich lange scrollen müssen - so schön die Grafik letztendlich auch in beiden Titeln sein mag.
Ebenfalls lässt das Spiel den gelungenen Humor der beiden Erstlingswerke vermissen und auch auf eine tolle musikalische Untermalung wurde grösstenteils verzichtet, weshalb im Endeffekt auch keine Atmosphäre aufkommen kann, die man schmerzlich vermisst, da man sich auf diese Weise fast das ganze Spiel über etwas langweilt.
Wer alle anderen aktuellen Adventures kennt und vom Szenario angetan ist, kann gerne einen Blick riskieren. Wer jedoch auf der Suche nach einem wirklich spannenden und beklemmenden Spiel ist, wird mit "Black Mirror 2", "Geheimakte Tunguska" oder gar den älteren "Baphomet's Fluch"-Titeln besser beraten sein - wer hingegen ein humorvolles Comicadvanture sucht, greift ohne zu zögern zu "The Whispered World" oder "Edna bricht aus", da diese fast in allen Punkten überlegen sind. "A New Beginning" ist im Endeffekt weder Fisch noch Vogel, weder ein spannendes Adventure mit düsterem Szenario noch ein humorvolles Comicadvanture. Es versinkt leider im Mittelmass und lässt uns mit der Hoffnung zurück, dass sich Daedalic beim nächsten Mal wieder auf gewohnte Stärken stützt.


Grafik: 81%
Sound: 70%
Steuerung: 83%
Rätsel: 68%
Atmosphäre: 50%
Gesamtwertung: 55%



Donnerstag, 26. August 2010
Spieletest "Lost Horizon"
Fürwahr, das deutsche Designstudio "Animation Arts" hat sich in den vergangenen Jahren durchaus einen Namen gemacht, vor allem dank ihrem Vorzeigetitel "Geheimakte Tunguska"

So langsam wird es jedoch an der Zeit, dass "Animation Arts" anstatt einem weiteren Geheimakte-Ableger ein neues Projekt angeht, um vielleicht das Abenteuerpäärchen Nina und Max endlich vom Thron zu stossen. Mit dem neuen Titel "Lost Horizon" soll dies Vorhaben nun gelingen. Aber hat der neue Held wirklich das Zeug zum Superstar?

Story
Hong Kong im Jahre 1938. Damals noch eine britische Kolonie die sich zum einen mit Triadenkonflikten und zum anderen mit den Nazis beschäftigen muss, beherbergt unter anderem den Protagonisten von "Lost Horizon": ein britischer Ex-Militär namens Fenton Paddock. Dieser wurde aufgrund eines tragischen Unfalls unehrenhaft aus der Armee entlassen und verdient sich seitdem seine Brötchen als Luftkurier indem er Pakete mit seiner Ford Propellermaschine in fremde Länder exportiert. Zum Leid der örtlichen Triade betreibt Paddock dieses Geschäft aber nicht nur auf legalem Wege und kommt so den Chinesen das eine oder andere Mal in die Quere, woraufhin sie den Charmebolzen sogleich in einer Kiste auf dem Grund des Meeres verschwinden lassen wollen. Natürlich gelingt ihm die Flucht aus seinem nassen Grab und wird daraufhin zu seinem ehemaligen Boss gerufen, der einen Auftrag für ihn hat: sein Sohn verschwand bei einer Expedition in Tibet und Paddock soll ihn ausfindig machen - schliesslich handelt es sich dabei um seinen besten Freund. Da der britische Gouverneur ihm die Hilfe im Triadenkonflikt anbietet, willigt unser Held ein und die Reise kann beginnen - auf nach Tibet und auf in ein Abenteuer, welches streckenweise an die guten alten Klassiker von Indiana Jones erinnert.

Fenton Paddock besucht in "Lost Horizon" nicht nur diverse Länder auf 3 verschiedenen Kontinenten, sondern ist dabei auch dem Thule-Kult der Nazis und einem sagenumwobenen Geheimnis auf der Spur - ganz im Stil von Dr. Jones als dieser das Geheimnis von Atlantis lüftet oder dem heiligen Gral nachjagt.
Man denke sich einfach eine Peitsche und den Schlapphut hinzu und schon hat man einen etwas jüngeren und dynamischeren Hobby-Archäologen.

Leider kommt unser Held anders als in den LucasArts-Titeln nicht immer ganz so spritzig daher wie man es erwarten könnte. Er besitzt zwar viel Charme den er gern einmal einsetzt und hat auch den einen oder anderen flotten Spruch auf Lager wenn er nicht gerade die Fäuste für sich reden lässt - und dennoch mangelt es ihm an der Originalität welche der pixelige Harrison Ford für sich beansprucht hatte. Näheres dazu jedoch später.

Gameplay
Als klassisches Point & Click Adventure spielt sich "Lost Horizon" wie man es erwarten würde. Oder kurz gesagt, es spielt sich genau so wie die "Geheimakte"-Titel: Das Inventar ist stets am unteren Bildschirmrand eingeblendet, per einfachem Linksklick lassen sich Objekte aufheben und kombinieren, die rechte Taste dient der näheren Betrachtung und dem Abbruch von Gesprächen oder Zwischensequenzen. Per Mausbewegung navigiert man den Cursor an die gewünschte Stelle und schickt Paddock per einfachem Mausklick dort hin. Praktisch dabei ist, dass die Spielfiguren bei weiter entfernten Objekten automatisch zu laufen beginnen, um die Strecke schneller hinter sich zu bringen. Spielfiguren? Ja, richtig gelesen: im Laufe des Abenteuers wird man nicht nur dem jungen Briten Befehle erteilen können, sondern auch seiner weiblichen begleiterin sowie einem weiteren, aus spoilergründen nicht genannten Charakter. Auswirkungen auf das Gameplay hat dies jedoch selten, abgesehen davon dass sich manchmal Gegenstände von einem Charakter zum anderen schieben lassen, damit der andere damit was tolles anzustellen vermag. Leider hat man aus dieser Grundidee viel zu wenig rausgeholt, so dass es immer der selbe Ablauf bleibt: Person A sammelt Gegenstand ein und übergibt diesen Person B, damit Person B sich aus ihrer Situation befreien kann. Ein grossartiges Hin und Her wie beispielsweise in "Geheimakte Tunguska", wo Max Nina aus ihrem Gefängnis befreien muss, gibt es nicht. Keine komplexen langen Rätselketten, keine weitreichenden Kopfnüsse, nichts dergleichen. Sehr schade.

Diese "Designpatzer" schlagen sich letztendlich natürlich auch auf das Rätseldesign nieder und wer es bereits vermutet hat wird hiermit Bestätigung erfahren: "Lost Horizon" ist für erfahrene Abenteurer viel zu einfach. 90% der benötigten Utensilien lassen sich einfach so einsammeln und dann gilt es nur noch, diese im Inventar miteinander zu verbinden. Oftmals ist dabei auch keine längere Denkphase nötig, da man durch wahlloses durchprobieren ebenso oder manchmal gar schneller zum Ziel kommt, denn in manchen Fällen ist auch gar nicht so richtig klar, was als nächstes zu tun ist, bzw. was man mit den eingesammelten Gegenständen anfangen soll. Die einsetzbare Rätselhilfe wurde gegenüber "Geheimakte 2" deutlich entschlackt und in "Lost Horizon" sagt uns nur noch eine Erzählstimme, welche Aufgabe als nächstes vor Fenton liegt - ohne jedoch ein wenig detaillierter auf eine Teilaufgabe oder gar einen Lösungsweg einzugehen. Für Frust sorgt dies jedoch auch bei Anfängern selten, da man mit ein wenig Geduld und herumprobieren bald auf den richtigen Ansatz stossen wird.
Das Rätseldesign indes gibt sich klassisch: Objekt- und Inventarrätsel haben Vorrang, vor 1-2 eingestreuten, einfachen Schiebepuzzles die kein Vergleich zu den Hürden darstellen wie sie uns beispielsweise in "Black Mirror 2" oder "Nibiru" in den Weg gelegt wurden. Ausserdem darf man jedes mal frei wählen, ob man sich lieber an der einfachen oder an der schwereren Variante versuchen möchte, wobei die schwerere oftmals nicht wirklich eine spürbar grössere Herausforderung darstellt.
Glücklicherweise wurde auf simple Dialogrätsel oder Designfallen wie das "Runaway-Syndrom" verzichtet, bei dem sich Objekte erst dann aufheben liessen nachdem sich der Protagonist sicher war, dass er sie auch wirklich braucht. Somit bleiben die Rätsel trotz ihrer Einfachheit zumeist logisch, fair, nachvollzieh- und vor allem lösbar.

Sound
Einmal mehr hat sich "Animation Arts" mächtig ins Zeug gelegt um bei der Vertonung sowie der Synchronisation von "Lost Horizon" so richtig zu punkten. Fast jede Stimme die man zu hören bekommt, kennt man aus Film und Fernsehen und so wurde beispielsweise der deutsche Sprecher von Ewan McGregor dazu verpflichtet, den über 86'000 Worten Leben einzuhauchen. Eine wahrlich beeindruckende Zahl, die zuweilen gar erdrückend sein kann. In den eingestreuten Cutscenes oder auch in anderen Dialogsituationen kann ein Gespräch schon mal sehr ausufernd werden und mehrere Minuten in Anspruch nehmen. Wer seine Boxen genügend laut aufdreht, kann in dieser Zeit gemächlich auf die Toilette gehn und sich in der Küche einen frischen Kaffee aufbrühen - rein optisch verpasst man dabei nie etwas. Unglücklicherweise schaffen es die Gespräche dabei nicht immer, die Spannung der Geschichte aufrechtzuerhalten. Wer sich also nicht voll und ganz mit der Thematik von Thule-Kult & Co. identifizieren kann, wird wohl auch versucht sein, den einen oder anderen Satz per Mausklick abzukürzen, da auch gerne mal eine bereits gehörte/gesehene Information wiederholt wird. Praktisch für jene die beim Genuss eines Adventures gerne Pausen einlegen, eher unvorteilhaft für alle die von solchen Spielen nicht genug kriegen können. Nichts desto Trotz sind die Dialoge durchs Band weg hervorragend vertont und reihen sich hier zu Konkurrenztiteln wie "The Book of Unwritten Tales" an der Genrespitze ein.

Musikalisch wird abgesehen von den Zwischensequenzen meistens nicht allzu viel geboten, was allerdings nie störend ins Gewicht fällt. Umgebungsgeräusche, Wettereffekte usw. sind gewohnter Genrestandard und weder etwas besonderes noch ein Tiefschlag.

Grafik
Der Zahn der Zeit ist niemals aufzuhalten und er nagt ununterbrochen an allem was mit Technik zu tun hat - in diesem Falle betrifft das auch die verwendete Grafikengine die schon bei "Geheimakte Tunguska" zum Einsatz kam. Die 2D-Hintergründe gehören grösstenteils einmal mehr zur Kategorie Augenschmaus, während sich die Polygoncharaktere irgendwie nicht so recht ins Geschehen einfügen wollen. Nicht nur sorgt das fehlende Anti-Aliasing für störende Treppeneffekte, sondern die schwache Texturierung fällt ebenso auf - besonders wenn man die Figuren einmal von näherem zu Gesicht bekommt. Hinzu kommen oftmals ein wenig steife Animationen sowie fehlende Lippensynchronität, womit es leider nicht mehr bis aufs Treppchen reicht. Hier hätte eindeutig mehr drinliegen sollen, wie "The Book of Unwritten Tales" bereits eindrucksvoll bewiesen hat.
Die Zwischensequenzen indes sind durchaus nett anzusehen und zeigen auch hier das eine oder andere liebevolle Detail.


Pro
- Sehr einfache Bedienung
- richtiges Abenteuer-Setting à la Indiana Jones
- diverse Länder auf 3 Kontinenten
- hervorragende Vertonung
- Aufmachung wie ein Kinofilm
- zumeist logisch designte Rätsel...


Contra
- ...die jedoch viel zu einfach geraten sind
- für erfahrene Spieler mit einer Spieldauer von 8-10 Stunden viel zu leicht
- teilweise weit ausufernde Gespräche
- etwas merkwürdiges, unbefriedigendes Ende

Fazit
"Lost Horizon" ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite bietet es mehr von dem was wir seit Tunguska so sehr mögen: logische Rätsel vor wunderbar gerenderten Hintergründen. Aber auf der anderen Seite nimmt es sich selber den Spielspass mit zu einfachen Rätseln, langen inhaltsleeren Dialogen sowie einem Helden der hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Fenton Paddock ist einfach kein zweiter Indiana Jones, auch wenn mancher sich das gerne wünschen würde. Er ist nicht so witzig, nicht so vorlaut, nicht so halsbrecherisch und einfach nicht so cool wie der Archäologe mit dem Schlapphut - aber dennoch ein sympathischer Hauptcharakter der prima in seine Rolle passt. Leider wirkt die Story um die Nazis und ein sagenumwobenes Geheimnis ein wenig aufgesetzt und nicht immer spannend, auch wenn die Ansätze durchaus vielversprechend sind und einem Indy-Fan durchaus gefallen können. Insgesamt bleibt das Spiel einfach hinter seinen Möglichkeiten zurück.
Wer das Abenteuersetting mag und noch nicht allzu viele Adventures hinter sich gebracht hat, wird mit "Lost Horizon" bestens unterhalten und wird rund 12 Stunden lang mit Freude Rätseln. Alle anderen die nicht gerade ein Comicadventure suchen und es etwas knackiger mögen, sind mit "Geheimakte Tunguska" oder dem ebenfalls hervorragenden "Black Mirror 2" besser beraten - nicht zuletzt da jene Titel längst zum kleinen Preis erhältlich sind.

Grafik: 84%
Sound: 91%
Steuerung: 93%
Rätsel: 82%
Atmosphäre: 78%
Gesamtwertung: 80%



Freitag, 13. August 2010
Spieletest "Black Mirror II"
Die Cranberry Production Studios hatten es nicht leicht. Nachdem Future Games im Jahre 2004 mit dem ersten Teil von Black Mirror sozusagen im Alleingang dem totgeglaubten Genre der Adventures neues Leben eingehaucht haben, wollte man mit einem neuen Entwickler an diesen Erfolg anknüpfen. Das Vorhaben ist zu weiten Teilen gelungen, hat jedoch auch mit Schwächen zu Kämpfen. Aber worum geht es denn nun?

Story
Black Mirror 2 beginnt im überschaubaren kleinen Küstenstädtchen Biddeford, im US-Staat Maine, Neu England. Der junge Student Darren Michaels ist in seinen Semesterferien zu seiner Mutter zurückgekehrt, welche ihm einen Job im örtlichen Fotoladen verschafft hat, um dort seine leeren Taschen mit etwas Geld zu füllen. Dass ihm das nur bedingt gefällt, liegt schon nach wenigen Spielminuten auf der Hand: in dem langweiligen Kaff gibt es nicht viel zu tun und sein Chef ist ein unfreundlicher, glatzköpfiger Fettsack, der Darren seichte Botenaufträge erteilt anstatt ihm das Handwerk eines Fotografen beizubringen. Und diese Botengänge sind es auch, die dem Spieler in erster Hand das Städtchen sowie NPCs und die ersten Rätsel näherbringen. Alles geht seinen langweilig-trüben Lauf, bis Darren auf die hübsche Geschichtsstudentin Angelina trifft. Nicht nur ist die junge Dame äusserst adrett, sie scheint sich auch noch sehr für ihn zu interessieren, macht ihm schöne Augen und bringt ihn somit das ein oder andere Mal in Verlegenheit oder gar unliebsame Situationen. Bald schon stellt sich heraus, dass Darrens Mutter nicht in den USA geboren wurde, sondern eigentlich aus England stammt. England? Klingelt da nicht irgendwas? Richtig: scheinbar hat Mutter Michaels Verbindungen zu dem Ort Black Mirror, ein Name den Darren noch nie zuvor gehört hat und ihm entgegen zum Spieler völlig unbekannt ist. Fortan beginnt der Student damit, sich über Willow Creek mitsamt dem Schloss Black Mirror schlau machen und seine Nachforschungen bringen ihn sogar soweit, Biddeford zu verlassen - bis er schlussendlich vor dem schweren Eisentor eines uralten Gemäuers steht... Bis man soweit ist, ist jedoch schon viel passiert und so manche Frage drängt sich auf: warum gerade Black Mirror? Wer ist diese Angelina? Was hat es mit der Familie Gordon auf sich? Und warum erscheint in dem langweiligen Biddeford doch nicht alles so ganz koscher?

Diese Dinge wird der Spieler im Verlauf der ca. 12 Stunden andauernden Geschichte herausfinden und dabei auch die eine oder andere überraschende Wendung erfahren. An Spannung fehlt es dem Mysteryadventure sicherlich nicht und von Anfang an nimmt einen das Spiel in seinen Bann, sofern man sich auch darauf einlässt alles zu erkunden und jedes Gespräch sorgsam mitzuverfolgen. Entwarnung darf jedoch auch gegeben werden: Vorkenntnisse des ersten Teils sind für Black Mirror 2 nicht nötig, das Spiel funktioniert auch alleine sehr gut. Jedoch werden Kenner mit einigen bekannten Szenen, Charakteren und Geschichten konfrontiert, welche offenstehende Fragen beantworten und für manche "Aha!"-Effekte sorgen.

Gameplay
Black Mirror 2 gibt sich von vorne weg als klassisches Adventure der alten Schule. Wer bereits den Vorgänger oder andere Genrebeispiele genossen hat, fühlt sich sofort heimisch. Das Inventar wird auf Wunsch am unteren Bildrand eingeblendet, in der rechten oberen Ecke finden sich Spielmenü sowie Darrens Tagebuch. Letzteres ist eine Art Gedankenstütze für den Spieler, da alle anfallenden Aufgaben akribisch notiert und nach Erledigung durchgestrichen werden. Auf diese Weise verliert man nie den Überblick darüber was eigentlich zu tun ist, und kann sich auf Wunsch sogar mit Hinweisen und Lösungshilfen bedienen lassen. Wer dieser Versuchung ganz widerstehen möchte, darf das Feature aber auch per Optionsmenü ausschalten - sehr vorbildlich. Selbstverständlich fehlt auch die optionale Hotspotanzeige nicht, welche auf Knopfdruck alle interaktiven Objekte und Ausgänge sichtbar macht. Darren bewegt sich genau wie die Helden anderer Adventures per einfachem Mausklick durch die gerenderten 2D Hintergründe. Ist ein Objekt etwas weiter entfernt, legt er einen kurzen Spurt hin um schneller am Ziel zu sein, ansonsten lässt er sich gerne ein wenig Zeit und schlendert ohne Hast zur gewünschten Stelle. Szenenausgänge lassen sich bequem per Doppelklick abkürzen und auch einzelne Dialogzeilen können übersprungen werden sobald man sie gelesen hat. Somit werden auch ungedulgige Spieler nicht vergessen, die sich einzig und allein den Rätseln widmen wollen. Diese wiederum sind zum Grossteil ausgesprochen gut gelungen und setzen sich aus klassischen Inventar- und Objekträtseln zusammen. So gilt es zumeist, Gegenstände einzusammeln, miteinander zu Kombinieren und/oder in der Spielwelt einzusetzen. Aufgaben die sich nur durch das Führen eines Gesprächs erledigen lassen, wurden kaum eingebaut, hingegen trifft man auf das ein oder andere Schiebe- und Schalterpuzzle. Da werden zerrissene Briefe zusammengesetzt, ein chaotisches Schiebebild wird zu einer Kirche oder Schalter wollen in der richtigen Reihenfolge gedrückt werden um beispielsweise Türen zu öffnen. Wer sich mit dieser Art von Knobelei nicht anfreunden kann, darf das nervige Herumprobieren nach einigen Versuchen aber auch per Knopfdruck abbrechen und das Rätsel wird vom Spiel selbständig gelöst. Dies ist zwar sehr angenehm, bringt aber leider den Nachteil, dass diese Aufgaben nicht in der Bonussektion landen - dort finden sich nämlich nebst Screenshots und Artworks auch besagte Puzzles welche man erneut lösen darf, sofern man sie im Laufe des Spiels auf eigene Faust erledigt hat.

Mit all den zuschaltbaren Lösungshilfen gestaltet sich Black Mirror 2 sehr fair und zu keiner Zeit zu schwer. Somit kommen Neulinge voll auf ihre Kosten, aber auch Fortgeschrittene werden immer wieder gefordert, sofern sie nicht auf die Hilfen zugreifen wollen. Frustrierend ist das Adventure also nie, sogar falls Darren durch einen unglücklichen Zufall das zeitliche Segnet. Das Spiel legt nämlich vor solchen Situationen einen automatischen Speicherstand an und man darf sich ohne Umschweife noch einmal an besagter Stelle versuchen. Im Grossen und Ganzen darf man den Entwicklern also zu ihrem Rätseldesign gratulieren, da sie einen perfekten Spagat hingelegt haben.

Grafik
Rein optisch hat sich das Spiel im Vergleich zum Vorgänger um einiges weiterentwickelt. Die noch immer in 2D gerenderten Hintergründe strotzen nur so vor Details sowie stimmiger Beleuchtung, sie sind nur leider zuweilen etwas statisch. Zwar ist der prasselnde Regen gekonnt in Szene gesetzt, aber ansonsten gibt es nur wenig animierte Objekte zu beobachten. Die wehenden Bäume im Wind, ein paar durchs Bild flatternde Vögel oder in den Angeln quietschende Aushängeschilder in Willow Creek sind Beispiele hierfür, leiden jedoch alle unter dem selben Manko: sie verwischen unscharf und ihre Animationen sehen ein wenig abgehackt aus. Stellt sich die Frage, ob die Entwickler dabei überfordert waren - letztendlich aber wirken sie leider etwas aufgesetzt und wollen sich nicht so recht in die ansonsten wunderschönen Hintergründe einfügen. Das Dörfchen Willow Creek wurde beispielsweise um einige Gebäude erweitert, Biddeford erstrahlt im Licht der tiefen Herbstsonne und das Schloss Black Mirror hat dank unbändigem Gewitter mitsamt Blitz und Donner nie besser ausgesehen, weder von innen noch von aussen. Vor diesen meist beeindruckenden Hintergründen bewegen sich komplett animierte 3D Figuren, welchen dank aufwändigem Motion Capturing einiges an Leben eingehaucht wurde. Wenn Darren vor einem umstürzenden Bretterhaufen in Sicherheit springt, wirkt das durchaus realistisch und auch die Gestik und Mimik in den Gesprächen überzeugt beinahe vollends. Einzig an der Lippensynchronität und an Darrens Laufanimation hätten die Entwickler noch ein wenig feilen dürfen, diese sieht zuweilen eher unfreiwillig komisch aus, auch wenn man sich sichtlich viel Mühe gegeben hat.

Sound
In Punkto Akkustik trumpft Black Mirror 2 so richtig auf. Wie bereits der Vorgänger bewiesen hat, lebt ein Adventure in erster Linie auch von gut vertonten Dialogen und hier liegt die wahre Stärke des Spiels. Man konnte erneut viele bekannte Sprecher aus Film und Fernsehen verpflichten, die sich mit viel Hingabe den einzelnen Dialogzeilen widmeten, was man auch bei jedem Satz erneut zu hören kriegt. Selten zuvor wurde in einem Adventure auf einem solch hohen Niveau gesprochen - jede Betonung, jeder Satz, jedes einzelne Wort klingt sehr professionell und es ist eine wahre Freude den vielen Gesprächen zu lauschen welche das Spiel zu bieten hat. Die musikalische Untermalung steht dem in keiner Weise nach. Dezent werden ruhige sowie dramatische Kompositionen eingesetzt um die einzelnen Szenen perfekt zu untermalen. Nie wird man mit unpassender oder aufgesetzt wirkender Musik gequält oder aus dem Spiel gerissen - Grafik und Sound geben sich hier die Klinke in die Hand und vermischen sich zu einem atmosphärischen Ganzen.

Pro
- Detailliert gerenderte Hintergründe
- toll ausgearbeitete Charaktere
- Hervorragende Vertonung
- gelungene Kombinationsrätsel
- zuschaltbare, optionale Lösungshilfen
- Tagebuchfunktion
- spannende, gut inszenierte Story
- Spieldauer von 12-15 Stunden

Contra
- sehr viele Schiebe- und Schalterrätsel
- Auflösung der Geschichte zu konventionell
- sehr statische Spielwelt

Fazit
Black Mirror 2 zu spielen war nicht immer leicht. Der geniale Vorgänger hat viele Erwartungen geschürt, die zum Grossteil erfüllt werden konnten, in manchen Punkten jedoch möglicherweise zu hoch waren. Darren passt als Hauptcharakter ziemlich gut in die Story und ist ein typischer junger Mann anfangs 20: launisch, rebellisch und gern auch mal frech oder obszön. Das gefällt sicherlich nicht jedem, ich für meinen Teil fand diese Art des Helden sympathisch und erfrischend anders. Durch die Bank weg überzeugt haben mich die Dialoge und auch die klassischen Rätsel habe ich mit Freude gelöst. Lediglich mit den sehr häufig auftretenden Schiebe- und Schalterpuzzles konnte ich mich nicht so recht anfreunden, was aber dank der zuschaltbaren Hilfe ansich kein Problem darstellte. Letztendlich hat mir Black Mirror 2 dank der Dialoge, Charaktere, Schauplätze und fairen Rätsel sehr gut gefallen und auch die sehr gelungene Atmosphäre hat ihren Teil dazu beigetragen, den Kauf nicht zu bereuen. Die Spannend erzählte Geschichte konnte mich von Anfang an in ihren Bann ziehen und hat mich bis zum Finale nicht mehr losgelassen - welches leider jedoch ein wenig zu aprupt, zu spannungsarm und zu konventionell ausfiel. Diese Kritik musste sich aber schon der ebenfalls sehr gute Vorgänger gefallen lassen und wer sich damit anfreunden kann, erlebt ein sehr gut inszeniertes Mysteryadventure mit vielen überraschenden Wendungen, guten Rätseln, tollen Charakteren und nur sehr wenigen Schwächen. Wenn also ein spannendes und faires Spielerlebnis im Vordergrund steht, ist Black Mirror 2 sicherlich eine gute Wahl und darf ruhigen Gewissens unter dem Weihnachtsbaum landen.

Grafik: 88%
Sound: 92%
Steuerung: 90%
Rätsel: 86%
Atmosphäre: 90%
Gesamtwertung: 88%



Spieletest "The Whispered World"
Es kam wie es kommen musste: nachdem Daedalic Entertainment bereits im letzten Jahr mit ihrem Erstlingswerk Edna bricht aus ein Überraschungshit gelang, konnte ein weiteres Spiel natürlich nicht allzu lange auf sich warten lassen. Und dieses Jahr bereits hatte unser kurzes Warten ein Ende. The Whispered World erklomm die Regale der Händler und wollte erneut die Herzen der rätselnden Gemeinde für sich gewinnen. Ob und wie dem Team dieser Streich erneut gelang, lest ihr in den folgenden Zeilen.

Es war einmal...
ein Junge namens Sadwick. In eine Zirkusfamilie hineingeboren, wurde ihm bereits in jungen Jahren der Beruf eines Clowns auferlegt - gegen seinen Willen natürlich. Fortan zog er mit seinem Opa und Ben, seinem Bruder, durch die Lande und erfreute das nicht immer zahlreiche Publikum mit seinen Spässen. Eines Nachts aber widerfuhr dem Clown in einem Traum eine Vision: eine grosse blaue Kugel erschien und prophezeihte ihm, dass gerade er den Untergang der Welt herbeiführen würde. Durch all das was ihm bereits zugestossen war, minderte sich auch Sadwicks Laune bis aus dem einst normalen Jungen ein trauriger, melancholischer Clown ohne Lebenswillen wurde. Vom Entschluss gefasst sich seinem Schicksal zu stellen, zog er fort von seiner Familie und dem Zirkusleben, um das Ende der Welt vielleicht doch noch abwenden zu können. Mit dabei an seiner Seite war wie immer sein einziger Freund: die stets quietschvergnügte Raupe Spot.

The Whispered World führt den Spieler durch eine Fantasywelt wie er sie selten zuvor erleben durfte. Im Lande rund um das Schloss Corona ist nichts so wie man es von irgendwo her kennt. Sadwick trifft auf feige Botenjungen, sprechende Steine, die furchterregenden Asgil und macht sogar Bekanntschaft mit einem rätselhaften Mönch. Die in 4 Kapiteln erzählte Geschichte birgt natürlich allerhand Rätsel, wie es sich für ein richtiges Adventure gehört. Und dies führt uns auch schon zum

Gameplay
Wie bereits erwähnt ist Sadwick alles andere als eine Frohnatur und somit auch nicht leichten Fusses in der geflüsterten Welt unterwegs. Während sich Szenenwechsel ganz einfach per Doppelklick abkürzen lassen, bedarf es manchmal schon ein klein wenig Geduld, bis der kleine Clown sich in den scrollenden Bildschirmen von der einen zur anderen Seite bewegt hat. TWW ist somit wie so manches Adventure kein Spiel für solche die es eilig haben. Hier ist Gemächlichkeit eher an der Tagesordnung, denn auch nie gilt es, ein Rätsel unter Zeitdruck zu lösen. Diese sind ganz im Tradition des Genres bis auf wenige Ausnahmen sehr klassisch gehalten: sammle jeden möglichen Gegenstand auf und versuche ihn mit anderen Objekten aus dem Inventar oder der Spielwelt zu verbinden. Knobeleien die sich nur durch Dialoge lösen lassen, sind beispielsweise nicht vorhanden. Hier ist in erster Linie das Denkvermögen des Spielers gefragt und oftmals wird sogar erfordert, dass man die Lösung nur errät, indem man um eine oder mehrere Ecken herum denkt. Um es kurz zu machen: TWW ist beileibe kein Spiel für Neulinge. Viele Rätsel sind zwar mit purer Logik zu lösen, aber andere wiederum benötigen ein geschultes Abenteurerhändchen welches sich schon an Klassikern wie der Monkey Island-Serie üben durfte. Glücklicherweise verzichteten die Entwickler darauf, irgendwelche Schranken der Marke Runaway einzubauen, wo sich manche Gegenstände erst dann mitnehmen liessen, wenn man bereits ein bestimmtes Rätsel gelöst oder einen vorgesehen Dialog geführt hat. Sadwick darf von Anfang an alles einpacken was er findet und für nützlich empfindet. Als nützlicher Sidekick im Spiel erweist sich immer wieder Spot. Im Laufe des Spiels kann die kleine Raupe 5 verschiedene Formen annehmen und sich auf diese Weise z.B. in eine kriechende Fackel verwandeln um Objekte in Brand zu setzen. Wer also einmal partout nicht weiter weiss, ist gut damit beraten, den kleinen Helfer einfach mal für alles mögliche einsetzen zu wollen - lustiger Kommentare seitens Sadwick inklusive. Auf diese Weise arbeitet sich der Spieler von Kapitel zu Kapitel vor und wird immer wieder vor ziemlich harte Kopfnüsse gestellt. Oftmals bleibt uns aber die Wahl in welcher Reihenfolge wir die Aufgaben anpacken wollen, da es immer mehrere Dinge parallel zu erledigen gibt. Gegen Ende des Spiels jedoch haben es die Entwickler entweder etwas übertrieben, oder ihnen sind die Ideen ausgegangen. Hier legt der Schwierigkeitsgrad mit einem nervenaufreibenden Schieberätsel nochmals um einiges zu - wer da nicht an den Rand der Verzweiflung getrieben wird, muss wohl ein wirklich geübter Meister sein! Alles in allem bleiben die Knobeleien aber trotzdem sehr fair und sind mit genügend Geduld und Köpfchen für jedermann lösbar.

Zur Steuerung indes gibt es nicht viel zu sagen, da sie beinahe 1:1 vom Klassiker The Curse of Monkey Island übernommen wurde. Per Druck auf die Leertaste lässt sich die beliebte Hotspotanzeige aufrufen und wer mit gedrückter Maustaste 1-2 Sekunden auf einem Gegenstand verweilt, erhält ein klassisches Menü mit den Optionen "betrachten", "nehmen" und "sprechen", wobei letztere natürlich auch des öfteren für andere Aktionen eingesetzt werden. Szenenwechsel per Doppelklick sind mittlerweile im Genre genau so üblich wie ein Abbrechen einzelner Sätze per einfachem Tastendruck. Wer also lieber liest anstatt den Sprechern zuhört, dem sind hier keine Stolpersteine in den Weg gelegt.

Sound
Wo wir gerade bei den Sprechern sind: keiner der im Handbuch aufgeführten Namen kam mir in irgend einer Weise bekannt vor und doch macht ausnahmslos jeder seine Sache vortrefflich. Dialoge erscheinen zu keiner Zeit abgelesen, sondern überzeugen mit korrekter Betonung sowie einer sehr verständlichen Ausdrucksweise. Nebencharaktere wird man in der geflüsterten Welt nicht viele antreffen, aber jedem wurde mit Hilfe der passenden Stimme noch einiges mehr an Persönlichkeit in die Wiege gelegt. Die Hintergrundmusik weiss ebenso zu überzeugen. Oft lauscht man den traurig-melancholischen Klängen eines Pianos oder einer Oboe und zu keiner Zeit wirkt die Musik aufgesetzt oder gar unpassend. Die Stimmung der Welt wird wundervoll untermalt und erzeugt so mit der gelungenen sowie eigenen Optik eine Atmosphäre wie sie nur wenige Adventures bieten können. Als einziges Manko muss man hier anmerken, dass einige Tracks etwas kurz geraten sind und sie somit immer wieder von vorne beginnen, während man noch über die Lösung eines Rätsels nachdenkt.

Grafik
Bei der Optik von TWW fällt es mir sehr schwer, nicht ins Schwärmen zu geraten. Schon so oft wurde ich von Titeln wie Geheimakte Tunguska oder The Book of Unwritten Tales mit detailliert animierten Hintergründen und hübsch texturierten Charakteren verwöhnt. Aber noch nie zuvor bot ein Spiel eine solche Farbenpracht wie Daedalics neuester Streich. Jede einzelne Szenerie wurde in mühsamer Handarbeit gezeichnet und coloriert und bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Jeder einzelne Stein einer Burgmauer ist zu erkennen, wie auch Grashalme oder Blätter eines Baumes. Hinzu kommt die einzigartige Stimmung die durch die Lichtverhältnisse erzeugt wird, etwa wenn im zweiten Kapitel des Nachts die Wege nur durch Kerzen erleuchtet werden und der Mond fahl am Himmel steht und die Wolken in ein sanftes Licht taucht. Die Paralellen zu The Curse of Monkey Island sind teilweise nicht von der Hand zu weisen und doch hat jeder Bildschirm seinen eigenen Stil. Was hier geboten wird ist absolute Spitzenklasse und ganz klar die neue Referenz der Adventures im Comiclook. Nicht ganz so detailliert sind leider die verschiedenen Animationen der Charaktere. Hier ist alles ein wenig minimalistischer, ohne jedoch als unpassend oder störend zu erscheinen. Im Gesamtbild ist und bleibt alles stets stimmig und wunderschön.

In diesem Punkt möchte ich nochmals auf einzelne Dinge eingehen, welche TWW so besonders machen. Wie schon erwähnt, lebt die geflüsterte Welt inklusive Sadwick von ihrem traurig-melancholischen Grundton. Hier merkt man an jeder Ecke dass diese einstmals schöne Fantasywelt ihrem Ende entgegenschaut. Und doch schwingt in jeder Dialogzeile jede Menge Humor mit. Seien es die doch sehr skurrilen Charaktere oder die teilweise hochgradig absurden sowie amüsanten Rätsel - es gibt sehr viel zu lachen in diesem Spiel. Meistens zeichnet sich die kleine Raupe Spot dafür verantwortlich, die mit ihrer guten Miene zum bösen Spiel stets alles ins lustige kehrt. Die Animationen des Sidekicks sind so knuffig geraten, dass man nicht drum herum kommt dieses Tierchen sofort in sein Herz zu schliessen. Und egal ob Sadwick sich mal wieder über seinen Freund lustig macht oder ihn beim Lösen der Rätsel quält; er ist stets gut gelaunt und folgt seinem Herrchen auf Schritt und tritt. Die Beziehung der beiden ist so was wie der Mittelpunkt des Spiels und im gesamten betrachtet etwas vom wundervollsten was ich je in einem Spiel erleben durfte. Dadurch weckt TWW allerlei Emotionen und wird zu etwas ganz besonderem. Hinzu kommt der einzigartige Kopierschutz, der in einer solchen Form zuletzt in Klassikern von LucasArts seine Verwendung fand: in der Packung befindet sich nebst der DVD und einem ausführlichen Handbuch nämlich auch ein Wendeposter mit einem Würfelspiel auf der Rückseite. Und diese drei Spielwürfel stellen mit ihrem Symbolen die erste Hürde beim Eintritt in die geflüsterte Welt dar. Nur wer die Symbole korrekt einstellt gelangt ins Hauptmenü - und dies bei jedem Spielstart. Dies kann auf Dauer etwas nervig werden, wenn man immer nur für kurze Zeit spielen möchte. Zudem möchte ich nicht wissen was passiert, wenn einer der Würfel einmal verloren gehen sollte. Doch glücklicherweise sind sie gross genug um nicht versehentlich vom Staubsauger gefressen zu werden.


Pro
- Wunderschöne Welt mit einzigartiger Atmosphäre
- Sidekick Spot
- Ungewöhnliche Geschichte mit noch ungewöhnlicherem Ende
- fordernde sowie absurde Rätsel
- Spieldauer (12-15 Stunden)
- tolle Bonussektion am Ende des Spiels
- Skurrile Charaktere...


Contra
- von denen es leider nicht sehr viele gibt
- Schieberätsel im letzten Kapitel
- mit der Zeit nerviger Kopierschutz

Fazit
The Whispered World macht genau das, was andere Spiele so oft versuchen und dabei kläglich scheitern: es erzählt eine wundervolle sowie spannende Geschichte und weckt dabei sogar Emotionen, von denen viele Spieler vielleicht nicht einmal wussten, dass sie sie überhaupt besitzen. Ich sass sehr oft laut lachend vor dem Monitor, hab mir das Hirn zermartert und hatte jedes mal fast ein wenig Mitleid, wenn Spot wieder zu einer quälenden Aktion gezwungen wurde - und musste im nächsten Augenblick erneut lachen, wenn Spot alles mit seinem unerschütterlichen Grinsen hinnimmt. Sadwick und Spot sind für mich das Adventurepäärchen des Jahrhunderts und weit vor Nina und Max (Geheimakte) oder dem Trio aus The Book of Unwritten Tales. Wie sehr hoffe ich auf einen Nachfolger... aber angesichts des Endes der Geschichte ist dies leider nicht zu erwarten. Dennoch bleibt The Whispered World ein Spiel welches man sich als Adventureliebhaber keinesfalls entgehen lassen darf!

Grafik: 91%
Sound: 89%
Steuerung: 90%
Rätsel: 89%
Atmosphäre: 93%
Gesamtwertung: 91%