Donnerstag, 30. Mai 2013
"Django Unchained" Blu-Ray Review



Der Name Quentin Tarantino steht seit nunmehr 25 Jahren und mittlerweile 9 Filmen für brutales, kontroverses und kaum katalogisierbares Kino. Jeder Film des Südstaatlers bediente stets mehrere Genres und vor allem seine ersten Werke konnten sich dank komplexem, unüberschaubarem Storytelling nie im grossen Mainstream ansiedeln. Erst später wurden auch “Pulp Fiction“ und “Reservoir Dogs“ zum Kult, nachdem sich selbst der letzte Kunstverweigerer vom Handwerk des Regisseurs überzeugt hatte. Doch die Gemeinsamkeiten dieser ersten Filme verloren sich schon bald im Nichts und seine späteren Werke passten sich immer mehr dem allgemeinen Geschmack an und verzichteten auf die Vielschichtigkeit, wie man sie eigentlich erwarten würde. Film Nr. 9 hört nun auf den Namen “Django Unchained“ und gibt sich in erster Linie als Western, der aber gerade für Tarantino-Verhältnisse zu geradlinig auftritt. Abgesehen von vereinzelten Flashbacks zieht sich die Story konventionell von A nach B und umschifft dabei grundsätzlich vieles davon, was die Werke des Regisseurs bislang ausgemacht haben. Und trotzdem – oder gerade deswegen – wurde “Django Unchained“ mit Abstand zum erfolgreichsten Tarantino-Film und erhielt neben 2 Oscars auch noch zahlreiche weitere Preise und Nominierungen. Aber sind diese Lorbeeren tatsächlich verdient oder war die Konkurrenz 2012 einfach zu schwach?


Story
Den namensgebenden Django (Jamie Foxx) lernen wir als Sklaven kennen, wie er angekettet an einige Leidensgenossen mitten durch die Prärie geschleift wird, auch in der eisigen Kälte der Nacht. So staunt der Afroamerikaner nicht schlecht, als der Tross durch einen entgegenkommenden Wagen aufgehalten wird, dessen Kutscher derart geschwollen daher redet, dass ihn die Cowboys kaum verstehen. Der Retter in der Not entpuppt sich als Dr. King Schultz (Christoph Waltz), ehemaliger Zahnarzt und Kopfgeldjäger, der Django für seine eigenen Zwecke freikaufen will. Der Steckbrief in der Tasche führt ihn zu einer Bande, die zufälligerweise auf Djangos Plantage beschäftigt und für sein Auspeitschen sowie den Verkauf seiner Frau verantwortlich waren. Da Django also weiss wie die drei Brüder aussehen, kann nur er dem guten King Schultz bei seiner Mission helfen und soll als Gegenleistung 75 Dollar und seine Freiheit erhalten.
Bei einer Unterhaltung erfährt Schultz, dass Djangos Frau auf den Namen Broonhilde hört, was ihn natürlich gleich an sein Heimatland und die Legende von Siegfried erinnert. Fortan fühlt sich der quirlig-sympathische Kopfgeldjäger für seinen Schützling verantwortlich und will ihm bei der Suche nach dessen Frau helfen, die scheinbar ihr Leben als Sklavin auf dem Hof eines reichen industriellen fristet. Das ungleiche Gespann macht sich mitsamt ausgeklügeltem Plan auf zur Ranch um Broonhilde zu befreien und dabei jede Menge Leichen zu hinterlassen.


-> Trailer bei Youtube



Im Einleitungsabschnitt schon abgesprochen, dürfte spätestens nach Zusammenfassung der Story klar sein, dass auch bei Quentin Tarantino der Mainstream Einzug gehalten hat. Die Geschichte verfügt bereits von Haus aus über zu wenig Potential und überzeugt weder mit einem Gros an Spannung noch mit sonderlich viel Kreativität. Der Ursprung der überschwänglich guten Kritiken muss also wo anders liegen: bei den Charakteren. Bereits zum zweiten mal innert 3 Jahren hat sich Tarantino den Österreicher Christoph Waltz ins Boot geholt, der auch hier auf seine grosse Stärke der Wortgewandtheit setzt. Seine geschwollene Redensart zusammen mit der unnachahmlichen Mimik und Gestik verleiht seinem Charakter das gewisse Etwas, was diesen Film in seinen ersten 60 Minuten so grossartig macht. Seine Performance stellt dann auch alles andere in den Schatten, insbesondere Jamie Foxx, der sich erneut nicht als grosser Charakterdarsteller etablieren kann. Während man Waltz sein Spiel als verrückter Ex-Zahnarzt abnimmt, der nun Geld für Leichen einkassiert, kauft man Foxx den gepeinigten, rebellierten Sklaven nicht so richtig ab. Es mag auch am Script liegen, aber seine Darstellung ragt kaum über den Durchschnitt hinaus. Dies gilt glücklicherweise nicht für Leonardo DiCaprio und Samuel L. Jackson, die beide in eher ungewohnten Nebenrollen zu sehen sind, die sie in einer solchen Form noch selten zuvor verkörpert haben.

Grundsätzlich ist es eine wahre Freude, den Protagonisten zuzusehen (und zu hören), das täuscht allerdings nicht über die relativ schwache Story und den Umstand hinweg, dass sich “Django Unchained“ nach gut der Hälfte der 165 Minuten zu ziehen beginnt. Nach einem fulminanten Einstieg inklusive Schiesseinlagen und sehr viel schwarzem Humor, folgt ein äusserst dialoglastiger Mittelteil, der sich bis ins Schlussdrittel hinzieht. Hier hat Tarantino erfolglos versucht, den Fokus vermehrt auf die Geschichte und ihre Charaktere zu legen, was aber insofern misslingt, als dass erstere zu wenig hergibt und letztere leider zu eindimensional bleiben um auch in den ausufernden Gesprächen noch wirklich interessant zu sein. So ist es hier nur noch dem grösstenteils hervorragenden Acting zu verdanken, dass man das schleichende Geschehen trotzdem noch gerne verfolgt, bis man zuletzt bei einem Ende angelangt, welches man entweder als grandios bezeichnet, oder aber als eines der dümmsten der letzten paar Filmjahre.


Bild
Wie es sich für einen richtigen Western gehört, präsentiert sich das Bild von “Django Unchained“ als trostlos, dreckig, staubig und braun. Allerdings darf dies durchaus als Kompliment betrachtet werden, denn nur so wird der wilde Westen auch ordnungsgemäss ins Wohnzimmer transportiert.
Die Farbpalette zeigt sich zwar ziemlich einseitig, aber dennoch kräftig und satt und weiss dank den ausgewogenen Kontrasten sogar in dunklen Bereichen mit einer Vielzahl an Details zu gefallen. In hellen Szenen allerdings legt man hier noch eine deutliche Schippe drauf und füllt den Bildschirm mit allem, was moderne HD-Kameras so hergeben. Egal ob Hautporen, feinste Haarsträhnen der Pferde oder der obligatorische Wüstensand – Details finden sich an jeder Stelle wo sie hingehören und sorgen auch aufgrund der hohen Bildschärfe für ein überdurchschnittlich gutes Bild. Zu einer Höchstwertung reicht es leider aufgrund der mangelnden Plastizität nicht, aber auch die selten zu findenden weicher fokussierten Shots stören das Gesamtbild nicht merklich.

-> 8/10 Bildpunkte


Sound
Die auf der Disc enthaltene DTS-HD Spur überzeugt durch enorm voluminöse Musik und eine glasklare Dialogwiedergabe, die lediglich an der (gewollt) genuschelten Vertonung krankt. Nicht alle Protagonisten sind stets verständlich, auch wenn das Balancing und die allgemeine Lautstärke der Gespräche grundsätzlich sehr gut sind. Das gilt auch für die knalligen Effekte, die besonders in den actiongeladenen Momenten beinahe ohrenbetäubend zur Geltung kommen und für ein sehr dynamisches Klangbild sorgen, welches sich rund um das Sofa aufbaut.
Leider flacht dieses Surround-Feeling in den ruhigeren Momenten schnell ab, da Tarantino hier nur spärlich auf atmosphärische Umgebungseffekte setzt. Dass aber selbst die Prärie in dieser Hinsicht mehr zu hören hergibt, beweist beispielsweise “Todeszug nach Yuma“ überaus eindrücklich.
Nicht jedermanns Geschmack wird erneut die für Tarantino typische Musikauswahl treffen. Nebst durchaus passendem Johnny Cash und Konsorten wurde die eine oder andere Szene auch mit modernem Hip-Hop unterlegt, was nicht so recht ins Gesamtbild passen will. Es wirkt zwar selten derart deplatziert wie beim kürzlich erschienenen “The man with the iron fists“, nimmt dem Film aber immer wieder ein gutes Stück Western-Atmosphäre.

-> 7.5/10 Soundpunkte


Fazit
Es ist nicht nur die Anpassung an den breiten Strom die aus “Django Unchained“ wenig mehr machen als knapp überdurchschnittliche Filmkost. Dass die Geschichte ohne Umschweife von A nach B erzählt wird und dabei auf sämtliche Überraschungen verzichtet, ist nicht das Hauptproblem – sondern die Laufzeit von satten 165 Minuten. Wer so viel Zeit füllen will, sollte zumindest sehr interessante Charaktere zur Hand haben, wenn schon die Story nicht allzu viel her gibt. Und auch wenn das Acting von Waltz, DiCaprio und Jackson über jeden Zweifel erhaben ist, so bleiben ihre dargestellten Personen zu eindimensional und vorhersehbar. Diese Mankos machen sich insbesondere im Mittelteil des Films bemerkbar, wenn sowohl Story wie auch Charakterentwicklung vor sich hin plätschern, ohne dass wirklich etwas passiert. Zwar wirft Tarantino immer wieder einige Schmunzler mit rein, aber viel mehr ist da nicht. Das ist umso tragischer, da sich der Einstieg als herrlich abgedreht-komödiantischer Western gestaltet, der auf ganzer Linie überzeugen und unterhalten kann. Doch schnell wird klar, dass der Film selber nicht so wirklich weiss, was er eigentlich sein will. Wer ein historisch angehauchtes Drama rund um Sklaverei sucht, findet in “Gladiator“ oder “Spartacus“ (der Film, nicht die Serie) eine weitaus bessere Alternative; mit “Todeszug nach Yuma“ einen modernen Western, der “Django“ in jeder Hinsicht überlegen ist; und unzählige weitere Foltermethoden für die Lachmuskeln.
Letztendlich ist “Django Unchained“ weder Fisch noch Vogel – bei weitem kein schlechter Film, aber er übernimmt sich an seinen eigenen Ambitionen.

-> 7/10 Blu-Ray Punkte


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