Samstag, 14. November 2015
"James Bond 007: Spectre" Filmkritik



Worauf freuen sich Bond-Fans am meisten? Richtig, den nächsten Bond-Film!
Wovor haben Bond-Fans am meisten Angst? Richtig, vor dem nächsten Bond-Film!
Es ist ein Fluch mit dem britischen Geheimagenten: egal ob Hauptdarsteller, Regisseur oder Bondgirl: entweder hassen dich alle für deinen Film, oder du wirst dafür gelobt. Und selten hat James Bond dermassen polarisiert wie seit Beginn der Daniel Craig Ära. Nicht nur dass die 007 erstmals blond war, nein, er war auch noch ruppig, brutal, trank Bier und es war ihm schlichtweg egal was irgendwer mit seinem Martini anstellt.
Martin Campbell hatte nach "Goldeneye" mit "Casino Royale" seinen zweiten und auch einen der besten Bonds aller Zeiten abgeliefert. Marc Forster hingegen scheiterte mit seinem Actionfilm "Quantum of Solace" unter Bond-Fans gnadenlos, während Sam Mendes das Ruder wieder herumreissen und mit "Skyfall" nicht nur überzeugen, sondern geradezu begeistern konnte. Nun durfte Mendes mit "Spectre" zum zweiten mal hinter einander auf dem Regiestuhl Platz nehmen und reiht sich damit in einem illustren Kreis ein, der bislang nur wenige Mitglieder hat. Doch was macht Mendes mit diesem Ritterschlag?


Story
Er lässt Bond in einem der besten Prologe der letzten 30 Jahre erst einmal halb Mexico City in Schutt und Asche legen. Die ersten Minuten sind nicht nur mit sehr guter Action ausgestattet, sondern auch mit der grossartigsten Kamerafahrt aller bisherigen Bond-Filme. Nach dem Tod der grossen M ist Bond auf der Suche nach einem Mann namens Sciarra, welchen sie in einer letzten Videobotschaft an ihn erwähnt hatte. Sciarra wiederum führt ihn auf eine weitere Spur nach einem mysteriösen "weissen König" - doch dieser ist nur die Spitze des Eisberges und offenbart, dass hinter all diesen Männern eine weltumspannende Organisation steckt: Spectre.

Während 007 trotz Dienstsuspendierung auf eigene Faust ermittelt, muss sich sein Waffenmeister Q vor M rechtfertigen, welcher sich mit seinem MI6 gerade in einer umspannenden Umstrukturierung befindet: das 00-Programm soll abgeschafft und durch eine weltweit vernetzte Spionageabteilung ersetzt werden. Geheimdienst im neuen Zeitalter. Doch irgendwas an der Sache riecht komisch...


-> Trailer bei Youtube


Daniel Craig wird sich mittlerweile daran gewöhnt haben, dass er mit seiner Darstellung der britischen Geheimagenten die Fanlager spaltet. Doch "Spectre" wird sich ebenfalls gleichzeitig in Rosen gebettet und mit Mistgabeln verfolgt fühlen, denn er polarisiert nicht minder als sein Hauptdarsteller. Dabei liegt es im Auge des Betrachters, welche Aspekte des Films man als positiv oder negativ empfindet.
Ich für meinen Teil empfand die Verknüpfung zu den vorangegangenen 3 Teilen als aufgesetzt und vor allem stark bemüht. Ebenso wollte die eigentliche Story des Films nicht bei mir zünden, was sicherlich auch daran liegt, dass fast alles extrem vorhersehbar ist, nicht nur dank wiederkehrender Charaktere und Elemente. Es fühlte sich nicht "frisch" an, sondern eher wie eine erzwungene Zusammenführung dessen, was man storymässig seit "Casino Royale" präsentiert hatte. Das ist vor allem deswegen unnötig, weil sämtliche Teile für sich abgeschlossene Geschichten boten und kaum Fragen offen liessen. Wieso also nicht etwas völlig neues machen?

Allgemein hätte ich mir von Sam Mendes in seinem zweiten Anlauf mehr Mut gewünscht. Sowohl Charaktere wie auch Schauplätze bleiben austauschbar und bieten kaum neue Gesichtspunkte, geschweige denn bieten sich an um in Erinnerung zu bleiben. Das gilt leider auch für die Actionszenen, welche - abgesehen vom bereits erwähnten, wirklich grossartigen Prolog - richtiggehend zahm daherkommen. Natürlich wird geschossen, diverse Vehikel und Gebäude fliegen in die Luft und auch die obligatorische Verfolgungsjagd kommt nicht zu kurz. Doch wir haben das alles schon besser gesehen - viel besser. Wenn Bond mit einem Flugzeug einen Holzschuppen durchquert, so ist das weitaus weniger spektakulär, überraschend oder amüsant als das Pendant aus "Goldeneye" mit Panzer und Backsteinmauer. Andere Bondtitel bedienten sich ebenfalls der bekannten Elemente, konnten diesen jedoch oftmals auch eigene Facetten hinzufügen - all dies verpasst Mendes hier völlig und beweist zweifellos, dass er es nicht versteht, Action zu inszenieren.


Auch in Sachen Besetzung gab es schon besseres zu berichten: Léa Seydoux möchte als Bondgirl stark und weiblich zugleich sein, schafft den Spagat aber nicht so ganz. Ebenso fehlt ihr die gewisse Eleganz wie sie beispielsweise Eva Green auf die Leinwand brachte. Wrestling Star Dave Bautista gibt im ganzen Film nur ein einziges Wort von sich und lässt sonst lieber die Fäuste sprechen, macht dies auch ganz zufriedenstellend, bleibt jedoch hinter Ikonen wie Beisser oder Oddjob zurück. Ralph Fiennes und Ben Whishaw in ihren Rollen als M und Q dürfen erstmals von mehr Screentime profitieren und schöpfen damit auch aus dem vollen. Gerade der stärkere Fokus auf M tut dem Film gut und beleuchtet einen interessanten Charakter endlich von nahem.
Doch was ist mit Waltz? Wird er den Erwartungen gerecht und darf als einer der ganz grossen Gegenspieler in die Bond-Geschichte eingehen? Ganz klar: nein. Waltz liefert einen klassischen Waltz ab, genau so wie in jedem seiner anderen Filme, die bekannte Mischung aus Genie und Wahnsinn. Das wäre ganz in Ordnung, wenn wir es nicht schon tausend mal gesehen hätten. Doch wer mindestens einen weiteren 007 Titel oder einen Film mit Christoph Waltz gesehen hat, der wird nur schwer von dieser Darbietung zu begeistern sein.


Bild & Ton
Wie bereits erwähnt, schafft es Mendes nicht, die Action richtig in Szene zu setzen. Die Kameraeinstellungen sind schlicht zu wenig spektakulär als dass man das Geschehen gebannt verfolgen würde. Nur der bereits erwähnte Epilog zeigt, dass es der Englänger eigentlich auch anders kann. Dieser steht auch sinnbildlich für die exotischen Schauplätze, mit welchen man in Bond-Filmen normalerweise verwöhnt wird - doch auch hier bleibt "Spectre" ganz klar hinter den Möglichkeiten zurück. Ein Abstecher nach Rom (gähn), ein einziger Kameraschwenk durch Tanger, ein kurzer Ritt durch Obertilliach und viel zu viel London locken niemandem hinter dem Ofen hervor. Gerade in der Kategorie Schauplätze und Kulissen muss ein Bond brillieren - und genau das tut er nicht.

Bildgewaltig eingefangen ist der neue Bond also nicht, aber immerhin macht er akustisch einiges wett. Wenn es laut wird, dann so richtig, während der Score wieder durch diverse Varianten des bekannten Bond-Themes aufgewertet wird. Immerhin in diesem Punkt ist alles beim alten - und das durchaus im positiven Sinne.


Fazit
Sam Mendes wollte mit "Spectre" die losen Enden der 3 vorangegangenen Bond-Filme verknüpfen und etwas grosses, episches daraus spinnen. Das Problem dabei ist nur: es gäbe gar keine losen Enden, würde man sie nicht in genau diesem Film erwähnen. Das wirkt nicht nur arg konstruiert, sondern auch extrem bemüht. Hinzu kommt dass weder die Schauplätze noch der Gegenspieler oder der Showdown wirklich überzeugen kann und so ziemlich hinter allem zurückbleibt was man an Erwartung an einen Bond-Streifen schüren kann.
Viele zogen über "Quantum of Solace" her, weil dieser kein echter Bond, sondern mehr "Bourne" war. Jedoch bot dieser weitaus die besseren Actionszenen als dieser neueste Teil, welcher nebenbei auch nicht mit einer richtig guten Story aufwarten kann. "Spectre" ist von vorne bis hinten unter dem Bond-Durchschnitt und gibt sich dabei lediglich von "The world is not enough" und "Die another day" geschlagen. Sam Mendes zweiter Streich ist für mich nicht nur der schlechteste Teil seit dem Reboot, sondern auch einer der insgesamt mieseren Bond Titel überhaupt. Da verwundert es auch nicht, dass ich persönlich den Vorspann und den dazugehörigen Song als fast so schlecht bezeichne wie das furchtbare Machwerk mit Madonna.

"Spectre" ist für mich die Enttäuschung des Jahres.

-> 5.5/10



"Jurassic World" Blu-Ray Review



Anfangs der 90er erlebten Dinosaurier einen regelrechten Boom - und das nur dank eines Filmes: "Jurassic Park". Der Blockbuster lockte nicht nur abermillionen Menschen in die Kinos, sondern vermarktete sich auch mit Schulheften, Tassen, Bechern, Mousepads und unmengen anderem Mumpitz den eigentlich niemand brauchte und dennoch gekauft wurde. "Jurassic Park" prägte die 90er in etwa so stark wie es 10 Jahre zuvor E.T. tat, es war einmal mehr eine Glanzleistung eines Mannes, der heute bloss noch ein Schatten seiner selbst ist: Steven Spielberg.
Nachdem die erste Fortsetzung des Saurierspektakels unter seiner Fuchtel grösstenteils enttäuschte, übergab er das Szepter für den dritten Teil an jemand anderen und war nur noch als Produzent tätig. So auch beim neuesten Ableger "Jurassic World", dessen Ankündigung im Internet verdammt hohe Wellen schlug. Bald schon schürte man mit Trailern sowie der Bekanntgabe des Cast relativ hohe Erwartungen - und genau das kann einem Film auch schon mal zum Verhängnis werden.


Story
Es ist 14 Jahre her seit die Öffentlichkeit letztmals von der Isla Nublar gehört hatte, seitdem hat sich jedoch so einiges verändert. Aus dem kleinen Park von anno dazumal wurde ein ganzes Freizeitresort mit Einkaufspassage, Restaurants, Streichelzoo und natürlich Dinosauriern.
So begleitet der Zuschauer die beiden Jungs Gray und Zach auf die Insel, wo sie mit ihrer Tante Claire das Wochenende verbringen sollen. Nur denkt Claire nicht im Traum daran ihre Zeit mit Babysitten zu verschwenden, sondern kümmert sich lieber um ihren Park und die neueste Attraktion, den Indominus Rex - eine gewaltige Bestie, die sogar den guten alten T-Rex überragt.
Bevor der neue Saurier jedoch dem Publikum präsentiert wird, soll der Raptorenaufseher und -Trainer Owen Grady das Tier begutachten und seine Einschätzung dazu abgeben, doch weder er noch die Wärmebildkameras können den Dinosaurier finden. Ein Schelm, wer hier an einen möglichen Ausbruch denkt...


-> Trailer bei Youtube


Schon nach den ersten Trailern und Storyfetzen war relativ schnell klar, in welche Richtung sich der Film entwickeln würde. Dass er sich dabei als Huldigung an den Urvater der Serie sieht, verhindert allerdings nicht die Vorhersehbarkeit des ganzen. Es ist schlichtweg unmöglich, nicht vorauszusehen was alles geschehen wird. Dies nimmt dem Film nicht nur einiges an Spannung, sondern auch unmengen an Faszination. Mit Dr. Grant und Dr. Sattler erstmals die Insel zu erkunden war absolut atemberaubend und dieses Gefühl kann auch Jurassic World nicht mehr erwecken. Alles schon mal da gewesen, alles schon mal gesehen. Die wenigen Neuerungen lassen sich an einer Hand abzählen und sind auch nicht das gelbe vom Ei. Gerade in Sachen Story hätte man ruhig mehr Mut zur Eigenständigkeit beweisen dürfen, anstatt mehr oder weniger 1:1 die Vorgänger zu kopieren.


Bild
Wenn man schon durch den Park schlendert um Urechsen zu betrachten, dann sollte man das natürlich auf einem möglichst grossen Schirm tun, damit die monströsen Tiere auch wirklich zur Geltung kommen. Denn trotz der Tatsache, dass man deren digitalen Ursprung auf den ersten Blick erkennt, werden sie immerhin richtig in Szene gesetzt. Kontraste, Bildschärfe und auch Farben sind auf einem sehr hohen Niveau und sorgen für ein absolut harmonisches Gesamtbild, welches kaum wünsche offen lässt. Einzig in Sachen Plastizität hätte man sicherlich mehr erreichen können - auch ohne 3D Effekt.

-> 9/10 Bildpunkte


Sound
Überraschenderweise ist die Tonspur vergleichsweise unspektakulär ausgefallen. Selbstverständlich wird von allen Kanälen Gebrauch gemacht um ein atmosphärisches Klangbild zu erschaffen, doch vieles bleibt einfach zu brav. Gerade die Effekte in den actionreichen Szenen hätten ein gutes Stück mehr Wumms vertragen können um den Subwoofer so richtig ins Schwitzen zu bringen. So reicht es meist nur für eine Aufwärmübung. Was hingegen gefällt ist der Score aus der Feder von Michael Giacchino ("Up", "Ratatouille"). Auch wenn nur wenige seiner Kompositionen im Gedächtnis bleiben werden, so dröhnt es zumindest wunderbar voluminös aus den Boxen.

-> 7.5/10 Soundpunkte


Fazit
"Jurassic World" wollte die selbe Faszination erwecken wie damals sein Urvater "Jurassic Park" - doch gelungen ist das nur ansatzweise. Zwar sind Dinosaurier noch immer coole Protagonisten für einen Kinofilm, allerdings zeigen sie die eine oder andere Abnutzungserscheinung. Genau dies versucht der Film mit seiner Hauptattraktion zu kaschieren - und ruiniert genau mit dieser für mich den ganzen Film. Aus Spoilergründen kann ich nicht näher darauf eingehen, aber der Indominus Rex raubt mir das letzte Bisschen Faszination für diese wundersame Insel. Hinzu kommen bisweilen dämliche, nervige und irrational handelnde Charaktere und fertig ist ein Film, den eigentlich niemand gebraucht hätte. "Jurassic World" hätte Erinnerungen an den ersten Teil wecken sollen und man sollte die Insel und seinen Park nochmals neu erleben. Zumindest eines hat er geschafft, da er mich daran erinnert hat, wie gut ich "Jurassic Park" doch fand - und im selben Augenblick vergleicht man die beiden unweigerlich miteinander und realisert: das war nix, nochmals zurück ins Labor bitte.

-> 6/10 Blu-Ray Punkte


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Freitag, 22. Mai 2015
"Der Babadook" Filmkritik



Das Horrorgenre steckt ganz klar in einer Krise. Reboots und Remakes finden sich an jeder Ecke und selbst wenn man tatsächlich mal auf einen neuen Namen trifft, so prahlt dieser eher selten mit eigenen Ideen, sondern verwurstet lediglich bereits bekanntes Genrematerial zu einem neuen Einheitsbrei den eigentlich niemand so wirklich überzeugt. Glücklicherweise gibt es aber auch noch Filmemacher und Regisseure – oder in diesem Falle Regisseurinnen -, die einen Weg abseits des Mainstream suchen und ihren Streifen mit Ansätzen spicken die im Kino schon seit langem keine Verwendung mehr fanden. Drahtzieherin Jennifer Kent stand in Australien schon einige Male selbst vor der Kamera, bis sie mit ihrem ersten Kurzfilm „Monster“ für Aufsehen sorgte. Genau dieser lieferte dann auch die Vorlage für ihren ersten Abendfüller “Der Babadook“.
Von Kritikern nur so mit Lob überschüttet konnte sich der kleine Streifen an den Kinokassen bislang nicht durchsetzen. Ist die Geschichte eher ein Fall für die Heimvideothek, oder aber liegt der Ursprung des mässigen Erfolges gar woanders?


Story
Die Geburt des kleinen Samuel beginnt mit einem Schicksalsschlag, als sein Vater auf dem Weg ins Krankenhaus bei einem Autounfall sein Leben verliert. Alleingelassen und mit der Situation völlig überfordert zieht Amelia ihren Sohn alleine gross und versucht ihr Möglichstes, um dem mittlerweile 6-jährigen ein normales Leben zu bieten. Doch das Leben ohne Vaterfigur gestaltet sich für Samuel ungemein schwierig: er hat so fürchterliche Angst vor Monstern, dass seine Mutter mit ihm jeden Abend im Schrank und unter dem Bett danach Ausschau halten muss und der kleine sich sogar Waffen zur Monsterbekämpfung baut. Das alles wäre nur halb so schlimm, doch spätestens als er seine Waffen mit zur Schule schleppt und bei einer vermeintlichen Monsterjagd seine Mitschüler gefährdet, droht die Situation zu eskalieren.
Eines Abends vor dem Schlafengehen zieht er das Buch vom Mister Babadook aus dem Regal, welches seine Mutter ihm vorlesen soll. Was sich zuerst als einfache Gruselgeschichte entpuppt, wird mit jeder Seite schlimmer und verstörender. Schlimmer noch: Samuel glaubt jedes Wort der Geschichte und ist wie besessen davon überzeugt, dass der Babadook existiert und seine Mutter diesen auf keinen Fall reinlassen soll. Langsam fühlt sich auch Amelia nicht mehr wohl in ihrer Haut. Nächtliche Geräusche, flackernde Glühbirnen, Kakerlaken hinter der Tapete und ein total aufgebrachter Samuel rauben ihr nächtelang den Schlaf und sie droht schon beinahe den Verstand zu verlieren.
Als Samuel später das Buch erneut in den Händen hält, wird klar, dass das Versteck auf dem Schrank wohl nicht das richtige war – und prompt wird das Werk von Amelia in Stücke zerrissen und weggeworfen. Als sie es später zusammengeklebt vor ihrer Haustür wiederfindet, denkt sie erst an einen wahnsinnigen Verfolger. Doch wer hätte es auf sie und Samuel abgesehen? Ist der Babadook etwa aus Fleisch und Blut? Oder spielt sich letztendlich doch alles nur in ihrem Kopf ab?


-> Trailer bei Youtube


VORSICHT! Dieser Abschnitt enthält massive Spoiler, unter anderem zur Analyse der Geschehnisse rund um den titelgebenden Babadook! Wer den Film unvoreingenommen sehen möchte, der überspringt diese Stelle und fährt beim technischen Abschnitt fort.

Wer aufgrund des Trailers von “Der Babadook“ einen weiteren Monsterfilm erwartet, liegt ziemlich weit daneben. Ja, Mister Babadook selbst wird als Monster dargestellt, hat dabei aber herzlich wenige Auftritte. Ab und zu schaut er finster aus den Schatten oder lässt seine Krallen spielen (Freddy Kruger lässt grüssen), sorgt jedoch aber meistens mit seiner Passivität für Unwohlsein. Der Zuschauer merkt dass er im Haus ist, ohne ihn immer zu Gesicht zu kriegen. Und genau hier liegt für manche das Problem des Films: er ist kein Monsterstreifen vom Schlage eines “The Ring“, “The Grudge“ oder ähnlichem. Der Horror spielt sich grösstenteils auf der psychologischen Ebene und somit im Kopf ab – und damit muss man sich abfinden können.
So ist ziemlich bald klar, dass der Babadook nichts anderes ist als die Personifizierung von Amelias Ängsten, gepaart mit Wahnsinn. Wenn sie dazu gezwungen wird den Hund zu töten, dann nur weil sie nervlich komplett am Ende ist und jeder kleine Funke das Pulverfass zur Explosion bringen kann. Ein bellender Hund ist dann also ebensowenig willkommen wie ein quängelnder Samuel, der einige Male angsterfüllt vor seiner Mutter flüchtet. Der Babadook macht also möglich, was sich Amelia insgeheim wünscht. Nicht er ist das eigentliche Monster, sondern sie selbst.


Der Cast hinterlässt einen etwas faden Nachgeschmack. Essie Davis spielt ihre Amelia zwar solide, aber auch mit einem Hauch von Unnatürlichkeit, während Noah Wiseman als Samuel vor allem mit seiner Fähigkeit brilliert, dem Zuschauer gehörig auf die Nerven zu gehen. Ich war mir auch nach dem Abspann nicht sicher, ob es an seinem unausgereiften Schauspiel oder aber am Charakter selbst lag, aber auch ich wollte diesen Jungen bereits nach 5 Filmminuten erwürgen. Ich finde Kinder in Filmen doof – nervende Kinder sind jedoch der absolute Hass.
Dazu trägt letzten Endes aber auch die deutsche Synchro bei, die man gelinde als „mässig gelungen“ bezeichnen kann. Kaum eine der Stimmen passt zum zugewiesenen Charakter und unterstreicht so die Tatsache, dass dem Film wohl nur ein begrenztes Budget zur Verfügung stand.


Bild & Ton
Die Kameraarbeit des Polen Radek Ladczuk geht meist in Ordnung, auch wenn seine Bildsprache kaum neue Akzente setzt. Seine vielen Nahaufnahmen unterstreichen jedoch den allgemeinen Ton des Films – nur sehr selten wird mit Totalen oder etwa ungewöhnlichen Kamerafahrten gearbeitet.
Jennifer Kent hat sich dann auch bewusst für eine ruhige Inszenierung entschieden. Jumpscares, schnelle Schnitte oder gar Actionpassagen finden sich hier nie, was dem Film aber stark zu Gute kommt. Wünschen würde man sich hingegen eine etwas aufregendere Farbgebung: der allgemeine Farbton ist nicht nur düster-bedrückend, sondern regelrecht blass. Das ist zwar insofern passend, dass es die Tatsache unterstreicht, dass sämtliche Farbe und Lebensfreude aus Amelias Leben verschwunden ist, doch wirkt der Film dadurch auch öfters billiger als er eigentlich ist. Die Inszenierung erreicht in keiner Szene Hollywoodniveau und setzt sich nicht nur damit vom gewissen Einheitsbrei ab.

Tonal jedoch gibt es wenig Grund zur Kritik, sieht man einmal von der eher bemüht wirkenden deutschen Synchronisation ab. Knarzende Dielen und Türen sind logischerweise ein alter Hut, werden jedoch schön subtil und passend eingebettet. Dadurch wird eine nette Atmosphäre aufgebaut, auch wenn diese sicherlich noch steigerungsfähig wäre. Der dezente Score hält sich derweil im Hintergrund und tritt nur in Ausnahmefällen in Erscheinung. Das ist zwar nicht schlecht, sorgt jedoch auch dafür, dass man diesem so gut wie keine Beachtung schenkt


Fazit
Nochmals zum mitschreiben: wer ins Kino geht, mit der Erwartung einen Monsterfilm zu sehen, der liegt beim "Babadook" falsch. Natürlich ist das titelgebende Wesen ebenfalls ein Filmmonster und tritt auch ab und an in Erscheinung, doch entgegen aller Erwartungen spielt dieser Film ganz klar mit der Psyche seiner Darsteller wie auch der Zuschauer. Keine Jumpscares, keine Gewaltorgie, keine Toten - und auch keine Teenager. "Der Babadook" ist ein Film für all jene, die sich einen solch ruhigen Streifen regelrecht verdient haben, indem sie sich jahrelang mit durchschnittlicher Kost begnügen mussten. Wäre ein Vergleich angebracht, so wäre möglicherweise "The Shining" ein Kandidat, auch wenn die Richtung nochmals eine etwas andere ist. Doch es ist schwer, Jennifer Kents Erstlingswerk in einen Vergleich zu setzen oder gar ins rechte Licht zu rücken. Man müsste ihn gesehen haben um mitreden zu können.
Doch genau hier liegt die Krux: will man das? Für meinen persönlichen Geschmack war der Film zu langatmig, nicht spannend genug und vor allem alles andere als gruselig. Zweifellos unheimlich, aber nicht wirklich furchteinflössend. Die Nächte danach waren jedenfalls genau so angenehm wie jene davor und gerade diesbezüglich bin ich mir anderes gewohnt.
Sucht man aber nach einem Film dessen Horror einfach anders ist und der sich mit anderen, tiefgründigeren Themen als bloss Blut und Morde auseinandersetzt, dann sind die knapp 94 Minuten sicherlich auch nicht verschwendet.

-> 6/10



Mittwoch, 18. März 2015
"Interstellar" Blu-Ray Review



Christopher Nolan hat sich bereits vor seinen "Batman"-Eskapaden immer mal wieder ein wenig ernsteren und tiefgründigeren Themen gewidmet und schreckte dabei selten davor zurück, nicht immer alles haarklein erklären zu müssen. Anders als beim sonstigen Mainstream-Kino setzt der Brite also oftmals eine gewisse zu grunde liegende Intelligenz seines Zuschauers voraus. Doch noch nie zuvor hat er diese in einem solchen Rahmen beansprucht wie bei "Interstellar". Bereits aus den Trailern wurden nur wenige schlau und kaum einer wusste, welche Art von Film hier auf uns zukommen würde. Irgendwas mit Science-Fiction und Weltraum vor dem Hintergrund einer dramatischen Familiengeschichte. Doch das Endergebnis ist weit mehr als das, was man von solchen Filmen gemeinhin erwartet.


Story
Im späten 21. Jahrhundert droht der Menschheit (einmal mehr) der Untergang aufgrund der sterbenden Erde. Man konzentriert sich in erster Linie darauf, dringend benötigte Nahrungsmittel herzustellen, weshalb gefühlt jeder zweite Schüler zum Farmer ausgebildet wird. Auch Cooper (Matthew McConaughey), der früher Ingenieur und Pilot bei der Nasa war, betreibt seit einigen Jahren seine eigene Farm mit Hektaren an Maisfeldern. Doch aufgrund der ständigen Sandstürme fallen die Ernten immer niedriger aus und die Versorgungsgrundlage der Menschheit wird immer knapper.

Als seine Tochter Murphy eines Morgens ihr Zimmerfenster offen liess, drangen Unmengen an Staubkörnern ein und formten auf dem Fussboden ein Muster in Form eines Binärcodes - Koordinaten, welche Cooper und Murphy zu einer versteckten Einrichtung der Nasa führen. Dort erfährt Cooper vom Plan der Regierung, eine Raumstation ins All zu entsenden und von dort aus auf einen neuen Planeten überzusiedeln; Planeten die zuvor von 12 Astronauten entdeckt und für möglicherweise bewohnbar erklärt worden waren. Der Haken dahinter: um dort hin zu gelangen muss eine Raumsonde durch ein schwarzes Loch fliegen und erste Vorkehrungen auf dem Planeten treffen um das Überleben der Menschheit zu sichern. Als bester verbliebener Pilot kommt nur Cooper in Frage um die Mission zu führen, gemeinsam mit einem Team aus 3 Wissenschaftlern und einer Ladung an gefrorenen Embryos. Doch niemand weiss was es heisst, durch ein Wurmloch zu fliegen, wie viel Zeit man im All verbringen wird und was das für das Leben auf der Erde bedeutet.
Kann Cooper seine Kinder einfach zurücklassen und wird er sie jemals wiedersehen? Besteht noch Hoffnung für die Menschheit?


-> Trailer bei Youtube


Die Story von "Interstellar" in Worte zu fassen gestaltet sich ähnlich schwer, wie sie komplett zu verstehen. Die Prämisse der Menschheit als aussterbende Rasse wurde natürlich schon hunderte Male aufgegriffen, doch nie zuvor in einem solchen Kontext. Kaum einer ging im Mainstreamkino jemals so weit um sich eingehend mit Quantenphysik, Singularität, schwarzen Löchern oder relativer Zeit zu befassen. Und genau hier liegt auch das grösste Problem von Nolan und "Interstellar": wer nicht eine gewisse Grundkenntnis dieser Begriffe besitzt und grob versteht wovon die Wissenschaftler sprechen, der wird einen Grossteil des Films leider nicht verstehen. Hier könnte man fragen, ob das von Nolan so gewollt war, dass man sich später eingehender mit dem Thema beschäftigt, oder noch länger über den Film diskutiert.
Doch wer sich von solchen Dingen nicht abschrecken lässt, erlebt dennoch faszinierende Science-Fiction, dir vor allem hervorragend gecastet und gespielt ist. Matthew McConaughey spielt erneut sehr stark und harmoniert zudem perfekt mit Anne Hathaway oder Michael Cane. Anders als noch bei "Gravity" wirken hier die Schauspieler in ihren Rollen als Astronauten nicht deplatziert, sondern glaubwürdig, besonnen, analytisch und intelligent. Und diese Stichworte lassen sich auf dem Film zuordnen: "Interstellar" ist kein Actionspektakel oder die Entführung in eine fremde Welt. Es ist ein zumeist ruhiger Film der sich mit seiner Erzählung Zeit lässt und nur dank dessen seine volle Wirkung entfaltet.


Bild
Wie bei Filmen von Christopher Nolan mittlerweile nicht mehr anders zu erwarten, liefert die eingelegte Blu-Ray ein absolut hervorragendes Bild. Die Farbpalette ist zwar vor allem im Weltraum ein wenig kühler und beschränkter, bietet aber dennoch sehr gelungene Kontraste und somit auch eine entsprechende plastische Wirkung. Gestochen scharfe Bilder ohne Kantenflimmern sind eine Wohltat fürs Auge und erfreuen mit unzähligen Details. Ebenfalls erneut beeindruckend sind die eingestreuten Aufnahmen im IMAX-Format, bei denen sich das Bild über den kompletten Schirm erstreckt und die schwarzen Balken verschwinden lässt.

-> 9.5/10 Bildpunkte


Sound
Auch tonal zeigt sich der Film stets trittfest und kann mit einer erstklassigen Surroundatmosphäre punkten, bevor in ruhigeren Szenen die Geräuschkulisse auf ein Minimum reduziert und damit eigentlich beinahe noch mehr Stimmung aufgebaut wird. Dementsprechend stimmt auch die Balance - nur in seltenen Fällen gehen Dialoge und Sprachfetzen im Soundgewitter ein wenig unter und bedürfen einer guten Auffassungsgabe.
Leider weiss der Soundtrack von Hans Zimmer einmal mehr keine besonderen Akzente zu setzen und ist nach dem Abspann wohl als erstes vergessen. Vielleicht wären hier andere Komponisten zu mehr fähig gewesen.

-> 8.5/10 Soundpunkte


Fazit
Das erste Drittel von "Interstellar" zeigt sich als relativ bodenständiges Familiendrama vor dystopischem Hintergrund, bevor die schweren wissenschaftlichen Geschütze aufgefahren werden. Die Raumfahrt wird von Nolan jedoch spannend und soweit als nachvollziehbar inszeniert, auch wenn dem Zuschauer bei weitem nicht alles logisch erscheinen dürfte. Spätestens bei Begriffen wie Singularität, oder wenn die Mannschaft von Zeit als relativem Faktor spricht, werden sich einige ausklinken müssen - es kann schliesslich nicht jeder einen Hochschulabschluss in Quantenphysik besitzen.
Nolan hält sich auch nicht lange damit auf, eine erklärende Grundlage zu dieser Diskussion zu liefern. Dies bedeutet entweder, dass er es bewusst im Raum stehen lassen will, oder sich auf diese Weise gekonnt um eine Erläuterung drücken wollte, da er die Theorie dahinter selbst nicht ganz durchschaut hatte. Doch gerade gegen Ende hin wäre es nicht ganz unwichtig, ein wenig mehr zu wissen. Somit lässt uns der Film zwar erstaunt, verwundert und fasziniert, aber auch ein wenig verwirrt zurück.

-> 8/10 Blu-Ray Punkte


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