Freitag, 6. Februar 2015
"Dracula Untold" Blu-Ray Review



Die Geschichte des Grafen Dracula wurde schon unzählige Male erzählt und verfilmt, zu den berühmtesten Umsetzungen zählen dabei sicherlich Francis Ford Coppolas „Bram Stokers Dracula“ wie auch die deutsche Adaption „Nosferatu“. Regisseur Gary Shore hat sich bei seinem Erstlingswerk jedoch für einen etwas anderen Ansatz entschieden und inszeniert den Hintergrund, wie aus dem berüchtigten und gefürchteten Vlad Tepes – auch „der Pfähler“ genannt – der Vampirfürst wird.
Eine an sich interessante Idee, die mit einer ordentlichen Adaption wirklich gut hätte werden können… hätte.


Story
Die Karpaten im frühen Mittelalter. Nachdem Fürst Vlad (Luke Evans) seine Kindheit im Osmanischen Reich verbrachte und dort zu einem Kämpfer ausgebildet wurde, wird er in ganz Osteuropa als grosser Krieger gefürchtet. Doch das langjährige Bündnis mit seinem ehemaligen türkischen Waffenbruder Mehmed (Dominic Cooper) droht zusammenzubrechen, als dieser sein Heer erweitern möchte. Um die Sicherheit Transsilvaniens weiterhin zu gewährleisten, verlangt er von Vlad einen Tribut von 1000 Jünglingen für seine Armee – einer davon soll sein eigener Sohn sein. Zum Wohle seines Volkes stimmt der Fürst zu, entscheidet sich aber während dessen Übergabe für das Abschlachten der türkischen Gesandten und somit für den Krieg. Aufgrund der zahlenmässigen Überlegenheit der Türken sieht Vlad keine andere Möglichkeit als den letzten Ausweg aus dieser heillosen Situation: er sucht im Reisszahngebirge den Vampir Caligula auf, mit dessen unmenschlichen Kräften er kurz zuvor bereits Bekanntschaft gemacht hatte. Dieser erzählt ihm das Geheimnis seiner Kräfte und seiner Unsterblichkeit und bietet Vlad einen Pakt: er soll von seinem Blute kosten und selbst zum Vampir werden. Würde er danach 3 volle Tage dem Blutdurst widerstehen, so wäre er wieder ein normaler Mensch – ansonsten droht ihm das selbe Schicksal, sein Dasein als einsames und gefürchtetes Monster zu fristen.
Widerwillig geht Vlad den Handel ein und sieht sich bald mit der ungeheuren Kraft versehen, ganze gegnerische Heere dem Erdboden gleich zu machen – doch zu welchem Preis?


-> Trailer bei Youtube


Um Vlad den Pfähler ranken sich unzählige Sagen und Legenden – was davon alles wahr und erfunden ist, lässt sich nicht belegen. Fakt ist jedoch, dass er aufgrund seiner Gräueltaten wohl als Inspiration zur Romanfigur diente. Somit ist die Idee, die beiden Figuren miteinander zu verknüpfen, mitnichten eine Schlechte. Vlad Tepes als gebrochenen Mann darzustellen der im Vampirismus den letzten Ausweg sieht, hätte mit viel Dramatik und Pathos inszeniert werden können, doch Gary Shore spinnt aus dem Ganzen einen nicht ernst zu nehmenden Actionfilm, der sich mehr an „Van Helsing“ orientiert anstatt an den grossen Vorbildern. Das dumme daran ist nur, dass sich der Film selber zu ernst nimmt und keine ironischen Töne einschlagen will. So nimmt man Hauptdarsteller Evans den gebrochenen und verzweifelten Vlad zwar noch ab, aber spätestens nach seiner Wandlung zum Vampir verwandelt sich die gute Vorlage in ein Comicrelief mit tonnenweise Effekthascherei. Zu oft wird versucht das magere Script unter einem Berg an Spezialeffekten zu vergraben. Diese sind zwar relativ ordentlich anzusehen, nehmen dabei aber auch oft zu comichafte Ausmasse an. Gerade beim Design von Caligula und den Vampiren allgemein wäre ein wenig mehr Zurückhaltung durchaus angebracht gewesen.
Rein schauspielerisch ist “Dracula Untold“ in Ordnung, aber nicht mehr als Durchschnitt. Luke Evans ist noch ein wenig darin überfordert, alleine einen ganzen Film zu tragen, macht seine Sache soweit aber nicht schlecht. Dominic Cooper wiederum nimmt man den türkischen Befehlshaber nicht wirklich ab, seine Darstellung wirkt ein wenig zu glatt. Charles Dance indes dürfte sich nach „Game of Thrones“ mal wieder für eine etwas seichtere Rolle interessiert haben, was wohl der Grund für sein Engagement als Caligula gewesen sein dürfte.
Der restliche Cast besteht aus grösstenteils unbekannten Gesichtern und fällt weder negativ noch positiv auf – sie sind eben einfach da, wobei man von ihren Rollen allerdings auch nicht mehr erwarten kann.


Bild
Ähnlich wie beispielsweise “Underworld ist das Bild von “Dracula Untold“ in einem recht kühlen Gemisch aus grau und blau gehalten, was zwar für eine nette Grundstimmung sorgt, aber der Farbpalette nicht nur gut tut. So sind auch die Kontraste nicht immer gelungen, was die Plastizität entscheidend schmälert. Immerhin trifft dies nicht auf den Schwarzwert zu, der sogar so dunkel ist, dass er beinahe alles verschlingt was ihm in die Quere kommt. Das betrifft dann leider auch sämtliche Details, die sich ansonsten aber in durchschnittlichem Masse zeigen und vor allem in Nahaufnahmen das Auge erfreuen.
Zum bereits genannten Mittelmass gesellt sich auch die Bildschärfte hinzu, die in den besten Momenten durchaus als gelungen betrachtet werden kann, aber in hektischeren Szenen auch gerne mal verwischt. Die etwas weicheren Effektshots fallen da auch gar nicht mehr weiter auf…
Alles in allem erinnert der optische Stil an eine graphic novel, kann dabei aber Vorreitern wie “Sin City oder “300“ nicht ganz das Wasser reichen.

-> 6.5/10 Bildpunkte


Sound
Akustisch gibt sich die Dracula Umsetzung wiederum wenig Blösse. Vor allem in effektreichen Szenen machen sich die hinteren Lautsprecher bemerkbar und feuern mit direktionalen Effekten um sich. Dabei hat auch der Subwoofer immer wieder einiges an Arbeit zu verrichten und unterstützt das Sounddesign in entscheidenden Momenten durchaus ansprechend. Löblicherweise leiden die Dialoge nicht unter dem Soundgewitter: dank einer gelungenen Abmischung sind Dialoge und Sprachfetzen stets verständlich.
Musikalisch indes wird leider nur Durchschnittskost geboten. Zwar mit gewissem Volumen aber ohne wirklich eigenständigen Charakter hat Ramin Djawadi (“Game of Thrones“) hier komponiert und vermag es wider Erwarten nicht, hier Akzente zu setzen.

-> 8/10 Soundpunkte


Fazit
Schon nach den Trailern war es schwer, von “Dracula Untold“ viel zu erwarten, auch wenn noch nicht genau klar war, in welche Richtung sich der Film entwickeln würde. Aus der eigentlich interessanten Grundidee einen seichten Actionfilm zu spinnen war jedoch die wohl dümmste Entscheidung die Gary Shore hätte treffen können. Er macht aus der tragischen Figur des Dracula ein Monster mit übermenschlichen Kräften, welches seine Gegner im Sekundentakt niedermetzelt und mit der romantischen Version des Vampirs rein gar nichts mehr gemein hat. Ähnlich wie also schon mit “Die Mumie“ oder “I, Frankenstein“ wird hier ein klassisches Filmmonster in seinen Grundfesten erschüttert und zum Einsturz gebracht. Dracula war einst eine gefürchtete Persönlichkeit, der Inbegriff des Horrors – und kein Actionheld.
Letztendlich ist es aber sogar dann schwer, diesen Film zu geniessen, wenn man sein Hirn währenddessen im Kühlschrank lagert. Die Inszenierung ist viel zu uninspiriert und uninteressant geraten um wirklich unterhaltsam zu sein. So wirken die 95 Minuten Laufzeit um einiges länger als sie eigentlich sind. Wer aber bis zum Ende durchhält darf sich immerhin damit rühmen, wohl eine der schlechtesten Dracula Umsetzungen aller Zeiten gesehen zu haben. Bram Stoker würde sich im Grabe umdrehen…

-> 3.5/10 Blu-Ray Punkte


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"Sylosis - Dormant Heart" CD-Review



Es gibt Bands, die ihrem Stil jahrzehntelang treu bleiben und solche, die bei jedem Album etwas neues versuchen wollen, einen Schritt weitergehen und sowohl ihre eigenen wie auch die Grenzen ihrer Fans ausloten. Zu letzteren gehören sicherlich auch Sylosis aus dem englischen Reading, die nun mit “Dormant Heart“ ihr mittlerweile 4. Studioalbum abliefern – und dabei erneut einen leichten Stilwechsel einschlagen. Doch gefällt das?

Wir erinnern uns an den derben Stilbruch zwischen “Conclusion of an age“ und dessen Nachfolger “Edge oft he earth“. Von solidem, aber leicht generischem Metalcore mit Thrash-Anstrich verabschiedet sah man sich plötzlich mit einer Platte konfrontiert, welche das vorherige Konzept komplett über den Haufen warf. Neumodischer, melodischer Thrash vermischte sich mit progressiven Elementen und experimentellen Blues-Einflüssen zu einem eigenständigen Werk – es liess sich nichts Vergleichbares finden und Sylosis hatten damit ihre eigene Nische geschaffen, die sie perfekt füllten.
Nach dem vergleichsweise etwas zu experimentellen “Monolith“ haben die Engländer nun einen Gang zurückgeschaltet und sich wieder vermehrt auf das Essentielle konzentriert: erneut verpackt in einem Konzeptalbum präsentieren sich uns 12 Songs (in der Bonus-Edition sind es noch 2 mehr) mit einer ziemlich klaren Linie. Während die meisten davon im Mid-Tempo Bereich angesiedelt und mit progressiven Elementen gespickt sind, finden sich auch einige Tracks darunter, die den Thrash-Hammer so richtig kreisen lassen und für den einen oder anderen verspannten Nacken sorgen werden. Als Beispiele seien hier „Victims and Pawns“ oder das titelgebende „Dormant Heart“ genannt.
Doch gerade die etwas gemächlicheren Stücke sind es, welche die Klasse dieser Band so richtig zum tragen bringen: „Leech“, „Mercy“ oder „Servitude“ sind nicht nur einwandfrei komponiert, sondern auch technisch auf einem Level mit welchem selbst so manch gestandene Kapelle nicht mithalten kann.
Natürlich gibt es auch Ausreisser wie das zwar atmosphärische, aber langatmige „Quiescent“ und die beiden Bonus-Tracks hätte man sich in meinen Augen auch sparen können, aber das ist Kritik auf einem sehr hohen Niveau.
Vorrangig auffällig ist jedoch der allgemein sehr schwermütige Grundton des Albums. Unter der umfassenden Thematik einer Gesellschaft, in welcher wir alle wie Lämmer hinter einander herlaufen, benötigt unser schlafendes Herz einen Weckruf um aus diesem Trott auszubrechen. Das Thema wird von allen Seiten her betrachtet und angesprochen, kritisch, verzweifelt, traurig, wütend und auch mal ironisch – aber immer mit einem ernsten Grundton. Grundpfeiler für all jene Emotionen ist auch auf “Dormant Heart“ wieder das Organ von Frontmann und Gitarrist Josh Middleton. Zwar ist im Vergleich zu den vorherigen Alben keine grosse Steigerung wahrzunehmen, dennoch macht er seinen Job sehr ordentlich und bringt die Texte entsprechend rüber.
Instrumental bewegt sich die neue Platte auf einem ähnlichen Level wie schon die Vorgänger, legt die Messlatte derweil aber nochmals ein Stückchen höher. Die auf Grundton gestimmten Gitarren legen sich mit ordentlich Volumen auf die Ohren, während die Drums als wuchtige Unterstützung dienen und in erster Linie die Toms die komplette Soundwand zu durchdringen vermögen.
Die Produktion lässt letztendlich keine Wünsche offen und die Platte klingt genau so wie man sich ein ordentliches Metalalbum vorstellt.

Fazit
Genau wie schon bei den beiden Vorgängern, ist es extrem schwierig, “Dormant Heart“ zu bewerten oder irgendwem zu empfehlen. Wieso? Weil die Platte wiederum anders klingt als die letzten Werke – und erst recht im Vergleich zum Debutalbum. Vom ehemaligen Metalcore-Einschlag ist nichts mehr übrig geblieben, doch was genau ist das hier vorliegende? Thrash? Vielleicht. Doom? Sicher auch, ja. Death? Hört man immer wieder aufblitzen. Progressive? Sind die Herren schon lange.
Die Scheibe ist eine wilde Mischung aus alledem, mal schnell, mal langsam, erst mit ordentlichem Arschtritt und dann wieder verzweifelt flehend. Doch eines ist sie immer: laut, brachial und vor allem auf einem technisch enorm hohen Level. Erneut finden sich grossartige Riffs vor treibenden Rythmen und sorgsam eingebettete Soli die im Gegensatz zu manch anderen Bands immer im Kontext des restlichen Songs stehen und dessen Grundstimmung genau so beibehalten.
“Dormant Heart“ ist beileibe kein beliebiges Album und schon gar nicht leicht verdaulich. Erneut braucht es 1-2 Durchläufe bis man die Scheibe wirklich zu schätzen lernt, vermag sich dann aber kaum mehr an ihr satt zu hören. Es ist nicht eines jener Alben von denen man einzelne Songs hört und das Gesamtwerk aussen vor lässt. Es ist ein reines Konzeptalbum, dazu gedacht dass man die vollen 59 Minuten aufmerksam zuhört – zum Beispiel während einer Autofahrt oder noch besser mit dem Kopfhörer auf seinem Lieblingssessel.
Wer schon lange auf etwas wirklich grossartiges von Metallica wartet oder mit der aktuellen Scheibe von Machine Head nicht so ganz zufrieden ist, der sollte sich von Sylosis unbedingt ein Ohr voll gönnen. So polarisierend ihr Stil auch sein mag – wer sich darauf einlässt, erlebt ein absolut grossartiges Album und den wohl besten Einstieg in das Metaljahr 2015 den man sich nur wünschen konnte.

-> 9/10 Punkte



Mittwoch, 17. Dezember 2014
Kolumne: Die Spielerfänger von Hameln – oder wie man eine Community an der Nase herumführt
„1x Verarsche für 50€ bitte!“ „Aber gern. Darf’s sonst noch was sein?“ „Haben Sie auch noch Frühbucherangebote?“ „Selbstverständlich – wenn Sie nun für noch nicht angekündigte Inhalte zahlen, erhalten Sie sämtliche Vorzüge eines Betatesters umsonst!“
So ähnlich stelle ich mir ein satirisches Verkaufsgespräch zwischen einem interessierten Gamer und einem Angestellten im Laden seines Vertrauens vor. Das Problem dabei ist, dass diese Satire wie so oft gar nicht weit von der Realität entfernt liegt. Es scheint als würden sich Entwickler und Publisher stets neue Wege und Mittel ausdenken, uns Spielern das Geld aus der Tasche zu ziehen, ohne dabei entsprechende Gegenleistungen zu erbringen. Das Ganze geschah natürlich nicht von gestern auf heute, sondern ist eine Entwicklung die über längeren Zeitraum zu beobachten war. Doch was genau läuft hier schief und wieso fallen trotzdem noch immer so viele auf diese Maschen rein?

Bis noch vor rund 10 Jahren war es so üblich zu erfolgreicheren Titeln ein grosses Add-On zu veröffentlichen, gefüllt mit neuen Levels, Charaktermodellen, Quests oder was auch immer das Hauptspiel eben ausgemacht hatte. Oftmals waren diese Updates dann zwar auch rund 40 Mark teuer, jedoch wurde das durch ihren Umfang mehr als wettgemacht. Was zum Beispiel wären Titel wie “Diablo 2“ ohne “Lord of Destruction“ oder „Baldurs Gate 2“ ohne dessen Zusatz "Thron des Bhaal“? Oftmals waren es genau besagte Updates die den Spielen neues Leben einhauchten oder sie gar erst zu dem machten was sie heute sind. Das Warten auf die grossartigen Add-Ons war meist unerträglich und Fans diskutierten in Foren monatelang darüber, welche neuen Inhalte es wohl geben würde. Bis auf sehr wenige Ausnahmen ist dieses Phänomen aber heute verschwunden und wurde im Laufe der Jahre durch kleinere DLCs ersetzt – so genannte herunterladbare Inhalte. Die Gründe dafür sind simpel: Entwickler sowie Publisher müssen nicht den weiten und kostspieligen Umweg via Presswerk und Verkaufstheke gehen, sondern können ihre Ware via Internet an den interessierten Gamer bringen. Zudem sind die Entwicklungszeiten kürzer und man kann schneller und effizienter neue Inhalte liefern. Doch genau bei diesen eigentlich positiven Aspekten finden sich auch die grössten Negativpunkte: es muss schnell und billig sein. Selten beinhalten DLCs mehr als einige zusätzliche Waffen, vereinzelte Quests, Rennstrecken oder Maps, die gerade im Shooterbereich sehr beliebt sind. Mehr als eine Handvoll ist jedoch selten dabei und der Preis von bis zu 20€ pro Datenpaket wird selten gerechtfertigt. Das traurige daran ist, dass nicht nur findige Modder sondern auch die Entwickler selbst solche Updates früher völlig kostenlos zur Verfügung gestellt hatten. Wir erinnern uns mit Andacht an ein “Unreal Tournament“, welches mit sämtlichen Mappacks und BonusPacks auf weit über 100 unterschiedliche Karten kam. Und nochmals um das Ganze zu verdeutlichen: das war völlig kostenlos und war auf jedem der zahlreichen Server spielbar, sofern der Host ebenfalls über jene Karten verfügte.
Das ist heute in Ausnahmefällen auch noch möglich, beschränkt sich jedoch nur auf einige wenige Titel – und selbst dort laufen die zusätzlichen Karten aus der Community nur selten auf den offiziellen Servern. Und an dieser Stelle springen die Publisher dann mit besagten DLCs in die Bresche: wer nicht immer die selben Karten spielen will, wird für zusätzliche Inhalte zur Kasse gebeten. 10€ sind dabei für 2-3 neue Karten keine Seltenheit. Natürlich steckt Arbeit dahinter, aber das war früher auch nicht anders. Also wo genau ist der Unterschied? Wer kam auf die ursprüngliche Idee des Ganzen und wieso lässt sich damit tatsächlich so viel Geld verdienen? Wer heutzutage ein Spiel in seinem kompletten Umfang kaufen will, wird dafür schnell mal 100€ los, also oftmals das Doppelte des eigentlichen Kaufpreises. Für Inhalte, die im Vorfeld angekündigt und erst später fertiggestellt werden. Vielleicht aber auch nie. Selbst wenn ein Kaufvertrag dabei zustande kommt, der allein garantiert euch nicht, später den bezahlten Content auch wirklich zu erhalten. Das Erscheinungsdatum ist genauso ungewiss wie der tatsächliche Inhalt. Und selbst wenn die Spieler bei Nichteinhaltung der Versprechen auf die Barrikaden gehen, so nützt auch das nichts. Publisher und Entwickler sitzen am längeren Hebel.
Das Problem lässt sich zumindest teilweise umgehen indem man auf eine Preisreduktion wartet und Spiele samt Season Pass (also sämtliche DLCs in einem grossen Paket) um einiges günstiger ersteht als noch zu Beginn. Das ist bei Singleplayertiteln kein Thema, aber gerade bei Multiplayerspielen ist der Zug dann meist abgefahren. Freunde haben sich längst anderen Titeln zugewandt und selbst im Serverbrowser herrscht tote Hose. Grossartig.

Die Schnelllebigkeit ist also ein Problem, nicht nur für Käufer. Denn was viele Gamer nicht bedenken: hinter jedem Entwickler steckt auch irgendwo ein Publisher und an dessen Spitze wiederum ein CEO der mit dem Thema Spiele grundsätzlich wenig am Hut hat. Ihn interessieren Absatzzahlen, Verkäufe und Einnahmen. Ein Spiel kurz vor Ostern releasen damit die Zocker sich während der Feiertage beschäftigen können? Oder lieber auf das Sommerloch warten, in welchem meist nur wenige Hochkaräter erscheinen? Oder alles auf eine Karte setzen und das Spiel möglichst noch im Weihnachtsgeschäft unterbringen? Es dreht sich alles nur Profit und darum, einen Releasetermin mit allen Mitteln zu halten. Dass dabei die Qualität leidet ist verständlich, schliesslich bedeutet ein enger Terminplan auch automatisch weniger Zeit und irgendwo müssen Kompromisse gemacht werden. Nur wenige Publisher erlauben es sich, einen Termin so weit zu verschieben wie es eben nötig ist, um sich noch ausgiebig um vorhandene Bugs zu kümmern oder gewisse Inhalte fertig zu stellen. Blizzard, Valve und CDProjekt RED sind hier löbliche Ausnahmen. Nein, auch deren Spiele sind am Erscheinungstag selten perfekt, aber immerhin ohne gröbere Schnitzer spielbar und bedürfen im Nachhinein nur weniger Patches um wirklich rund zu laufen. Dem Gegenüber steht das leidige Thema der Day-1-Patches, also grössere Updates noch direkt am Tag des Release.
Spätestens seit selbst Playstation 3 und Xbox 360 dafür sorgten, dass in jedem Spielezimmer ein Internetanschluss vorhanden ist, haben diese Monsterpatches auch auf den Konsolen Einzug gehalten. Gerade grössere Titel lassen sich nicht mehr einfach mit Einlegen der DVD spielen, sondern bauen erstmal eine Verbindung zum Internet auf um ein Update mit mehreren Gigabyte vom Server zu ziehen, was je nach Umständen gerne mal einige Zeit in Anspruch nehmen kann. Gefühlt kommt jedes zweite Spiel mit einem Day-1-Patch daher, sofortiges Loslegen ist zu einer Seltenheit geworden.
Umso trauriger dass dabei oftmals nur die gröbsten Probleme ausgebessert werden, damit das Spiel überhaupt läuft. Spätestens hier sollte man eigentlich den Rotstift ansetzen und vor allem als Spielemagazin rigoros abwerten. Ein Titel der ab DVD nicht mehr oder weniger problemlos spielbar ist, sollte nicht in den Handel gelangen. Punkt. Alles andere ist inakzeptabel.
Doch wie soll der geneigte Spieler so was wissen? Natürlich macht hier die Erfahrung einiges aus, gerade Vorbestellungen sind unter eingefleischten Zockern stark zurückgegangen und man wartet oftmals erst einige Wochen ab bevor man ebenfalls zuschlägt. Dass man dabei nicht automatisch vor einem bösen Erwachen geschützt ist, ist umso schlimmer: selbst wirklich grosse Titel vom Schlage eines “Battlefield 4“ laufen nach sage und schreibe 15 Patches noch immer nicht bugfrei. Doch gerade Entwickler und Publisher die hinter solchen Megaprojekten stehen verfügen über ein Millionenbudget und oftmals eine treue Fanbase. Sie könnten es sich erlauben, einen Release zugunsten der Qualität zu verschieben. Doch die Angst vor Verlusten durch die Konkurrenz ist einfach zu hoch.

Doch wieso kaufen nach wie vor so viele Gelegenheitszocker im Voraus? Wieso wird die Katze im Sack vorbestellt? Nur damit man am Erscheinungstag spielen kann?
Die Entwickler locken mit grossen Versprechen. „Bestelle jetzt und erhalte einen Charakter für ein komplett anderes Spiel gratis dazu! Und dazu kriegst du den ersten DLC für nur die Hälfte! Wir wissen zwar noch nicht was drin ist, aber hey, es ist ein Angebot!“ .. Moment mal, bitte was?! Oftmals werden als sogenannte Vorbestellerboni Inhalte anderer Titel angeboten, um die Käufer potentiell auch für jenes Produkt zu begeistern. Das ist reines Marketing und pure Strategie – geht aber leider nur zu oft auf. Selbst wenn sich der Käufer nicht für besagte Boni interessiert, so macht er dennoch vom Vorbestellerangebot gebrauch, nur damit er sein Spiel möglichst bald spielen kann. Nur leider weiss er zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wie das Spiel wird, welchen Umfang es haben wird, wann es erscheint oder ob es qualitativ zufriedenstellend ist. Anstatt abzuwarten stopft man dem Publisher also bereits Geld in den Rachen bevor dieser auch nur ansatzweise eine Gegenleistung dafür erbringt. Es ist also egal in welchem Zustand das Spiel auf den Markt kommen wird, der Vorbesteller hat bereits bezahlt und muss im dümmsten Falle noch Wochen oder gar Monate warten bis der Titel überhaupt spielbar sein wird, weil die Entwickler aufgrund des Termindrucks auf sämtliche Qualitätskontrolle verzichten mussten.

Man kauft also im Voraus weil die Entwickler uns alles mögliche versprechen. Das neue Schiessmichtot 3000 wird nicht nur revolutionär, es wird ein komplett neues Spielerlebnis in einer Grafik die schärfer ist als die Realität und sich dabei auch noch anfühlt als hätte man während des Spielens eine Hand in der Hose. Nur leider sieht die Realität dann ganz anders aus. Inhalte werden während der Entwicklung ersatzlos gestrichen oder kommen in stark veränderter Form daher. Noch schlimmer allerdings sind Gameplayszenen die bewusst verändert wurden um eine falsche Hoffnung zu schüren. Prominentes Beispiel hierfür war Ubisofts “Watch Dogs“, welches bei Release nicht ansatzweise so toll aussah wie in den im Vorfeld veröffentlichten Trailern, welche echte Spielszenen zeigen sollten. Skandalös daran war vor allen Dingen das Geständnis, man habe die Grafik der PC-Versionen in voller Absicht an jene der Konsolenableger angepasst, damit letztere qualitativ nicht abfallen und dementsprechend ebenfalls Umsätze generieren würden. Hier beginnt die Sprachlosigkeit eigentlich bereits, aber noch schlimmer wurde es beim selben Entwickler/Publisher im November diesen Jahres, als “Assassins Creed: Unity“ erschien. Hierbei waren nicht die Vorschusslorbeeren Schuld an der Entrüstung, sondern die absolut schlampige Qualität in welcher das Produkt an die Händler und vor allem an die Käufer ausgeliefert wurde: Selbst 2000€ teure High-End Rechner mit 2x GTX980 im SLI-Verbund vermochten es nicht, diesen Titel auch nur ansatzweise in der höchsten Detailstufe darzustellen. Teilweise brachen die Framezahlen bis auf unter 20 Bilder pro Sekunde ein, was ein angenehmes Spielerlebnis natürlich absolut unmöglich machte. Hinzu kamen Mikrotransaktionen per Echtgeld sowie in der Spielwelt verteilte Beutetruhen die man nur aufmachen konnte, wenn man die begleitende Companion-App auf seinem Smartphone oder Tablet installiert hatte und die natürlich auch mit den gängigen sozialen Medien kommunizieren wollte… Bitte was?! Will man uns hier eigentlich komplett für dumm verkaufen?! Nicht nur dass man für ein unfertiges und verbuggtes Spiel bezahlt, welches bei Release noch nicht einmal spielbar ist (der Day-1-Patch war selbstverständlich auch mit von der Psrtie), sondern wer das komplette Spiel in seinem vollen Umfang spielen will, wird auch noch dazu gezwungen, eine zusätzliche App zu installieren oder sich mit echten Euros via Shop Items zu kaufen. Das wäre ja nur das eine und könnte man mit ein wenig Durchhaltevermögen getrost ignorieren, doch wird man alle Nase lang darauf aufmerksam gemacht, dass es in Shop und App eben noch mehr zu entdecken gibt.
Dieses Vorgehen ist an Dreistigkeit kaum mehr zu überbieten und sollte mit niedrigen Wertungen und miesen Verkaufszahlen bestraft werden. Doch beides war nicht der Fall. Der Titel ging millionenfach über die Ladentheke und selbst die Wertungen der Spielemagazine fanden sich im gesunden 70er Bereich, was grundsätzlich für ein tolles Spiel mit 1-2 kleineren Mängeln stehen soll. Wer an diesem Punkt nicht selbst nachdenkt, dem ist leider nicht mehr zu helfen.

Denn das Problem ist, dass die Spielergemeinschaft sich das Ganze auch noch gefallen lässt. Natürlich löste das Vorgehen von Ubisoft einen massiven Shitstorm gigantischen Ausmasses aus, doch dieser spielt sich nur in den Internetforen ab. Jeder der sich an diesen Diskussionen nicht beteiligt oder sich gar nicht erst dafür interessiert, wird davon nichts mitkriegen. Der gemeine Jugendliche der sich 1-2x im Jahr ein Spiel leisten kann, wird sich nicht vorab eingehend informieren. Er weiss dass ein neuer Titel seiner Lieblingsreihe erscheinen wird, spart sein Geld, rennt in den Laden und kauft. Erst daheim stellt er fest dass es nicht funktioniert oder nicht seinen Vorstellungen entspricht. Dann jedoch ist es zu spät, der Publisher hat seine Kohle eingesackt und sieht sich in seiner Taktik bestätigt. Was er getan hat war richtig, die Leute wollten es und haben es gekauft. Also wird er auch in Zukunft so weitermachen. Und das selbe gilt für alle anderen Spiele und Entwickler, bei denen im Jahrestakt die selbe Grütze aus den Presswerken in die Läden ausgeliefert wird: der 08/15 Spieler kauft es weil er es kennt und bislang Spass damit hatte. Dass der Hardcoregamer, dessen Hobby aus Videospielen besteht, damit nicht zufrieden ist; das ist letztendlich völlig egal. Denn er ist weder die Zielgruppe noch der entscheidende Punkt. Nur das Geld ist entscheidend, und dieses fliesst leider nach wie vor in Strömen, in die falschen Hände, für die Spiele die es am wenigsten verdienen. Und wiederum werden wir dafür mit DLCs und Day-1-Patches „belohnt“. Es ist ein Teufelskreis aus dem wir nicht entrinnen können, das Gros der Käufer lässt sich Jahr für Jahr aufs neue verarschen und dackelt dem Rattenfänger blind hinterher. Und das böse Erwachen gibt’s ausnahmsweise für umsonst mit dazu. Als Vorbestellerboni sozusagen.



Freitag, 12. Dezember 2014
Spieletest "Far Cry 4" (PC)


Beim Gedanken an “Far Cry 3“ erinnern sich die meisten unter euch wohl auch an Vaas Montenegro, den durchgeknallten Antagonisten. Dieser hatte uns in einem grossartigen Monolog die Definition von Wahnsinn erklärt. Wahnsinn sei es, eine einzelne Sache immer und immer wieder zu tun. Das passte natürlich wie die Faust aufs Auge, bestand der Grossteil des Spiels schliesslich aus der Befreiung von Lagern sowie dem Erklimmen von Funktürmen um weitere Teile der Karte aufzudecken. Das taten wir nicht nur 2 oder 3 mal, sondern immer und immer wieder - genau so wie es Vaas eben definitiert hatte.
Ubisoft-typisch machen wir das Ganze auch im Nachfolger, der ziemlich genau 2 Jahre später auf den Plan trat und seit dem 18.11. für PC, PS3, PS4, Xbox 360 und Xbox One verfügbar ist. Doch sorgt die Formel noch immer für Spass oder macht sie uns langsam aber sicher wahnsinnig?




Story
Ajay Ghale möchte seiner verstorbenen Mutter die letzte Ehre erweisen und ihre Asche auf einem Berg verstreuen. Dazu reist er in sein Heimatland Kyrat, gelegen im Himalaya, durchzogen von malerischen Tälern und hohen Bergkämmen – und zerrüttet von einem Bürgerkrieg. Was Ajay bislang nicht wusste: sein ebenfalls verstorbener Vater war Mitbegründer und Anführer der Bewegung des goldenen Pfads, einer Rebellengruppierung die gegen den diktatorischen Herrscher Pagan Min und sein Regime kämpft. Während er in seinem Palast über dem Land thront, lebt sein Volk in Armut und in ständiger Angst vor der königlichen Leibwache. Natürlich bleibt Ajays Ankunft nicht unbemerkt und bereits bei der Grenzüberquerung wird sein Bus angehalten, der Fahrer erschossen und weitere Insassen getötet. Kurz bevor Ajay deren Schicksal teilen soll landet Pagan Min in seinem Privathelikopter an Ort und Stelle und zeigt sogleich was geschieht, wenn man seine genau erteilten Befehle missachtet.
Kurze Zeit später finden wir uns in Pagans Palast zu Tisch, während unser Tischnachbar schwer verletzt und unsereins kurzum alleine sitzen gelassen wird. Diese Gelegenheit lassen wir uns natürlich nicht entgehen und nehmen für eine spektakuläre Flucht die Beine in die Hand, ehe wir vom goldenen Pfad empfangen und in den Bürgerkrieg verwickelt werden. Als Sohn des berühmten Mohan Ghale sollen wir das Gleichgewicht wiederherstellen und das Land von der Unterdrückung befreien.

-> Trailer bei Youtube


Gameplay
Vor diesem Hintergrund machen wir uns also auf um die Milizen zu dezimieren, natürlich in typischer Far Cry Manier. Sprich: wir pflügen mit allerlei Fahrzeugen durch die Landschaft, machen ganzen Armeen den Garaus, befreien Dörfer, Flughäfen und Fabriken und erklimmen nebenbei die berühmt-berüchtigten Funktürme wie wir sie bereits aus dem Vorgänger oder auch aus “Assassins Creed“ kennen. Unser einsetzbares Waffenarsenal setzt sich dabei aus den üblichen Vertretern aus Maschinengewehren, Raketen- oder Granatwerfern, Minen, Flammenwerfern, Pfeilbogen, Scharfschützengewehren und Granaten zusammen. Um mehr als 2 davon mitführen zu können müssen aber erneut Tiere gejagt und gehäutet werden – genau so wie es bereits im Vorgänger der Fall war. Immerhin wurde das Craftingsystem bedeutend vereinfacht. So zeigt uns das Spiel auf einen Blick an, welche Felle wir noch benötigen und wann wir wiederum erneute Ausrüstung herstellen können.
Die Waffen für unseren Holster dürfen wir dann entweder finden, kaufen oder durch Storymissionen und Nebenaufträge freispielen. Dabei müssen wir uns immer wieder für einen der beiden Rebellenanführer entscheiden: auf der einen Seite steht Sabal, der für ein traditionelles Kyrat einsteht und das Land in seinem ursprünglichen Zustand zurückversetzen möchte, auch wenn das den Fortschritt aufhält und eine Zukunft in Armut bereithält. Amita wiederum schreckt auch vor radikaleren Mitteln nicht zurück, möchte ihr Volk mit neuer Technologie sowie Waffen ausstatten und auch von der Opiumproduktion Gebrauch machen, sofern es die Not erfordert. Sie beide verfolgen das selbe Ziel, allerdings auf unterschiedlichen Wegen. Nehmen wir jeweils den Auftrag des einen an, verärgern wir damit den anderen – was sich nicht nur auf den weiteren Missions- sondern auch auf den Storyverlauf auswirkt.

Welche Missionen oder Aufgaben wir wann angehen, bleibt komplett uns überlassen. Wenn wir wollen können wir zuerst sämtliche Tiere jagen bis wir unsere Ausrüstung komplett haben, oder aber wir befreien erst sämtliche Funktürme und Aussenposten oder wir vertreiben uns die Zeit indem wir kleinere Botenaufträge erledigen, Rennen absolvieren oder verschleppte Geiseln befreien. Wir können kaum 100 Meter zurücklegen ohne auf irgend eine Form der Ablenkung zu stossen. So verwickeln Rebellen die Miliz mitten auf offener Strasse in einen Kampf, eine Geisel wird von Soldaten durch den Wald gescheut, ein Kurier saust mit wichtigen Dokumenten auf einem Quadbike an uns vorbei oder ein befreiter Aussenposten wird von Soldaten überrannt.
Es steht uns völlig frei ob wir uns einmischen möchten oder nicht. Wir können die Rebellen ihrem Schicksal überlassen oder wir greifen ihnen unter die Arme um dafür Karma-Punkte und Erfahrung einzuheimsen. Erstere dürfen wir einsetzen um uns vor grösseren Scharmützeln Verstärkung in Form von Söldnern herbeizurufen, die lauthals mit dem Gewehr im Anschlag voranstürmen und somit für Ablenkung sorgen. Letztere Erfahrung wiederum investieren wir in Skillpunkte und verbessern damit unsere Fähigkeiten. So lernen wir länger zu tauchen, dürfen grössere Distanzen sprinten, unsere Waffen schneller nachladen oder auf Elefanten reiten. Jawohl, wir reiten auf Elefanten! Diese Art der Fortbewegung gehört wohl klar zu den coolsten in “Far Cry 4“. Auf dem Rücken des Dickhäuters sind wir zwar behäbiger unterwegs als in Autos & co., rammen dafür mit Leichtigkeit Autos und schleudern deren Insassen durch die Gegend, während wir uns mit Granatwerfern oder anderem Geschütz um weitere anstürmende Gegner kümmern. Und man glaube mir wenn ich sage, dass sich das genau so grossartig spielt wie es sich anhört.
Eine weitere Neuerung stellen die so genannten Gyrocopter dar. Diese Helikopter im Kleinformat erreichen zwar nur eine gewisse Höhe, erlauben uns jedoch die Welt schneller und flexibler zu bereisen, oder aber wir greifen unsere Widersacher direkt von oben an.



Somit sorgen wir eigentlich selber für die Abwechslung, indem wir das Spiel so angehen wie wir möchten. Wer einen roten Faden benötigt folgt der Hauptstory und ignoriert die Nebenquests, oder aber wir vertreiben uns die Zeit dort wo unsere Füsse uns hintragen. Auf unseren Streifzügen durch Kyrat dürfen wir auch spezielle Masken und Tagebücher sammeln, die uns wiederum Karma-Punkte und Erfahrung einbringen – ähnlich wie die Briefe und Statuen im letzten Teil.

Dabei fällt uns vom ersten Augenblick auf, die Vertraut das alles wirkt. Zu vertraut um genau zu sein – und das ist schade. “Far Cry 4“ gleicht dem dritten Teil wie ein Ei dem anderen. Die Unterschiede finden sich im Detail, wie z.B. bei den neuen Fahrzeugen und Elefanten, oder aber in der Möglichkeit, dass wir Felsen per Kletterhaken erklimmen anstatt mühselig einen Weg aussen rum zu suchen. Denn was Gegnerdesign, Story, Missionen oder das eigentliche Gameplay anbelangt, so erleben wir eigentlich das gleiche Spiel noch einmal. Auch die grundlegende Kampfmechanik blieb die selbe: Waffen lassen sich auf- oder umrüsten und erlauben und so, eine Anpassung an den eigenen Spielstil. Erneut stürmen wir ein Lager entweder mit dem Kopf durch die Wand und ballern wild herum, oder aber wir schalten die Wachen Stück für Stück auf leisen Sohlen aus. Wer will kann auch mit Fleischhappen umherstreifende Tiere anlocken und somit für ordentlich Ablenkung sorgen – zudem ist es höchst amüsant zu beobachten, wie ein pelziger Honigdachs ein ganzes Regiment auseinanderreisst. Da auch die Waffen und explosiven Hilfsmittel bis auf wenige Ausnahmen die selben geblieben sind, halten sich auch hierbei die Unterschiede in argen Grenzen - ob das alles gut oder schlecht ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Denn leider ist auch Pagan Min als Antagonist nicht der entscheidende Faktor. Zwar genoss ich jeden seiner Auftritte und mochte seine exzentrische Art sehr, aber letztendlich taucht er einfach zu selten auf um wirklich im Gedächtnis zu bleiben. Somit muss er sich leider von Vaas geschlagen geben. Und genau das selbe Schicksal könnte auch das gesamte Spiel ereilen.




Grafik
Bei meinem Test zu “Far Cry 3“ fand ich nur lobende Töne über die Optik – das hat sich auch beim Nachfolger kaum verändert. Als Grundgerüst fungiert nach wie vor die Dunia-Engine, welche es erneut schafft, eine glaubwürdige und organisch wirkende Welt auf den Bildschirm zu zaubern. Statt Palmen und Sandstrand präsentiert man uns Laub- und Nadelwälder, grüne Wiesen und malerische Wasserfälle vor einem imposanten Bergmassiv. Dass die Entwickler zuvor die tibetanische Landschaft bereist haben, kommt der Glaubwürdigkeit dabei stark zu gute. Ein Grossteil von Kyrat wirkt wie aus einem Guss, auch wenn vor allem Gebäude oftmals recycelt wurden und die Kulisse insgesamt ein wenig statisch wirkt. Anders als z.B. bei “Crysis“ lassen sich Landschaft und Gebäude nur in sehr begrenztem Masse zerstören oder beeinflussen. Selbst unter Raketenbeschuss bleibt auch eine einfache Backsteinmauer bestehen ohne Schwäche zu zeigen. Somit könnte man zumindest davon ausgehen, dass sich die Entwickler vollends darauf konzentriert haben, Objekte mit extrem scharfen und realistischen Texturen zu versehen – doch auch das stimmt nur zum Teil.
Während vor allem die Hauptcharaktere unglaublich gut in Szene gesetzt wurden, fallen unwichtigere NPCs oft qualitativ ab. Auffällig ist das vor allem nach einer der zahlreichen Cutscenes. Gerade in diesen zeigt sich die enorme Detailfülle die “Far Cry 4“ an den Tag legt. Hautporen, Haarsträhnen, Pupillen, Lippenbewegungen und Mimik bewegen sich allesamt auf höchstem Niveau und zeigen das Potential der Engine, was dem Wechsel zurück zum eigentlichen Spiel nur bedingt gut tut. Hier nimmt die Detailfülle spürbar ab um für ein flüssiges Spielerlebnis zu sorgen – was angesichts der enormen Kartengrösse allerdings nicht weiter verwunderlich ist. Somit darf man auch keine Direktvergleiche mit “Battlefield 4 oder “Crysis 3 ziehen, welche beide mit weitaus engeren Arealen arbeiten und somit in Texturqualität und Polygoncount nochmals eine Schippe drauflegen.
Doch gerade in Anbetracht der Tatsache dass es sich um einen Open-World-Titel handelt weiss die grafische Qualität durchaus zu überzeugen. Gräser und Bäume wiegen sich sanft im Wind, während der Gyrocopter für ordentlichen Wirbel sorgt und sich ganze Baumstämme zu biegen beginnen. Explosions-, Rauch- und Partikeleffekte wirken nach wie vor auf der Höhe der Zeit und sorgen für ordentliche Farbenpracht auf dem Bildschirm. Besonders malerisch wirkt das Ganze sobald sich Sonnenstrahlen hinter Bergen, Baumwipfeln oder Gebäuden brechen und das Schattenspiel seine Muskeln spielen lässt. Gestört wird das Gesamtbild dann leider gerade bei Fahr- und Flugeinlagen durch aufpoppende Objekte in der Entfernung – wobei wir dafür mit einer durchaus beeindruckenden Weitsicht entschädigt werden.
Gerade im Vergleich zum Vorgänger bewegen sich auch die grafischen Unterschiede im Detail, allzu viel hat sich auf den ersten Blick nicht verändert. Leicht bessere Texturen, neue Animationen und einige nVidia-exklusive Grafikfeatures sorgen für die grössten Sprünge gegenüber dem 2 Jahre älteren Titel. Das schaut alles noch immer sehr gut aus und weiss durchaus zu gefallen, versetzt uns allerdings nicht mehr in Staunen. Bedenkt man jedoch den Kompromiss aus Qualität, Spielbarkeit und Leistung, zählt das Himalaya-Abenteuer sicherlich zu den hübscheren Titeln mit einem Open-World Setting.

Natürlich treffen wir ab und an auf eine verwaschene Textur (Beispiel Felswände während der Kletterpartien), einen Grafikbug, leichtes Kantenflimmern oder seltsam glitzernde Objekte. Allerdings ist das Meckern auf einem hohen Niveau - “Far Cry 4“ war in seiner ursprünglichen Version ausgesprochen stabil. Das gilt aber leider nicht für sämtliche technischen Aspekte des Spiels, wie ich in einem separaten Abschnitt noch erläutern werde. Diesen findet ihr unmittelbar vor meinem Fazit.




Sound
Es braucht sich nicht zu schämen, wer “Far Cry 4“ auf deutsch installiert; die Synchro gehört klar zu den besseren der jüngeren Videospielgeschichte. Dennoch werden viele die englische Urversion bevorzugen, in der in erster Linie Pagan Min noch einen Tick besser vertont wurde als hierzulande. Ansonsten befinden sich beide Versionen auf einem identischen Level, sowohl Soundtrack wie auch Geräuschkulisse blieben unverändert. Ersterer wird leider nur während der Storymissionen wirklich präsent und spult ansonsten immer wieder die selben Tracks runter. Diese sind zwar nicht per se schlecht, ermüden nach einer gewissen Zeit jedoch ein wenig. Sind wir jedoch im Auftrag des goldenen Pfads unterwegs, schafft es die Hintergrundmusik uns durch actionreiche Sequenzen zu treiben oder aber auch die ruhigeren Szenen passend zu unterstützen. Hollywoodcharakter sollte man davon jedoch sicherlich nicht erwarten, dafür sind die Kompositionen schlichtweg zu seicht und haben zu wenig dramatischen Charakter.
Die allgemeine Qualität von “Far Cry 4“ geht dabei on Ordnung, erreicht aber keinerlei Höhenflüge. Schusswechsel hören sich zwar grundsätzlich gut an, unter anderem auch dank der panischen Schreie unserer Gegner – doch gerade die Explosionen hätten einiges mehr an Wumms vertragen können. Ihnen fehlt einfach der nötige akustische Druck um die Bildgewalt auch ordentlich auf die Ohren zu transportieren.
Flora, Fauna sowie Fahrzeuge wissen ebenfalls zu gefallen, auch wenn ich mir dringend eine Option gewünscht hätte um die Autoradios auszuschalten. Nicht nur die Musik, sondern vor allem der Radiomoderator mit den immer selben Sprüchen ging mir nach einigen Spielstunden so sehr auf die Nerven dass ich schon beinahe versucht war, während der Fahrsequenzen meinen Ton komplett auszuschalten. Stark aufgesetzt wirkt da leider auch der leicht indisch anmutende Dialekt der Eingeborenen, der gerade bei unwichtigen Nebenfiguren auch mal ein wenig nerven kann.
Ein wenig enttäuschend zeigt sich letztendlich leider auch die Räumlichkeit sowie die Direktionalität. Gerade Besitzer von 5.1 Systemen werden feststellen, dass Geräuschquellen nicht immer präzise zu orten sind. Was in anderen Genrevertretern bereits Standard ist, wird hier leider ein wenig vernachlässigt; es fehlt das tolle Mittendrin-gefühl welches man sich bei Shootern jeweils erhofft.



Anmerkung zu technischen Problemen bei FC4:
Ähnlich wie andere Ubisoft Titel war FC4 bei Erscheinen nicht zwingend optimal optimiert, bzw. portiert. Gerade bei einigen Steuerungselementen merkt man den Konsolenursprung deutlich. Immerhin ist die Grafikqualität in mehreren Stufen anpassbar. Allerdings klagten mehrere Spieler über Mikroruckler während Fahrsequenzen, eine allgemein schwammige Maussteuerung und ein nicht ganz rundes Spielgefühl. Vielem davon lässt sich entgegenwirken indem ihr in eurem Grafiktreiber die Vertikale Synchronisation/Vsync auf „adaptiv“ stellt. Des weiteren könnt ihr die Gameprofil.xml Datei mit einem Editor verändern und so beispielsweise die MaxBufferedFrames auf 0 setzen und weitere Anpassungen vornehmen. Seht jedoch zu dass ihr zuerst auf die aktuelle Version 1.5 aktualisiert, da mit dieser bereits so einige Probleme behoben wurden.




Fazit
Ich wollte mit “Far Cry 4“ genau so viel Spass haben wie mit seinem Vorgänger. Auf Elefanten durch Lager reiten, mit dem Granatwerfer Helikopter vom Himmel holen und vorrangig ein riesiges Chaos auf dem Bildschirm veranstalten – und das funktioniert tatsächlich wunderbar! Doch leider fühlt sich für meinen Geschmack alles zu vertraut an, als handle es sich hierbei um ein grosses Add-On anstatt um ein eigenständiges Spiel. Der Hauptcharakter sowie seine Story bleiben austauschbar und hätte man die Palmen nicht durch Laub- und Nadelbäume ersetzt, könnte man sich noch immer auf der selben Insel des Vorgängers wähnen. Kyrat bringt kaum einen eigenen Charakter mit und fühlt sich dementsprechend auch kaum anders an. War die “Far Cry 3“ Erweiterung “Blood Dragon“ noch herrlich überdreht und eine durchgeknallte Hommage an B-Movie Actionfilme der 80er, so nimmt sich Ubisoft mit seinem neuesten Ableger wieder viel zu ernst.
Wer nichts anderes als einen riesigen Abenteuerspielplatz erwartet und vor allem mehr vom selben möchte, der darf bei “Far Cry 4“ ungeniert zugreifen und wird grossartig unterhalten. Lässt man sich jedoch lieber von einer tollen Story durch das Spiel ziehen und möchte gerne mal wieder etwas Neues erleben, so liegt man bei diesem Titel leider falsch. Zwar ist dies erst das dritte Spiel mit der selben Formel, doch wenn Ubisoft sich nicht vorsieht, erwartet uns auch in dieser Serie das immer gleiche Spiel mit wechselndem Hintergrund, so wie es schon bei “Assassins Creed“ der Fall ist. Und das wäre mehr als schade.


Pro:
- riesige Spielwelt
- hübsche Optik
- Hardwarehunger vergleichsweise moderat
- Vertonung (sowohl Englisch wie auch Deutsch)
- es ist komplett uns überlassen wie wir was und in welcher Reihenfolge angehen
- dank unzähligen optionalen Nebenaufgaben sehr lange Spielzeit
- Pagan Min als Antagonist ziemlich cool...


Contra:
- ...aber nicht so grossartig wie Vaas Montenegro
- Wasserdarstellung nicht mehr Zeitgemäss, Texturen teilweise ziemlich unscharf
- Sprünge (Gameplay und Grafik) im Vergleich zum Vorgänger beinahe nicht vorhanden
- etwas repetitiv
- Surroundsound nicht sonderlich überzeugend



Grafik: 85%
Sound: 78%
Steuerung: 82%
Atmosphäre & Story: 80%
Multiplayer: keine Wertung, da nur Coop-Modus getestet
Gesamtwertung: 80%


Hardwareanforderungen
Spielbar:
Grafikkarte: GTX 560 Ti oder Radeon HD 7790
Prozessor: Core i5 661 oder Phenom II X3 720
Arbeitsspeicher: 4,0 GByte
Festplattenspeicher: 32 GByte


Ab hohen Details:
Grafikkarte: Geforce GTX 660 oder Radeon HD 7870
Prozessor: Core i5 750 oder Phenom II X6 1055T
Arbeitsspeicher: 6,0 GByte


Empfohlen:
Grafikkarte: Geforce GTX 780 oder Radeon R9 290
Prozessor: Core i5 2400 oder Phenom II X4 965
Arbeitsspeicher: 6,0 GByte


Testsystem:
Grafikkarte: Geforce GTX 660 OC
Prozessor: Intel Core i5 3550
Arbeitsspeicher: 8,0 GByte