"Those whom the gods detest"-Tour 2011
Nile. Ein Name, eine Band, eine Legende. Rein technisch gesehen gehören die 3 Männer aus South Caroline zu den besten Death Metal Bands auf unserem Planeten und bereits vielerorts wurden auch ihre Livequalitäten hochgelobt. Bei ihrem Besuch im Zürcherischen Dietikon am Samstag den 29.01.2011 durfte ich mich also erstmals selbst davon überzeugen, wie gut die Herren wirklich sind. Doch eines nach dem andern.

Location
Das Sounddock 14 in Dietikon ist wohl nicht unbedingt die Art von Club, die sich manche Band gewohnt ist - erinnert es doch rein optisch eher an eine alte Lagerhalle als an ein Konzertlokal. Ein kalter Betonboden, kahle Betonwände die teilweise mit Holz verkleidet wurden sowie ein Schiebetor aus Blech sorgen hierbei für das nötige Feeling. Platz bietet das Dock für rund 400 Leute und war auch an jenem Samstag durchaus gut besucht, was nicht zuletzt für einige Schwierigkeiten sorgen sollte, wenn man zur Bar, auf die Toilette oder nach draussen gelangen wollte.
Um eine dieser drei Destinationen erreichen zu können, muss man sich zwischen Mischpult/Wand, Mischpult/Merchandise oder Mischpult/Bar vorbeiquetschen, was alles andere als leicht ist, wenn alles mit Menschen zugestellt ist. Die haben natürlich alle ihr gutes Recht genau dort stehen zu dürfen, aber vor allem wenn man dringendst das Klo besuchen wollte, war es ungemein mühsam, sich erst an 50 durstigen Metallern mit langen Haaren vorbeizuquetschen, die oftmals auch noch einige Zentimeter grösser waren als meine eher kurzgeratene Wenigkeit.
Das Klo indes war, gemessen an der allgemeinen Qualität der Einrichtung, durchschnittlicher Standard. Es war zumindest am Anfang sauber, die Spülungen funktionierten und es war auch genügend Papier vorhanden um sich nach dem Händewaschen die Finger auch noch trocknen zu können.
Die Bar ist verhältnismässig kurz geraten und war mit nur 3 Bedienungen natürlich stark ausgelastet und es vergingen oft (zu) viele Minuten bis man seine Bestellung aufgeben konnte. Die Preise hingegen sind relativ fair (gemessen am Zürcher Standort) und die Auswahl der Getränke für ein Konzertlokal durchaus ausreichend.
Die kleine Bühne war ausreichend beleuchtet und hoch genug, so dass man die Musiker eigentlich von jeder Position aus gut erblicken konnte und auch soundtechnisch vermochten die doch eher kleinen Lautsprecher zu überzeugen und die Klänge gut im Raum zu verteilen.

Im Endeffekt bleibt einfach die Tatsache, dass das Sounddock viel zu eng ist, was sich auch bemerkbar machte wenn plötzlich die Hälfte der Besucher in den Eingangsbereich wollte um eine zu rauchen, oder sich eine Kleinigkeit vom Met- oder Burgerstand zu gönnen. Denn auch dort war v.a. durch die Umzäunung der Platz sehr beschränkt und kaum Bewegungsfreiheit vorhanden.
Positiv ist die Nähe zum Bahnhof Dietikon, welcher in etwa 5-10 Minuten bequem zu Fuss zu erreichen ist.

Somit erhält die Location von mir 7/10 bangende Metallköpfe.


Preise
Wie bereits erwähnt bewegten sich die Preise in einem fairen Rahmen, gemessen daran, dass man sich immerhin im Kanton Zürich befand. 6 Franken für 4dl Bier plus 1.- Pfand gingen in Ordnung, wie auch der Eintrittspreis von 38 Eiern für die gebotenen 5 Bands. Hinzu kamen 5.- für die doch eher kleinen, nicht allzu üppigen Burger und verhältnismässig stattliche Preise für einen Becher Met.

Für die Preispolitik hagelt es hier 8/10 bangende Metallköpfe.


Bands
Musikalisch bot der Veranstalter an diesem Samstag eine nette Mischung verschiedener Stile, wobei eine junge Band aus der Westschweiz den Anfang übernehmen durfte. "Dark Rise" hiessen die jungs und fielen in erster Linie durch ihren sehr schlechten Frontmann auf, der eher an einen sterbenden brünftigen Hirsch erinnerte, als an jemanden der wirklich wusste wie man growlt. Sehr schade, weil die Jungs rein vom musikalischen her ihre Sache nichtmal allzu schlecht machten. Für einen Opener letztendlich jedoch in Ordnung.

Als nächstes wurde es mit schwedischem Melo-Death von "Zonaria" etwas homosexueller auf der Bühne. Allein ihr Outfit sorgte für den einen oder anderen Schmunzler: Gothic-Stil kombiniert mit Hockeypads anstelle der Bauchmuskulatur war dann doch etwas merkwürdig. Die Songs gingen allerdings ins Ohr und sorgten für ein paar nickende Köpfe, ohne aber gross begeistern zu können. Ein Auftritt ohne Tiefen, aber auch ohne wirkliche Höhen.

Dritte im Bunde kamen aus Deutschland, hörten auf den Namen "Dew Scented" und prügelten dem Publikum eine gelungene Mischung aus Death und Thrash um die Ohren. Erstmals an jenem Abend kam wirkliche Stimmung auf, man sah erste Circle- und Moshpits und auch die Band hatte sichtlich Spass. Der bis dato sicherlich beste Auftritt des Abends.

"Melechesh" aus Israel kannte der eine oder andere bereits vom MehSuff Metal Festival und wusste deshalb was hier geboten würde: orientalisch anmutender Black Metal mit netten Soli, gut akzentuierten schnellen Blasts und einer guten Portion Melodie. Wenn es auch nicht so ganz mein Fall war, so kann man das Set dennoch als kurzweilig und gut bezeichnen - wennauch nicht sonderlich speziell.

Zu fortgeschrittener Stunde versammelte man sich dann im Saal um "Nile" zu sehen - für die meisten wohl der Hauptgrund weshalb man überhaupt angereist war. Die Uhr zeigte bereits 23:30 und eigentlich sollten die Amerikaner seit gut 50 Minuten auf der Bühne stehen. Diese Art von Verzögerung kennt man zwar von den meisten anderen Konzerten, aber was dann geschah, spottet jeglicher Normalität: Roadies betraten die Bühne und fingen an, an Gitarren rumzuzupfen. Ganz langsam und gemächlich, ohne Hast. Zwischendurch kamen Rufe vom eigens mitgebrachten Mann am Mischpult, dann verschwand wieder jemand von der Bühne, ein anderer kam und es war ein ständiges Hin und Her, während von "Nile" noch überhaupt nichts zu erkennen war. Gitarren wurden gestimmt, Mikros am Drumkit befestigt, alles durchgecheckt - jedoch mit der geschwindigkeit einer bekifften Galapagosschildkröte.
Das interessanteste daran: wer selbst in einer Band spielt, weiss, dass genau solche Dinge bei Ankunft erledigt werden sollten. Da führt man einen Soundcheck durch und macht alles bereit, so dass man letztendlich nur noch die Bühne zu betreten braucht - vor allem wenn sowohl Verstärker wie auch das komplette Drumkit bereits den ganzen Abend hindurch auf der Bühne bereit standen. Aufgebaut, versteht sich. Somit verstrichen unglaubliche 45 Minuten(!) bis sich die vier Herren dann doch mal auf die Bühne bequemten um ihr Set zu beginnen. Zwar entschuldigte man sich für "technical difficulties", aber selbst das war angesichts der Wartezeit dann eher lächerlich - nicht zuletzt da jede Band zuvor einfach loslegen konnte und sogar gut klang, und ein netter junger Herr hinter mir meinte, dass "Nile" genau das selbe schon einmal abgezogen hätten. Sehr schwach.
Das Set vermochte dann leider auch nicht mehr, meine hohen Erwartungen zu erfüllen. Die Songauswahl war zwar durchdacht mit viel neuem und auch einigen älteren Klassikern; aber das Ganze wurde viel zu lieblos präsentiert. Karl Sanders beispielsweise stand fast immer genau am selben Fleck und zupfte eher gelangweilt an seiner Gitarre rum. Kein Wort zum Publikum, keine wirbelnden Haare, gar nichts. Nur seine Killerplauze die er nach knapp einer Stunde wieder von der Bühne schob, nachdem er die Gitarre wortlos an seinen Roadie weitergereicht hatte. Von Enthusiasmus oder Freude keine Spur - einzig der mitgebrachte Live-Bassist gab sich Mühe, sprach zum Publikum, spielte technisch hervorragend und vermochte auch die Vocals gut rüberzubringen. Ansonsten war der Auftritt der Mannen sehr enttäuschend und konnte meine Erwartungen nicht ansatzweise erfüllen. Dumm nur, dass ich ihnen bereits vor dem Auftritt 30 Kröten für ein T-Shirt in den Rachen geschoben hatte.

Alles in Allem verdient die Bandauswahl 6/10 bangende Metallköpfe, was durchaus auch mehr hätte sein können - das Potential war jedenfalls vorhanden.


Fazit
Hatte ich meinen Spass bei diesem Konzert? Jain. Nachdem meine Stimmung anfangs sehr hoch angesiedelt war, fiel sie vor dem Auftritt von Nile in den Keller. Die lange Wartezeit und die Allüren der Band machten vieles zunichte und nahmen dem Abend den ganzen Schwung.
Werde ich wieder nach Dietikon tingeln? Sehr wahrscheinlich. Werde ich mir Nile nochmals ansehen? Höchstens in einem anderen Rahmen.

Gesamthaft 21/30 bangende Metallköpfe mit einem sehr faden Beigeschmack.