Es war ein langer, steiniger Weg für Charles Cecil und sein Studio von „Revolution Software“, bis
“Baphomet’s Fluch 5: Der Sündenfall“ endlich realisiert werden konnte - und einer, der tausende von Spielern weltweit bis zuletzt auf die Folter spannen sollte. Konnte die fünfte Episode endlich wieder an die packenden Teile 1 & 2 anknüpfen, oder verlor sich das Ganze so sehr im Sande wie schon die letzten Ableger?
Es war unter anderem Cecils eigene Aussage, die vor rund 12 Jahren besagte, das klassische Point & Click Adventure sei tot. Aufgrund der sinkenden Absatzzahlen diverser Titel entschlossen sich sämtliche grösseren Studios dazumal, auf die aufkommende 3D-Technik umzusteigen; was letztendlich in den beiden
“Baphomet“-Titeln
“Der schlafende Drache“ und
“Der Engel des Todes“ gipfelte, die jedoch sowohl bei Kritikern wie auch bei Fans für wenig Begeisterung sorgten. Steuerung und Rätseldesign entfernten sich zu stark vom Bekannten und wollten nicht so richtig in das Adventurekonzept passen. Aus den Titeln wurden Ladenhüter und lange Zeit war es still um den sympathischen Engländer und sein Team – bis zum 23. August 2012, als der fünfte Teil der Serie offiziell angekündigt und vorgestellt wurde.
Ohne zahlungskräftigen Publisher im Rücken wandte man sich an die Fans und bat mittels Kickstarter-Kampagne um finanzielle Unterstützung für das Projekt. Innerhalb kurzer Zeit wurde das angepeilte Ziel erreicht und die Entwicklung schritt in grossen Sprüngen voran.
Erste Infos und Screenshots zeigten ein klassisches Adventure im stimmigen Comiclook – es sollte also zurück zu den Wurzeln gehen. Doch die entscheidende Frage bis zuletzt war: konnte Revolution den Zauber aus vergangenen Tagen nochmals aufleben lassen oder sollte dieser fünfte Auftritt der vorerst letzte werden?
Story
Paris im Frühling. So begann bereits der erste Teil der Serie; und erneut wird Protagonist George Stobbart bereits nach kurzer Zeit mit einem handfesten Mord konfrontiert. Dieses mal besucht er gerade eine Kunstgalerie, aus welcher ein vermeintlicher Pizzabote kurzerhand ein Gemälde entwendet und dabei den Inhaber der Galerie kaltblütig seines Lebens beraubt. Doch der Dieb hat die Rechnung ohne Hobbydetektiv George gemacht, der natürlich noch am Tatort beginnt, die Ermittlungen auf eigene Faust zu führen. Wieso hat der Dieb gerade dieses Gemälde entführt? Das symbolische Bildnis einer Schlange die sich in den eigenen Schwanz beisst, rundherum scheinbar göttliche Figuren, die Augen auf einen alten Baum gerichtet – La Malediccio.
Als der vermeintliche Besitzer des Gemäldes auftaucht führt die Spur via London nach Spanien und erneut sieht sich George erneut in eine Weltumspannende Verschwörung verwickelt, rund um die Gnostiker, Katharer und natürlich die Templer.
An seiner Seite ist einmal mehr die Charmante Pariser Journalistin Nicole Collard sowie die eine oder andere Nebenfigur die man bereits aus den Vorgängern kennt. Ein altbekanntes Spielgefühl stellt sich aufgrund der Umstände also recht schnell ein, und doch will der Funke lange Zeit nicht so wirklich überspringen.
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Trailer bei Youtube
Gameplay & Steuerung
Wer sich auf
“Baphomet’s Fluch 5: Der Sündenfall“ einlässt, soll genau das kriegen was er auch erwartet: ein klassisches Point & Click Adventure mit handgezeichneten Hintergründen und einer spannenden, mysteriösen Story. Oder zumindest
sollte man das kriegen, denn irgendwie hat man stets das Gefühl, bei Revolution Software wäre die Zeit stehen geblieben.
Das hat natürlich auch seine guten Seiten, wie beispielsweise die Steuerung, deren Aufmachung wir sogar frei wählen dürfen. Wir können entweder genau so navigieren und rätseln wie es schon in den Vorgängern der Fall war, oder aber wir nehmen die leicht veränderte Benutzeroberfläche der neuaufgelegten „Directors Cut“ Editionen, die erst für Nintendo DS/Android/iOS veröffentlicht wurden und danach auch im Steam-Shop auftauchten.
Egal für welche wir uns entscheiden, die Steuerung per Maus geht flüssig und Leicht von der Hand, es gibt kaum Stolpersteine oder unnötige Klicks welche es zu überwinden gilt wenn wir eine bestimmte Aktion ausführen möchten.
Verzichtet hat man allerdings auf den typischen Doppelklick mit dem wir Szenen sofort verlassen können. Immerhin geht unser Protagonist jeweils nur einige Schritte bis zum Ausgang, bevor die Szenerie von selbst wechselt.
Etwas störend empfinden manche vielleicht das eher gemächliche Tempo mit dem sich George und Nico durch die Hintergründe bewegen. Dazu tragen auch diverse Animationen bei, die jeweils erst komplett abgeschlossen sein wollen bevor die eigentlich initiierte Aktion beginnt. So geht George beispielsweise gerne erst komplett um Objekte herum und stellt sich genau an den für ihn vorgesehenen Platz bevor er ein Objekt betrachtet, damit interagiert oder ein Gespräch beginnt. Das ist vor allem dann nervig, wenn man sich möglicherweise verklickt, oder vergessen hat, ob man etwas bereits angeklickt hatte.
Die einfache Steuerung macht sich dann im Endeffekt auch im Rätseldesign bemerkbar: wählen wir einen Gegenstand im Inventar per Klick aus und versuchen diesen mit einem anderen Objekt zu benutzen, so fällt dieser wieder in seine Position zurück sofern die Aktion nicht erfolgreich war.
Somit haben es auch nur einige wenige harte Kombinations-Kopfnüsse in das fertige Spiel geschafft – die meiste Zeit warten die eingesammelten Gegenstände bloss im Inventar auf ihren Einsatz, während wir viele Rätsel eher im vorbeilaufen lösen.
Wir wissen nicht wie wir fortfahren sollen? Ein Gespräch mit einer der Nebenfiguren wirkt wahre Wunder, denn auf einmal kann ein zuvor uninteressantes Objekt näher betrachtet oder sogar benutzt werden und die Rätselmühle dreht sich weiter. Dabei ist es in Gesprächen leider auch völlig belanglos, welche Dialogoption wir wählen; Hauptsache jedes Thema wird abgehakt. Wir werden nicht vor Entscheidungen gestellt, können unser Gegenüber nicht verärgern oder nur mit einer passenden Antwort weiterkommen, genau so wenig ist es uns möglich das Zeitliche zu segnen.
Das sind zwar allesamt Punkte wie wir sie heutzutage in jedem modernen Adventure zu Gesicht kriegen, aber das macht die Sache nicht zwingend besser. Selbst ein strikt lineares Gespräch kann unglaublich spannend sein – sofern es denn auch so inszeniert wurde.
Waren die Unterhaltungen von George und Nicole früher mit passendem Wortwitz gespickt, fehlt davon schon fast jede Spur. Die meisten Gespräche geben sich zu ernst, der aufblitzende Humor wirkt zumeist stark erzwungen und will nicht so recht zu den Charakteren passen wie wir sie in den vergangenen Jahren kennengelernt haben. Gerade der Amerikaner wirkt zwar nach wie vor sehr sympathisch, hat aber ein gutes Stück von seinem Charme eingebüsst und wirkt dadurch entschieden langweiliger als zuvor. Aber vielleicht sind das auch nur die Alterserscheinungen.
Grafik & Sound
Immerhin konnte man für Mr. Stobbart mit Alexander Schottky nochmals den selben Sprecher engagieren, der dem Blondschopf bereits zuvor seine Stimme verlieh. Dieser macht seinen Job wie gewohnt gut und auch die meisten der Nebencharaktere überzeugen mit einer gelungenen Vertonung, wenn auch die Dialogregie nicht immer so ganz passt. Manche Sätze wirken ein wenig zu enthusiastisch, während bei anderen die Emotionen gerne noch stärker ausfallen dürften.
Die Audioqualität als Gesamtes stimmt jedoch, woran auch die einmal mehr tolle Hintergrundmusik ihren Anteil hat. Im passenden Moment eingesetzt untermauert sie die Grundstimmung entscheidend und trägt viel zur richtigen Atmosphäre bei.
Grafisch haben sich jedoch die ersten Zweifel bestätigt, die bereits beim Betrachten der ersten Screenshots aufkamen: zwar sind die Hintergründe allesamt hübsch gezeichnet, lassen jedoch in den Details ein wenig zu wünschen übrig. Es gibt genügend populäre Genrevertreter die zeigen, wie es noch besser gehen könnte.
Das trifft leider auch auf die Figuren zu: die 3D-Gitter-Modelle bewegen sich etwas hölzern durch die Umgebungen und hätten gerne noch einige zusätzliche Polygone und Details vertragen können.
Somit merkt man leider auch deutlich, dass die Figuren im Nachhinein eingesetzt wurden – es wirkt nicht wie aus einem Guss und entfernt sich damit auch vom ursprünglichen Charme des Comiclooks der ersten Teile. Dass man 3D Figuren problemlos mit flachen Hintergründen verbinden kann, hat bereits das 12 Jahre alte
“Runaway“ gezeigt.
Fazit
Ich war sehr gespannt auf den fünften Ableger der
“Baphomet’s Fluch“-Reihe, doch
“Der Sündenfall“ hat mich zu grossen Teilen enttäuscht.
Noch heute erinnere ich mich gerne an die spannende Geschichte rund um die Templer, die mit Verschwörungstheorien und historischen Querverweisen nur so um sich geworfen hat. Bis zuletzt rätselte man, was es mit diesem Baphomet denn nun auf sich haben sollte und welches Ziel die Templer der Neuzeit verfolgen.
Grundsätzlich hat man genau die selbe Formel auf diesen neuen Teil angewandt: ein mysteriöses Bild, die Gnostiker und ein fanatischer Kult. Das Problem ist nur, dass mich die Geschehnisse dieser Story völlig kalt gelassen haben, es war mir schlichtweg egal. Ich vermisste nicht nur den Humor, sondern auch das packende Element, welches mich wie in einem guten Thriller immer weiterrätseln lässt, selbst wenn ich den Rechner längst ausgemacht hatte.
Man könnte sagen, dieser neue Teil ist in erster Linie steril, ohne besondere Ecken und Kanten, die ihn zu einem Juwel der Serie machen. Alles wirkt glattpoliert und genau so wie es die Fans haben wollten, indem man sich sehr stark an den erfolgreichen alten Teilen orientierte. Doch leider hat sich auch das Adventuregenre weiterentwickelt und so wie
“Baphomet’s Fluch 5: Der Sündenfall“ im Jahr 2014 daherkommt, wirkt es einfach zu altbacken – und das ganz ohne Retro-Charme.
Dabei verzichtet Georges neuestes Abenteuer doch auf so vieles um sich von modernen Spielen abzuheben: es gibt keine Hotspot-Anziege für Objekte und Ausgänge, nur selten Rendersequenzen und keine spielzeitstreckenden Schiebe- und Schalterrätsel. Man besann sich auf die alten Tugenden und designte das kompletre Spiel rund um Inventar- und Dialogrätsel – nur leider nicht allzu gute. Die Dialoge sind oftmals in die Länge gezogen und uninteressant, während die Rätsel zu selten die Hirnwindungen so richtig in Wallung bringen und nebenbei eher durch ihre oftmals abstruse Logik zum Verzweifeln anregen.
Dieses neue
“Baphomet“ ist bei weitem kein schlechtes Spiel und dürfte für fanatische Abenteurer sowieso ein Pflichtkauf werden. Wer jedoch die Erwartungshaltung ein wenig herunterschraubt und sich damit abfinden kann, dass dieser neue Teil nicht die Klasse der ersten beiden erreicht, der wird trotzdem einige spassige Stunden hiermit verbringen können.
Pro:
- hübsche Hintergründe
- Dialoge zumeist gut gesprochen
- so mancher Ortswechsel
- einfache, durchdachte Steuerung
- George und Nico sind wieder unterwegs…
Contra:
- …aber nicht so charismatisch wie zuvor
- Figuren passen nicht zu 100% in die 2D-Hintergründe
- Story nicht allzu spannend
- Rätsel zu seicht oder zu unlogisch
Grafik: 75%
Sound: 83%
Steuerung: 85%
Atmosphäre: 75%
Gesamtwertung: 72%
Hardwareanforderungen
Minimal:
Grafikkarte: Geforce 6600GT oder äquivalent
Prozessor: Pentium 4 1,6 GHz
Arbeitsspeicher: 1,0 GByte
Empfohlen:
Grafikkarte: Geforce 9600GT oder äquivalent
Prozessor: Core 2Duo E4400
Arbeitsspeicher: 2,0 GByte
Testsystem:
Grafikkarte: Geforce GTX 660 OC
Prozessor: Intel Core i5 3550
Arbeitsspeicher: 8,0 GByte