Donnerstag, 19. Dezember 2013
"Der Hobbit - Smaugs Einöde" Filmkritik



Bereits im Dezember letzten Jahres liessen sich abertausende von Mittelerde-Fans von "Der Hobbit - Eine unerwartete Reise" im Kino verzaubern. Das Lob der Kritiker war gross und auch viele alteingesessene Fans von "Der Herr der Ringe" fanden gefallen an dem Film. Doch es gab auch so manche, denen dieser erste Teil der Hobbit-Trilogie zu slapstickartig, zu blankpoliert und zu wenig fantastisch war. Gerade bei der teilweise langgezogenen Geschichte schieden sich die Geister, wie auch bei auftauchenden Figuren welche so oder in ähnlicher Form nicht einmal in der Buchvorlage auftauchten.
Der Trailer und die Vorankündigung zu "Smaugs Einöde" versprach wiederum etwas pompöser, spannender und auch actionorienterter zu werden - viele sprachen nach den ersten Pressevorführungen gar von einem noch besseren Filmerlebnis. So stellt sich also die Frage: hat es Regisseur Peter Jackson diesmal geschafft, wieder an alte "Der Herr der Ringe"-Glanztaten anzuknüpfen, oder droht diesem zweiten Teil das relativ typische Schicksal eines lückenfüllenden Zwischenteils einer Trilogie?


Vorsicht! Ab hier gilt möglicherweise Spoilergefahr für all jene, die den Film noch sehen wollen ohne Details zu erfahren! Wer dem entgehen möchte, springt bitte gleich zum "Bild"-Abschnitt hinunter oder liest lediglich das Fazit.


Story
Der junge Hobbit Bilbo, der Maiar Gandalf und ihre zwergischen Gefolgsleute befinden sich noch immer auf der Flucht vor Azog, dem Anführer der Orks - und bis zum einsamen Berg ist es noch ein weiter Weg, auf dem viele Gefahren lauern. So verschlägt es die Truppe auch durch den Düsterwald, in dem König Thranduil mit seinen Elben lebt, die vor allem Zwergen gegenüber nicht sonderlich freundlich gesinnt sind. Doch die Elbenkriegerin Tauriel empfindet schnell Sympathie für einen der kleinen Bergleute und setzt sich zum Ziel, diesem zu helfen, als die Gefolgschaft auf ihrer erneuten Flucht von Orks angegriffen und dieser eine schwer verwundet wird. Doch die nahegelegene Seestadt ist unweit vom einsamen Berg entfernt - dort hin zu gelangen erweist sich jedoch als weitere Hürde, spätestens als den ortsansässigen Menschen klar wird, wen die Zwerge tief unter dem Berg mit ihrem Abenteuer erwecken werden...


-> Trailer bei Youtube


Schon allein durch das erneute rekonstruieren der Story wird einem bewusst, wie wenig Inhalt dieser Film tatsächlich bietet. Und dabei ist noch nicht einmal mit einberechnet, dass sowohl Legolas wie auch Tauriel in der Buchvorlage keinen Auftritt hatten, sondern lediglich in den Anhängen sowie im Silmarillion Erwähnung finden. Somit bieten sie für die Geschichte ansich genau so wenig Mehrwert wie der erneut eingebundene Azog oder der sich abspaltene Gandalf. Gerade seine Szenen gehen im Kontext des einzelnen Filmes absolut unter. Das Treffen mit Radagast an der Grabstätte der neun Menschenkönige (die späteren Ringgeister) ergibt genau so wenig Sinn wie die diversen Unterhaltungen der Zwerge. Vieles ist komplett inhaltsleer, trägt nichts zur Geschichte oder zur Charakterzeichnung bei und hilft nur dabei, den Film unnötig in die Länge zu ziehen.
So wird zwar der eine oder andere Zwerg ein wenig näher beleuchtet, bis auf diese Ausnahmen bleiben sie allerdings absolut austauschbar. Als bestes Beispiel dient eine Szene in welcher mindestens einer der Truppe fehlt - und es keinem einzigen Zuschauer auffällt.

Besonders auffällig hingegen ist Legolas, den man einer digitalen Verjüngungskur unterzogen hat, damit er sich von seinem Ebenbild der "Der Herr der Ringe" Trilogie unterscheiden kann. Das Endergebnis ist jedoch relativ bescheiden ausgefallen und wirkt ziemlich merkwürdig, fast so sehr wie die Tatsache, dass der junge Elbenprinz wie ein Gummiball zwischen den Orks herumhüpft, auf den Köpfen der Zwerge balanciert während er weitere Feinde in einer Geschwindigkeit tötet, die jeden Zeitraffer überflüssig machen. Natürlich, auch in der vorangegangenen Trilogie war der Elb ein sehr fähiger und wendiger Kämpfer - doch selbst da waren Fans empört als er auf einem Schild wie auf einem Skateboard ritt oder in weniger als 1 Minute den Rücken eines Mumakil bestiegen hatte. Aber der Legolas aus "Smaugs Einöde" toppt an lächerlichkeit wirklich alles bislang dagewesene im Mittelerde-Universum.
Doch er und seine digital animierte Kampfkunst steht stellvertretend für den halben Film: fast alle Actionszenen entstanden am Computer und sämtliche tierischen Wesen sowie Orks sind ebenfalls digitaler Natur. Vorbei sind die Zeiten in denen man in stundenlanger Arbeit aus einem Schauspieler einen furchterregenden Uruk-Hai bastelte und bloss für Massenszenen zum Computer griff.

Das diente letztendlich dem Zweck, die Actionszenen rasanter zu gestalten, was allerdings im kompletten Gegenteil zu dem steht, was man aus "Der Herr der Ringe" kennt. Durch die unfreiwillig komischen Kämpfe entfaltet sich ein ganz eigenes Feeling, und zwar eines, das man nicht mögen muss.

Natürlich bleibt "Der Hobbit" in seiner Urfassung ein Kinderbuch, aber diese filmische Umsetzung zeigt ein gänzlich anderes Bild von Mittelerde. Beispielsweise hätten es weder Frodo noch Sam, Merry oder Pipin jemals mit (sprechenden!) Spinnen in einer Überzahl aufgenommen und wären dabei auch noch als Sieger hervorgegangen. Hingegen hätte Gimli mindestens einigen von ihnen die Köpfe eingeschlagen, während sich 13 seiner Artgenossen binnen Minuten von ihnen einspinnen lassen.
Sind Gimli und Bilbo einfach die besseren Kämpfer als ihre Verwandten? Lassen wir die Frage als Vergleich einfach mal so im Raum stehen... Fakt ist: eine sprechende Kankra in "Die Rückkehr des Königs" hätte dem ganzen Film einen derben Schlag in die Magengrube versetzt.


Bild & Ton
Peter Jackson und sein neu entdecktes HFR Format sind eine Geschichte für sich. Zwar erstrahlen die erneut mit sehr viel Liebe und Hingabe gestalteten Sets und Kostüme gestochen scharf und in einem enormen Detailreichtum, die 48 Bilder pro Sekunde sorgen jedoch auch dafür, dass vieles einfach zu unecht und unnatürlich wirkt. So fällt es einem auch um vieles leichter, all die digital erstellten Effekte zu erkennen, während sich dazumal Gollum beinahe nahtlos mit in das Bild einfügte. Somit sorgt das allgemein sehr digitale Bild für einen enorm eigenwilligen Look - schliesslich sind gut 80% des Filmes am Computer entstanden. Und gerade hier zeigt sich, wie episch "Der Herr der Ringe" in seiner Umsetzung und Ausstattung einfach war, während man den Hobbit kurzum am Computer gestaltete und weitaus weniger Handwerkskunst mit eingeflossen ist.

Doch irgendwie bleibt auch der fahle Nachgeschmack, dass selbst der hochgelobte Howard Shore weniger Einfallsreichtum besass als er für diese neue Trilogie komponierte. Nicht eines der erklingenden Stücke erreicht annähernd einen markanten Charakter und spätestens beim eher wenig gelungenen Titeltrack im Abspann hat man die musikalische Untermalung komplett vergessen.


Fazit
Nachdem mir bereits der erste Teil nicht wirklich gefallen hat, ging ich ohne jegliche Erwartung in die Vorstellung von "Smaugs Einöde" und wurde trotzdem bitter enttäuscht. Der auf erneute 2,5 Stunden aufgeblasene Mittelteil einer 300-seitigen Geschichte strotzt nur so vor Langeweile. Kein Inhalt, keine Spannung, keine Dynamik. Man versucht zwar zwischen die überaus lächerlichen Actionszenen auch ruhigere Momente einzustreuen, doch selbst jene besitzen keinerlei Bedeutung. Als Beispiel sei hier der Kurzbesuch bei Beorn genannt. Man übernachtet, frühstückt, der Hautwandler sagt dass er Zwerge nicht ausstehen kann, Orks aber noch mehr hasst, man zieht weiter ohne sich zu verabschieden. Beorn mag in Mittelerde durchaus eine Rolle spielen, hier jedoch ist sein kompletter Auftritt völlig für die Katz und man fragt sich zurecht, wieso er überhaupt eingebaut wurde.
Das gilt auch für sämtliche anderen Szenen die entweder gar nicht oder in ganz anderer Form im Buch vorkamen. Gerade erstere unterscheiden sich leider nur allzu deutlich von den "echten" Szenen und machen den Film um einiges schlechter als er eigentlich sein sollte.
Irgendwann quält man sich dann doch bis zum Finale, welches allerdings erst stattfindet nachdem sich Bilbo fast 30 Minuten lang mit Smaug unterhält, bevor der eigentliche Endspurt beginnt und ziemlich aprupt in einem erneuten Cliffhanger endet.

"Smaugs Einöde" ist nicht nur ein "typischer" Mittelteil ohne richtigen Anfang oder ordentlichen Schluss, er ist vor allem in seiner gezeigten Form absolut überflüssig, langgezogen und vergleichsweise schlecht. Gerade durch "Die zwei Türme" sollte Peter Jackson eigentlich wissen wie man einen Mittelteil drehen sollte, der sich in seiner Qualität nur unwesentlich von den Eckpfeilern unterscheidet - doch hier hat sämtliches Know-How versagt.
Meine durchaus gnädige Wertung ergibt sich letztendlich bloss durch die Verneigung vor den schön gestalteten Sets und Kostümen sowie dem erneut gut ausgewählten Cast. Alles andere ist für mich der Inbegriff einer abgrundtiefen Enttäuschung.
Oder um es noch deutlicher auszudrücken: hätte ich nicht 16.- SFr Eintritt dafür bezahlt, wäre ich ~45 Minuten vor Schluss aufgestanden und gegangen. Und das kam noch nie vor.

-> 5/10 Punkte