"Pacific Rim" Blu-Ray Review
Eigentlich hatte es
"Pacific Rim" diesen Sommer als Blockbuster verhältnismässig schwer. Keine Buchvorlage, keine Vorangehenden Comics, kein Videospiel oder sonstwas woraus man bereits eine breite Fanbase ziehen konnte. Regisseur Guillermo del Toro musste allein durch Vorabberichte und Trailer auf seinen neuesten Film aufmerksam machen, der grundsätzlich vor allem Fans bombastisch-fantastischer Action ansprechen sollte. Nach
"Hellboy" oder
"Pan's Labyrinth" wusste der geneigte Filmfreak natürlich, dass der Mexikaner mit fantasievoller Bildgewalt umgehen kann und war dann natürlich umso gespannter, was mit
"Pacific Rim" auf uns zukommt. Doch was genau steckt hinter dem Titel und wieso haben - vor allem - Actionfans den Blockbuster so richtig gefeiert?
Story
Wer ausserirdisches Leben sucht, schaut zumeist in den Himmel, um eines Tages vielleicht doch ein U.F.O. zu entdecken. Doch was wenn das gar nicht der Ursprung extraterrestrischer Lebewesen ist? Was wenn sie ganz wo anders erscheinen, beispielsweise aus einem Riss im Erdinneren? Genau ein solcher tut sich zwischen zwei tektonischen Platten auf, in dessen Inneren sich ein Portal zur Welt der "Kaiju" befindet. Diesen Namen gaben die Menschen den überdimensionalen Riesenmonstern die dem Riss entstiegen und die Küstenstädte der Menschen angriffen. Erst nach stundenlangen Kämpfen brachten Panzer und Flugzeuge mit ihren Geschossen die ersten "Kaiju" zur Strecke, was bei einem erneuten Angriff schlichtweg zu lange dauern würde. Also erschuf man das Jaeger-Programm: den Monstern ebenbürtige Riesenroboter, die von 2 Menschen gesteuert wurden, die zusammen eine Gedankensymbiose eingehen.
Als die Angriffe immer häufiger und heftiger werden, gehen dabei erstmals auch die Menschenleben der Jaeger-Soldaten verloren. Einer davon ist Yancy Becket, dessen Bruder Raleigh dem halbzerstörten Jaeger schwerverletzt entsteigen und sich an Land retten kann. Er quittiert den Dienst und arbeitet fortan beim Bau einer riesigen Mauer, welche die Küstenstädte vor den Angriffen der "Kaiju" schützen soll, während sämtliche verbliebene Jaeger eingemottet und verschrottet werden sollen. Doch als die Mauer noch nicht einmal den ersten Angriff übersteht, klopft das Ende der Menschheit mit aller Wucht gegen seine Tür...
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Gigantische Roboter hauen noch grösseren Monstern die hässliche Rübe ein. So könnte man die dünne Handlung von
"Pacific Rim" möglichst simpel zusammenfassen. Das erinnert auf den ersten Blick ganz klar an eine Mischung aus
"Godzilla" und
"Transformers" und nimmt sich von beiden Filmen das beste heraus. Der Unterschied ist letztendlich, dass man nicht nur dem Ungeheuer dabei zusieht wie es eine Stadt plattmacht oder wie sich verschiedenste Roboter in richtig platten, sinnbefreiten Dialogen um irgend etwas streiten, während ein peinlicher Pubertierender zwischen ihnen herum irrt. Nein, unter del Toros Handschrift spielt die Handlung ganz klar nur eine kleine Nebenrolle. Er verzichtet fast gänzlich auf einen verzweifelt komischen humoristischen Einschlag, sondern konzentriert sich in erster Linie auf das Kernelement des Films: die Action. Zwar lässt er seine Charaktere in den ruhigeren Momenten auch mal zu Wort kommen und versucht ihnen dann sogar ein wenig Tiefe zu verleihen, doch so wirklich weicht keiner vom Schema F ab. Es gibt Helden, Vorgesetzte, aufgeblasene Gockel, besorgte Väter und natürlich eine Frau. Doch fast niemand von ihnen geht einem während des Spektakels ernsthaft auf die Nerven - hier hat der Regisseur ein wirklich gutes Händchen bewiesen und vermag es, die Laune oben zu halten.
Letztendlich ist so manches ein wenig vorhersehbar und wer auf eine spannende, ausgereifte Story setzt, wird hier garantiert nicht fündig werden. Aber das alles will der Film auch gar nicht. Er will genau das, was Michael Bay schon mit
"Transformers" versucht hat: unterhalten.
Bild
Es gab seit Einführung der Blu-Ray so manchen Titel, der mit seinem Bildmaster neue Bestmarken aufgestellt und somit für offene Münder gesorgt hat. Und doch ist es lange her, dass eine Disc allein bildtechnisch so sehr beeindrucken konnte, wie
"Pacific Rim"! Die Bildschärfe ist meistens dermassen hoch, dass die Charaktere beinahe greifbar erscheinen - auch ohne 3D-Brille. Das liegt jedoch auch an den hervorragenden Kontrasten, welche für klare Übergänge und ein harmonisches Gesamtbild sorgen. Stilmittelbedingt sind viele Farben zwar übermässig kräftig und satt ausgefallen, doch liegt alles noch in einem plausiblen Rahmen, da man auch auf überflüssige Überstrahleffekte verzichtet hat.
Dass sich in seltenen Fällen eine kleine Unschärfe aufgrund falscher Fokussierung einschleicht, ist genau so zu verschmerzen wie das sehr sporadisch auftretende, leichte Filmkorn. Als einziges kleines Manko ist das dunkle Bild in manchen Kämpfen zu nennen, was dafür sorgt, einzelne Details zu verschlucken. Abgesehen davon ist mir seit
"Avatar" keine Blu-Ray mehr untergekommen die so fantastisch aussah und deren Bildgewalt mich förmlich erschlagen hat.
-> 10/10 Bildpunkte - neue Referenz!
Sound
Es rummst, es wummert, es kracht und es brummt. Auch akustisch ist
"Pacific Rim" ein wahres Freudenfest für Besitzer einer ordentlichen Surroundanlage. Die DTS-HD Spur in 7.1 lässt nicht nur die gesamte Nachbarschaft erzittern, sondern hört sich auch in Details absolut hervorragend an. Selbst im ununterbrochenen Soundgewitter sind Dialoge noch immer glasklar verständlich, während sich der Subwoofer nach einer kalten Dusche sehnt und die hinteren Lautsprecher so schwer arbeiten wie schon lange nicht mehr. Gerade in Actionszenen scheint das Spektakel aus allen Richtungen zu kommen, während in ruhigeren Momenten die Atmosphäre durch Umgebungsgeräusche oder den gelungenen Soundtrack unterstrichen wird. Einzig bei der herunterskalierten Abmischung in 5.1 ist die Kanalseparation nicht gänzlich gelungen, so dass seltene Unterschiede bei den hinteren beiden Boxen auszumachen sind, wenn ein Ton von links nach rechts hüpft. Davon abgesehen gibt es aber auch hier nichts zu bemängeln - ausser ihr seid der Nachbar von jemandem, der sich den Film gerade ansieht.
-> 9/10 Soundpunkte
Fazit
Ich hätte es nicht für möglich gehalten. Gerade nach Michael Bays Roboterschlacht Nr. 2 und 3 war ich doch sehr ernüchtert und hätte nicht damit gerechnet, dass man aus einem ähnlichen Konzept so viel herausholen kann. Doch Guillermo del Toro hat mich ganz klar eines besseren belehrt und vor allem auch gezeigt, dass er der fähigere Regisseur ist.
"Pacific Rim" kennt selbst in ruhigen Momenten keine Langeweile, setzt nicht auf Plattitüden oder dümmlichen Pathos, sondern liefert mit seinem neuesten Blockbuster ein wahres Fest für die Sinne. Nicht nur Augen und Ohren werden mit einer Reizüberflutung sondergleichen konfrontiert, sondern auch der Filmfan wird seine Freude an dieser Disc haben.
Natürlich, das Hirn sollte man vorab am besten auf Eis legen oder in ein wenig Bier ertränken, aber spätestens dann entfaltet
"Pacific Rim" seine volle Pracht und vermag es auf einer Ebene zu unterhalten, wie es lange kein Film mehr vor ihm tat. Oder um es mit den Worten des kleinen, 12-jährigen Jungen in mir zu sagen: "heilige Scheisse, ist das geil!".
-> 8.5/10 Blu-Ray Punkte
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lendenzorn am 23. November 13
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"Man of steel" Blu-Ray Review
Nach höchst erfolgreichen Ablegern von „Batman“, „Iron Man“, den „X-Men“ und ihren einzelnen Protagonisten, „Spider-Man“ sowie der kompletten „Avengers“-Crew, war es nur eine Frage der Zeit, bis auch er eine Neuauflage erhält wie er sie verdient: der wohl älteste sowie bekannteste Comicheld überhaupt – Superman.
Die in den 70ern entstandenen Verfilmungen mit Christopher Reeve in der Hauptrolle gelten unter Filmfreunden als Klassiker und geniessen Kultstatus – wenn auch dieser Umstand sicherlich auch der oftmals unfreiwilligen Komik von Script und Darstellern zu verdanken ist. Doch nachdem Bryan Singers
“Superman Returns“ sowohl bei Kritikern wie auch beim Publikum gnadenlos durchgefallen ist, musste man sich ernsthaft die Frage stellen, ob der alteingesessene Alleskönner überhaupt noch in der Lage ist, sich mit den heute weitaus populäreren Helden zu messen.
Regisseur Zack Snyder (
“300“,
“Watchmen“) hat sich mit David S. Goyer immerhin einen begabten Schreiberling ins Boot geholt und mit Hilfe von Christopher Nolan, der dieses mal lediglich als Produzent seine Finger mit im Spiel hatte, sollte das Reboot eigentlich eine sichere Sache werden. Doch wer so hoch fliegt wie der Mann mit dem roten Cape, kann auch sehr tief fallen.
Story
Seit Jahrhunderten züchten die Bewohner des Planeten Krypton ihre Nachkommen auf künstliche Art und Weise, um so deren Begabungen und Werdegang bereits im Vornherein bestimmen und somit das Überleben des Volkes sichern zu können. Somit gilt der kleine, auf natürliche Weise gezeugte, Kal-El nicht nur als Wunder, sondern seine Eltern auch als Hochverräter am eigenen Volk.
Angesichts des drohenden Untergangs seines Heimatplaneten sieht Vater Jor-El nur eine Möglichkeit: er stiehlt den Codex der Kryptonier, deponiert diesen mitsamt seinem Sohn in einer Raumkapsel und entsendet diesen in eine neue, Lichtjahre entfernte Heimat. Einen von intelligenten Wesen bevölkerten Planeten Namens Erde.
Dort wird das Kleinkind von den künftigen Adoptiveltern Jonathan und Martha Kent gefunden und unter dem Namen Clark liebevoll aufgezogen. Doch Clarks Fähigkeiten bleiben nicht lange unentdeckt, wobei er selbst erst durch intensive Nachforschungen seine Herkunft erkennt und ihm der Geist seines Vaters Jor-El seine Bestimmung erläutert.
Kurze Zeit später erreicht eine Nachricht aus dem All die noch ahnungslosen Erdbewohner, in der ein gewisser General Zod verlangt, dass sich Kal-El zu erkennen gibt oder die Erdlinge diesen an ihn aushändigen, ansonsten sieht sich ihre gesamte Welt dem Untergang geweiht.
Kal-El, der bis vor kurzem einfach nur Clark Kent war, hält alsbald nicht nur sein eigenes Schicksal, sondern das von 6 Milliarden Menschen in seinen Händen.
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Trailer bei Youtube
Die ersten Verfilmungen wie auch Comics über Superman teilten alle den Aspekt, dass Clark Kent seine Identität stets möglichst geheim halten musste und auch Lois Lane lange Zeit im Dunkeln tappte. Dies wurde in
“Man of steel“ beinahe komplett ausser acht gelassen, da selbst besagte Reporterin (durch die reizende Amy Adams leider ein wenig unpassend besetzt) viel zu schnell hinter das Geheimnis kommt. Der Rest der Geschichte ist reine Routine: ein einzelner Held auf Selbstfindungs-Trip, eine Regierung die ihn erst als Gefahr wahrnimmt und ein relativ austauschbarer Bösewicht. Das hatten wir alles schon mehrmals durchgekaut und wird auch von Zack Snyder nicht besser präsentiert. Einzig die Anwesenheit von Christopher Nolan merkt man dem Film an, der schon aus Batman einen sehr düsteren, von Selbstzweifel geplagten Helden geformt hat. So sieht sich auch Kal-El in einer Ähnlichen Situation wieder, hin und her gerissen zwischen der menschlichen Erziehung seiner Adoptiveltern und seiner kryptonitischen Herkunft mit der Bestimmung als Held. Nur leider wirkt das dieses mal ziemlich aufgezwungen und will nicht so recht in das Superman-Universum passen wie wir es kennen.
Hinzu kommt, dass die Geschichte des jugendlichen Clark Kent in den Rückblenden nur stückweise und nur annähernd interessant erzählt wird. Stattdessen hat man klar versucht, den Film mit optischen Schauwerten zu gestalten, was teilweise auch gelungen ist. Das Design von Krypton, seiner Raumschiffe und Bewohner kann sich genau so sehen lassen wie die reisserisch inszenierten Prügelkämpfe auf der Erde.
Es ist durchaus amüsant dem Treiben zuzusehen, wenn Superman seinen Widersacher mit Schmackes durch eine Hauswand schleudert und dabei nur noch Trümmer und Staub zurücklässt. Sekunden später darf das stattdessen auch gerne ein Auto sein. Oder ein Bus. Oder eine Mauer, ein Silo, eine Strassenlaterne oder ein x-beliebiges Objekt welches das Stadtbild von Metropolis schmückt.
In
“Man of steel“ wird viel und gerne gewütet, nur leider verliert die Zerstörungsorgie zu schnell ihren Reiz. Nicht zuletzt auch deswegen, weil weder Kal-El noch einer seiner Gegner durch die Prügel wirklich entscheidend geschwächt und somit niedergestreckt werden kann – womit sich dem Ganzen eigentlich komplett der Sinn entzieht. Somit dienen die Kämpfe einzig und allein ihrem Selbstzweck der Action und bieten somit im Endeffekt nicht mehr als das vergleichbare Gekloppe der haushohen Roboter aus
“Transformers“.
Bild
In Sachen Optik braucht sich
“Man of steel“ keinesfalls zu verstecken. Zack Snyder hat in der Vergangenheit schon mehrmals bewiesen, dass er mit passenden Kameraeinstellungen sowie Farbwerten seinen Filmen einen ganz eigenen Charakter verleihen kann – was ihm auch beim neuesten Superman-Ableger bestens gelingt. In Szene gesetzt wird das Ganze umso besser durch sehr gelungene Schärfe- und Kontrastwerte, die für einen überdurchschnittlich guten Bildtransfer sorgen, in dem die zahlreichen Details bestens zur Geltung kommen. Einzig bei schnellen Bildwechseln und Kameraschwenks kann es zu einem leichten Verwischeffekt kommen, der jedoch auch stilistischer Natur sein kann. Doch gerade in den Actionsequenzen sorgt die Inszenierung für Entzücken und lässt die geölten Blu-Ray Muskeln spielen.
-> 8.5/10 Bildpunkte
Sound
So langsam ist es mit den Veröffentlichungen von Warner echt zum Haare raufen.
“Man of steel“ reiht sich nahtlos in die Riege der hochklassigen Titel ein, denen man partout keine ordentliche deutsche Soundspur verpassen wollte. Wie schon bei
“Harry Potter" und Konsorten muss man sich mit vergleichsweise mickrigem und vor allem veraltetem Dolby Digital 5.1 zufrieden geben, welches in der vorgeführten Form keine anständige Anlage wirklich fordern kann. Die stark begrenzte Bitrate schafft es weder ordentliche Bässe noch eine gute direktionale Wiedergabe auf die Surroundspeaker zu transportieren. Man merkt zwar deutlich, dass irgendwo so etwas wie Räumlichkeit und Volumen vorhanden sind, doch im Endeffekt klingt alles viel zu dumpf und erstickt. Die Bässe zu brav, die Musik zu flach und die Gespräche zu leise. Eine ordentliche Soundspur hört sich definitiv anders an. Immerhin ist das Balancing gelungen, so dass im Endeffekt alles im gleichen Masse hörbar ist – doch von einer anständigen Action Blu-Ray muss definitiv mehr kommen. Enttäuschend.
-> 6/10 Soundpunkte
Fazit
Es sollte die langersehnte, glorreiche Rückkehr von Superman werden. Man hatte Rang und Namen rund um das Projekt versammelt und mit dem Briten Henry Cavill einen Schauspieler gefunden, der den ausserirdischen Clark Kent ausserordentlich sympathisch rüberbringt. Nebst seiner Präsenz und den optischen, durchaus gelungenen Schauwerten fehlt es dem Film aber vor allem an Seele. Nicht eine Sekunde lang kann man sich mit Clark Kent identifizieren, womit ihm schon einmal ein sehr wichtiger Aspekt anderer Superhelden fehlt. Zudem ist sämtliche Komik komplett abhanden gekommen und die Chemie zwischen Cavill und Adams als berühmtes Leinwandpäärchen Lois & Clark stimmt ebenfalls nicht so wirklich.
“Man of steel“ will klar mehr sein als er eigentlich ist, taugt aber letztendlich nur als (überlanges) Actionhäppchen für zwischendurch, wenn man die unbändige Lust auf Popcorn verspürt. Als Grundlage für weitere Filme kann das Werk durchaus dienen, in der bereits vorliegenden Form kann es sich allerdings nur rühmen, die wohl beste Superman Verfilmung seit langem zu sein. Wobei auch das nicht zwingend ein Qualitätsmerkmal ist.
-> 6.5/10 Blu-Ray Punkte
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lendenzorn am 29. Oktober 13
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"Prisoners" Filmkritik
Fast jeder ordentliche Thriller der Neuzeit wurde stets um das Element der Entführung bereichert. Sei es die Ehefrau, die Freundin, die Kinder, der beste Kumpel oder wer auch immer - stets wird ein geliebter Mensch von einem Bösewicht irgendwo hin verschleppt und gefangen gehalten, bis der strahlende Retter erscheint. So kennen wir das Schema, so hat man es uns schon unzählige Male vorgesetzt. Ab und zu traut sich ein Film jedoch auch, einen leicht anderen Weg einzuschlagen, so wie
"Prisoners". Das Hollywood-Debut des Franko-Kanadischen Kurzfilmers Denis Villeneuve geht die Sache langsam an, baut die Spannung nur sehr bedächtig auf und schafft es vor allem, den Betrachter mehrmals an der Nase herum zu führen.
Beinahe könnte man denken, es gäbe eine Anleitung für einen ultraspannenden Thriller - und nur Villeneuve hätte sie gefunden. Die Frage ist nur: hat er sie auch bis zur letzten Seite durchgelesen?
Story
Keller Dover (Hugh Jackman) mag ein armer, aber liebender Mann sein. Ein streng gläubiger Familienvater der für seine Liebsten durch die Hölle gehen würde, wenn es denn sein muss. Sein Verdienst beim Renovieren von Häusern und Wohnungen wirft momentan knapp genug ab um über die Runden zu kommen, und so lernt er seinem Sohn auch stets, für alles gottgegebene dankbar zu sein; auch wenn die beiden gerade zusammen im Wald einen Hirsch erlegen.
Die kleine, einfache Familienidylle an Thanksgiving wird jedoch aprupt unterbrochen, als sowohl seine Tochter Anna wie auch das Nachbarsmädchen Joy spurlos verschwinden. Der Verdacht fällt schnell auf den Besitzer eines Wohnmobils, welches zum Zeitpunkt des Verschwindens noch in der Strasse geparkt war.
Die örtliche Polizei setzt Detective Loki (Jake Gyllenhaal) auf den Fall an, einen intelligenten Mittdreissiger, dessen Ambitionen ihn endlich aus dieser öden Kleinstadt weg und in belebtere Gefilde bringen sollen. Sein Verhör mit dem jungen Alex Jones (der Fahrer des Wohnmobils) bringt jedoch nur die Erkenntnis zu Tage, dass der Verdächtige den IQ eines 10-jährigen besitzt und kaum imstande wäre, solch komplexe Taten wie eine Kindesentführung überhaupt durchzuführen.
Doch Keller glaubt fest an dessen Schuld und setzt auch nach seiner Freilassung aus der Untersuchungshaft alles daran, etwas aus ihm herauszupressen: den entscheidenden Hinweis, wo seine Tochter ist.
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Es bedarf zwar einiger Minuten, die zur Einführung der Charaktere genutzt werden, bis
"Prisoners" ein wenig Fahrt aufnimmt und die Storykurbel so richtig in Gang kommt. Doch spätestens dann zeigt sich, dass Denis Villeneuve seine Geschichte anders erzählen will als seine Regiekollegen vor ihm. Hier geht es nicht um strahlende Helden, um wilde Verfolgungsjagden und bleigeladene Feuergefechte - es geht um einen Familienvater, der mit allen Mitteln seine Tochter finden will. Und die ihm zur Verfügung stehenden Mitteln sind genau die selben wie sie ein jeder hat. Keller Dover hat weder einen schwarzen Gürtel in irgend einer Kampfsportart, er kann abgesehen von seiner Jagdbüchse nicht mit Waffen umgehen und er steckt auch nicht hunderte Schläge von Muskelpaketen ein.
Doch für einmal zeigt selbst das Gesetz in Form von Detective Loki seine grüblerische, gebrechliche und vor allem nicht unfehlbare Seite. Wenn der Polizist an sich selbst zweifelt, vergeblich seinen einzigen Verdächtigen befragt und partout nicht weiter weiss; dann ist das Thrillerkino wie man es lieben muss. Jake Gyllenhaal erfüllt erstmals seit
"Donnie Darko" wieder eine etwas tiefgründigere Rolle und bringt den ambitionierten, aber in seinem Job gelangweilten Gesetzeshüter schon beinahe brilliant auf die Leinwand. Nach der ersten Filmhälfte wünscht man ihm so sehr, endlich den Täter zu finden, dass man beinahe Hugh Jackman in seiner Rolle als Familienvater vergisst.
Das liegt vor allem daran, dass es Villeneuve schafft, dass die Sympathien immer wieder zwischen den Charakteren hin und her wechseln. Leidet man anfänglich mit dem Schicksal der Kleinfamilie, so fragt man sich später immer öfter, ob Kellers Taten wirklich richtig, ob sie notwendig sind. Gleichzeitig erbarmt man sich mit dem geistig behinderten Alex Jones (der vom eher unbekannten Paul Dano ebenfalls grossartig portraitiert wird) und zweifelt an den Methoden der örtlichen Polizei - nur um einige Minuten später alles wieder ins komplette Gegenteil zu kehren.
Genau diese Gratwanderung macht
"Prisoners" so besonders, zu etwas anderem als dem Altbekannten. Nicht zuletzt dadurch baut sich spätestens in der zweiten Filmhälte der fast 2,5 Stunden eine unerträgliche Spannung auf, die sich erst in den letzten Minuten auflöst, nachdem das Geheimnis um den wahren Schuldigen gelüftet wurde.
Bild & Sound
Das triste, bedrückende Grau des Spätherbstes im amerikanischen Pennsylvania fängt die Grundstimmung des Filmes bestens ein, zu dem auch einsetzender Regen sowie leichter Schneefall seinen Teil beiträgt. Eingebettet in langsame Kamerafahrten und mit Bedacht gewählte Schnitte, lässt sich
"Prisoners" auch in seiner optischen Aufbereitung viel Zeit für die Geschichte. Vor allem mit Totalen wurde viel gearbeitet, Nahaufnahmen und Close-Ups dienen nur ihrem Selbstzweck, während man ansonsten die Chakatere samt ihrer Umgebung durch Mimiken und Gestiken sprechen lässt. Die Farbgebung indes ist beinahe während der gesamten Filmlänge ebenfalls spektakulär unspektakulär und setzt nur mit wenigen farblichen Wechseln stilbedingte Akzente.
Damit Hand in Hand geht auch der Ton, der in erster Linie durch seinen ruhigen Mix hervorsticht. Surroundeffekte sind genau so spärlich gesät, wie die akzentuiert einsetzende Musik, welche mit Streichern und Piano die traurig-spannende Stimmung untermauert.
Fazit
Es ist lange her, seit ich einen Thriller im Kino gesehen habe. Ich empfand sie entweder als zu seicht oder die Thematik als nicht interessant genug um gerne hinzugehen - doch
"Prisoners" gab ich eine Chance, die postwendend genutzt wurde. Der komplette Film gestaltet sich betont langsam und baut seine Spannung nur allmählich auf, dann jedoch umso mehr. Sämtliche Charaktere sind ausserordentlich gut besetzt und vermitteln spielend die ganze Hilflosigkeit, Verzweiflung, Trauer und Wut über eine solch schreckliche Tat, deren Ausmass man sich erst spät wirklich bewusst wird.
Bis zum wirklich gelungenen Schluss vergehen rund 2,5 Stunden, die zwar überaus intensiv aber zuweilen auch recht langatmig daherkommen.
Somit wird die gemächliche Erzählstruktur sicherlich nicht jedermannes Geschmack treffen, aber wer sich davon nicht abschrecken lässt, erlebt hier einen enorm packenden Thriller, der sich dank seiner Intensität ganz oben einreihen und wohl noch das ein oder andere mal als Referenz herhalten wird. Und irgendwie hört man es bereits rufen "..and the Oscar goes to..."
-> 8.5/10 Gesamtpunkte
lendenzorn am 15. Oktober 13
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