"Evolve" Alpha - Hands-on Bericht (PC)
In einer Zeit der kompetitiven Multiplayertitel wie Call of Duty und Konsorten sind Spiele mit kooperativem Gameplay eine erfrischende und willkommene Abwechslung. Genau in jene Nische schlugen vor 6 Jahren der Zombieshooter “Left 4 Dead“ und kurze Zeit später auch dessen Nachfolger, der den Erfolg des Erstlings sogar noch toppen konnte. Vor allem die Modi in welchen 4 Überlebende Spieler gegen ein Team aus ständig wechselnden Zombies antraten entpuppten sich als wahre Spassgranaten und sorgten für so manche durchzockte Nacht.
Die dafür verantwortlichen Entwickler der Turtle Rock Studios lancierten nun vom 31. Oktober bis zum 04. November eine erste grosse Alpha ihres neuen Titels “Evolve“, bei welcher Serverstabilität und Spielsystem getestet werden sollten. Erstmals nach der E3 war es Spielern also möglich, Hand an den neuen Titel zu legen und sich mit eigenen Augen ein Bild des neuen Konzeptes zu machen.
Was genau ist es? Was will es? Wie spielt es sich? Und vor allem: macht es Spass?
Ich durfte mich dank einem Alpha-Key unter die anderen unzähligen Teilnehmer begeben und kräftig mitmischen, dabei erste Erfahrungen sammeln und für mich selber entscheiden ob ich das auch in Zukunft spielen will oder nicht.
Für all jene welche die Alpha verpasst, keinen Key ergattert oder sich bislang schlichtweg nicht für den Titel interessiert haben, hier also mein ausführlicher Bericht über die “Evolve“-Alpha.
Worum geht es?
Der dünne rote Faden im Hintergrund ist recht schnell erzählt: in ferner Zukunft gründen die Menschen Kolonien auf fremden Planeten um dort Rohstoffe abzubauen oder mit Kraftwerken für Energienachschub zu sorgen. Der lokalen Fauna gefällt das natürlich so gar nicht, weshalb diese recht schnell den Aufstand planen. Jeweils ein besonders gefährliches Exemplar bildet dabei die Vorhut, die nun von einem menschlichen Jägerteam aufgehalten werden soll, bevor es die Industrieanlage komplett zerstört.
Das klingt auf dem Papier nicht allzu spannend und wäre noch nicht einmal ein Kandidat für die goldene Himbeere – aber das war auch nie im Sinne der Entwickler. Man hat gar nicht erst versucht ein künstliches Grundgerüst für die packenden Gefechte aufzubauen, man wollte lediglich sicherstellen dass ein jeder weiss was er hier eigentlich genau tut und warum er hier ist.
Basierend auf dieser Prämisse schlüpfen also 4 Spieler in die Rollen der Jäger und ein weiterer darf sich darin versuchen, das Monster zu steuern. Einer? Richtig gelesen, “Evolve“ ist ein sogenannter asymmetrischer Shooter in dem ein zahlenmässiges Ungleichgewicht herrscht, was sich aber nicht zwingend auf die Balance oder den Spielverlauf auswirken muss. Wieso dem so ist, darauf gehe ich später ein.
Erstmal finden sich sämtliche Teilnehmer in der Lobby ein – dedizierte Server gab es bislang noch nicht – und wählen danach ihre Klasse aus indem sie Präferenzen dafür festlegen. Eine freie Wahl besteht also selten, eher werden die Vorlieben der einzelnen Spieler einander angeglichen und anhand dessen ausgewürfelt, wer welche Rolle verkörpern wird. Spricht man sich unter einander ab, sind aber natürlich auch teaminterne Wechsel möglich – lediglich dem Monster ist es nicht möglich, seinen Platz mit einem Jäger zu tauschen.
Als nächstes dürfen die einzelnen Klassen noch nach Vorlieben minimal angepasst werden; pro Klasse gibt es jeweils mehrere Charaktere, jeder mit anderen Waffen und Fähigkeiten. Diese wollen allerdings erst freigespielt werden in dem man massig Erfahrung in den Gefechten sammelt.
Sind letztendlich alle soweit, startet die Runde und das Level offenbart sich erstmals in Spielgrafik. Wer das Monster steuert, darf 30 Sekunden vor den Jägern starten und sich seinen Weg über die Planetenoberfläche bahnen. Ziel ist es dabei, anderweitige, kleinere Tiere zu töten und zu verspeisen um Erfahrungspunkte und Energiereserven zu sammeln. Bedienen wir uns genügend an der örtlichen Fauna, steigen wir einen Level auf in dem wir eine erste Evolution zur Stufe 2 starten. Das Monster wird dabei nicht nur grösser und stärker, es darf auch zusätzliche Punkte in 4 vorgegebene Fertigkeiten verteilen, verliert dabei aber auch ein wenig an Schrittempo. Das ist umso ärgerlicher, da wir als Monster mit jedem unserer Schritte Spuren hinterlassen, denen die Jäger folgen können. Zwar können wir jene Spuren vermeiden indem wir schleichen, springen oder durch Wasser waten, müssen dadurch aber auch unsere eigenen Route anpassen und möglicherweise Umwege zum Ziel in Kauf nehmen. Nur wenn wir mit grösster Umsicht und einer ordentlichen Portion Taktik vorgehen, gelingt es uns, Stufe 3 zu erreichen. Ein paar Fertigkeitspunkte später sind wir dann auf dem grössten, aber schwerfälligsten Maximallevel angelangt und sind somit endlich in der Lage, den Reaktor der Industrieanlage anzugreifen und zu zerstören. Wenn dabei nur die Jäger nicht wären…
Diese erreichen den Planeten per Luftschiff und werden erstmal in schwindelerregender Höhe weit über der Map abgesetzt oder besser gesagt aus dem Flugzeug geworfen. Unten angekommen müssen sie sich erstmal in der Map orientieren: wo sind wir, wie gehen wir vor und vor allem: wo ist das Monster? Eben dieses sollten die Jäger so schnell wie möglich ausfindig machen bevor es Stufe 2 oder – Gott bewahre – sogar Stufe 3 erreicht. Doch das ist leichter gesagt als getan, vor allem wenn es sich beim Gegenspieler um jemanden mit ein wenig Erfahrung und/oder Geschick handelt. Dann nämlich findet das Team rund um seine Landezone erst einmal nichts ausser Landschaft. Keine verräterischen Fussspuren, keine Tierkadaver. Somit kommt also gleich zu Beginn der Trapper ins Spiel, die wohl wichtigste Klasse bei der Verfolgung des Ungetüms. Je nach Charakter hat der Trapper entweder eine Art Alienhund mit dabei, welcher auf Knopfdruck langsam aber stetig die Witterung des Monsters aufnimmt; oder aber der Spieler kann Sensoren plazieren welche wiederum Feindbewegungen aufnehmen und visuell an uns weitergeben. Auf diese Weise verfolgen wir die Fährte des Ungeheuers, hinken dabei aber stets einen Schritt hinterher. Schliesslich zielt die Fährte dorthin wo das Vieh durchgegangen ist und somit einst war, auch wenn es sich möglicherweise bereits ein anderes Versteck gesucht hat.
Um es schneller ausfindig zu machen, sollte sich die Gruppe also aufteilen, was allerdings auch mehr Gefahren mit sich bringt. Denn trotz Jetpacks auf dem Rücken sind die menschlichen Charaktere vor allem zu Beginn entscheidend langsamer unterwegs als ihr tierischer Gegenpart und bewegen sich im Gelände weitaus behäbiger. Hinzu kommt, dass ein Duo oder gar nur ein einzelner Jäger für das Vieh ein gefundenes Fressen darstellt und meist binnen Sekunden am Boden liegt, oder sogar bereits den Tod gefunden hat bis die rettende Verstärkung eintritt. Denn nur mit vereinten Kräften lässt sich das Ungeheuer in Schach halten und besiegen – wer diesen Umstand nicht beachtet, ist komplett chancenlos.
Ist das Alien endlich in Sichtweite hilft also nur Teamwork. Per Spezialmunition aus dem Scharfschützengewehr kann der Medic das Vieh zwar verlangsamen um den Abstand zu verringern, aber nicht festhalten. Das wiederum ist erneut eine Aufgabe für den Trapper in der Gruppe, also den Fallensteller. Im entscheidenden Moment eingesetzt kann das Monster so unter einer elektromagnetischen Kuppel festgehalten werden; eine Art mobile Kampfarena aus der nichts ausbrechen kann – auch kein Jäger. Mit im Boden versenkten Enterhaken kann der Trapper dann auch noch seine letzte Fähigkeit zum Einsatz bringen und das Monster am Boden festhalten, was dessen Flucht entscheidend erschwert.
Mit seinem Präzisionsgewehr und einigen gut plazierten Treffern markiert der Medic die Schwachstellen des Gegners, eher er seine Teamkollegen heilend unterstützt. Dabei kann er sich jedoch nur immer auf einen einzelnen Mitstreiter konzentrieren, oder in einem begrenzten Radius einen Lebenskraftschub an alle um ihn herum verteilen.
Die Aufgabe des Assaults wiederum ist so simpel wie auch wichtig: als Berserker der Truppe geht er mit vollem Magazin auf das Vieh los und haut ihm entweder Energiestrahlen aus kurzer Distanz oder blaue Bohnen über mittlere Distanzen um die Ohren. Gerät er in Bedrängnis hilft ihm ein Energieschild der einige wenige Hiebe aushält ehe er sich wieder regenerieren muss. Wenn er nicht direkt angreift kann er versuchen die Bestie mit Annäherungsminen in Schach zu halten, von denen maximal 5 Stück gleichzeitig gelegt werden können.
Als letzte Klasse begibt sich der Supporter ins Gefecht. Er agiert ebenfalls eher aus dem Hintergrund und schützt seine Kameraden aus der Distanz per Energieschild vor Treffern oder macht alles in einem bestimmten Umkreis unsichtbar, beispielsweise besonders hilfreich beim wiederbeleben gefallener Kollegen. Mit seiner Impulswaffe kann der Supporter zwar auch brauchbaren Direktschaden austeilen, als effizienter erweist sich allerdings ein Luftschlag den er in zeitlich begrenzten Abständen anfordern kann. Perfekt getimed wird das Monster so von mehreren schweren Brandbomben getroffen die von oben herabsegeln – das ist genau so verheerend wie es klingt. Doch vorsicht: Jäger wurden in der Alpha durch die Bomben zwar nicht verletzt, aber meterweit durch das Level geschleudert. Nicht gerade vorteilhaft, sollte sich der Gegner gerade auf der Flucht befinden.
Segnet einer der menschlichen Spieler trotz aller Wiederbelebungsversuche das zeitliche, muss dieser 90 Sekunden auf das nächste Dropship warten um dort wieder abzuspringen und erneut im Level zu landen. Derart dezimiert und geschwächt bieten sich dem Jägerteam zwei Möglichkeiten: das Monster weiterhin verfolgen und dessen geschwächten Zustand vom vorhergehenden Gefecht ausnutzen, dabei aber Gefahr laufen dass man vom Gegenspieler noch mehr auseinandergenommen wird; oder aber man lässt sich zurückfallen und wartet auf die Verstärkung, lebt dabei aber mit dem Risiko dass sich das Monster an der Fauna labt, somit Energie regeneriert und ggf. die dritte Evolutionsstufe erreicht. Es ist ein ständiges Abwägen der eigenen Stärken und Schwächen, die Taktik kann sich von Minute zu Minute ändern und genau dieses dynamische Gameplay sorgt dafür dass kaum ein Match gleich abläuft.
Zwar war die Abwechslung während der Alpha noch arg limitiert, da es nur 3 spielbare Karten und bloss einen Modus gab, für einen ersten Eindruck hat das aber bereits ausgereicht. In erster Linie war dabei auch die Technik beeindruckend: der Grossteil der Partien verlief völlig lagfrei und die zugrundeliegende CryEngine zeigt in ihrer aktuellsten Form wie Multiplayertitel aussehen können. Die Karten sind riesig und warten mit unzähligen Details auf, von Rauch- und Partikeleffekten zu dynamischem Wasser und allesüberwuchernder Flora und Schneegestöber. “Evolve“ ist ein wirklich hübsches Spiel, hat dabei aber ziemlichen Hardwarehunger. Mein Testrechner, bestehend aus i5-3450, GTX 660 OC und 8GB RAM konnte die Alpha in 1080p bei mittleren Details gerade so flüssig stemmen. Mit ein wenig mehr Feintuning und entsprechenden Treibern lassen sich bestimmt noch mehr FPS aus der Engine kitzeln – man darf gespannt sein inwieweit sich das noch ändern wird.
Natürlich ist längst noch nicht alles balanciert oder perfekt auf einander abgestimmt. So manche Fähigkeit dürfte bis zum Release noch geschwächt werden – vor allem auf der dritten und letzten Stufe ist das Monster unglaublich stark und tötet mit ein wenig Geschick ein komplettes Team binnen weniger Minuten. Umso spannender gestalten sich die Gefechte allerdings wenn beide Seiten in etwa gleich stark sind und sich bereits ein wenig auf den Maps auskennen. In diesen Situationen entfaltet “Evolve“ sein volles Potential und zeigt, wieviel Spass das fertige Spiel machen könnte. Hoffen wir nur, dass Turtle Rock für genügend Langzeitmotivation sorgt.
Fazit
Ich hatte während der 4 Tage in der Alpha unglaublich viel Spass, mehr als bei manch anderem Multiplayertitel der jüngeren Zeit. Dabei hat mich das Spieldesign und das Gameplay im positivsten Sinne an das vorhergehende “Left 4 Dead 2“ erinnert, dessen Parallelen klar ersichtlich sind. So spielt sich der Goliath als Monster in Grundzügen ähnlich wie der Tank aus der wilden Zombiehatz, kann bei entsprechendem taktischen Geschick allerdings noch auf viel mehr Möglichkeiten zurückgreifen, den Jägern das Leben schwer zu machen.
Ich hab mich beispielsweise diebisch gefreut als ich nach einem hektischen Gefecht ein paar Meter geflüchtet bin ehe ich mich duckend in einem Gebüsch versteckt hab. Nichtsahnend sind die Jäger an mir vorbeigerannt, bevor ich mich von hinten anschleichen und sie mit einem heftigen Angriff überraschen konnte.
Oder wenn man sich nur knapp retten kann, einen sicheren Unterschlupf findet, die dritte Evolutionsstufe einleitet und danach mit voller Kraft zurückschlägt – das sind die Momente in denen “Evolve“ beinahe brilliert. Das Spiel ist dabei ein sicherer Kandidat für Teamspeak & co., nicht zuletzt da die Absprache im Jägerteam unverzichtbar ist. Erstaunlicherweise hat aber das Zusammenspiel in der Alpha meist hervorragend geklappt, trotz unausgeglichenem Matchmaking. Da wurden hochrangige Level 20 Spieler mit Anfängern zusammengewürfelt um gegen ein Level 8 Monster anzutreten, oder ein komplettes Anfängerteam hatte es mit einem bereits erfahrenen Gegner zu tun. Das sind Dinge die bis zum Release natürlich unbedingt gefixt werden müssen; aber in der Alpha ging es natürlich in erster Linie um die Serverstabilität – und diese war erfreulich gut. Nur sehr selten habe ich es erlebt dass Spieler aus dem Match flogen (ob ungewollt oder nicht war nicht zu erkennen) oder es komplette Verbindungsabbrüche gab. Einzig die Ladezeiten zu Anfang jeder Runde waren doch unerträglich lange, wobei ich aber auch Spiele erlebt hab in denen es binnen weniger Augenblicke los ging. Überlastete Server oder schwache Rechner der Clients könnten hier ausschlaggebend gewesen sein – genaueres wissen wohl nur die Entwickler.
Als einzigen Grafikbug tauchte urplötzlich während 2 Sekunden eine graue Textur vor mir auf, die danach wieder spurlos verschwand, und der integrierte Voicechat wollte nicht immer richtig.
Abgesehen davon lief bereits die Alpha erfreulich stabil und hat vor allem extrem viel Spass gemacht. In der Hoffnung auf mehr Karten, Charaktere und Spielmodi ist meine Vorbestellung bereits plaziert und ich kann den Februar kaum mehr abwarten.
Ersteindruck: Hitpotential
lendenzorn am 12. November 14
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"Annabelle" Filmkritik
Nach dem unerwartet sensationellen Erfolg von
„The Conjuring“ war es lediglich eine Frage der Zeit, bis man einen weiteren Ableger ins Rennen wirft. Während sich Regisseur James Wan bereits um den offiziellen zweiten Teil kümmert, hat er seinen Kameramann und Schützling John R. Leonetti damit beauftragt, ein Prequel zu drehen. Dieses trägt den Titel
“Annabelle" und behandelt die namensgebende Puppe, die bereits im Original zu sehen war – in einer verschlossenen Vitrine die auf keinen Fall geöffnet werden darf. Doch warum hat man die Puppe weggesperrt? Ist ihr beherrschender Dämon wirklich um so vieles schlimmer als alle anderen?
Story
Mia und John Gordon erfreuen sich eines friedlichen Lebens in einem typischen US-Amerikanischen Vorort. Sie gehen jeden Sonntag zur Kirche, besitzen ein kleines Häuschen und Johns Doktortitel ist ebenso in Aussicht wie der Familienzuwachs in Form einer kleinen Tochter.
Um das Glück perfekt zu machen macht John seiner Frau ein ganz besonderes Geschenk: schon lange war Mia auf der Suche nach einer einzigartigen, hölzernen Puppe, die nun endlich ihr Regal ziert und die Sammlung somit komplettiert. Noch in der selben Nacht werden ihre Nachbarn von einer okkulten Sekte brutal niedergestochen und Mia selbst beim selben Vorfall leicht verletzt. Wieso sich einer der beiden Täter beim Überfall sogleich Mias neue Lieblingspuppe geschnappt hat, bleibt vorerst ebenso unklar wie die sich fortan überschlagenden Ereignisse – Türen schliessen sich wie von Geisterhand, Nähmaschinen knattern mitten in der Nacht los und nichts scheint mehr so wie es war. Doch was hat das alles mit dieser Puppe zu tun?
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Trailer bei Youtube
Ein wenig anders konstruiert hätte die Origin-Story von
“Annabelle einen ordentlichen Aufhänger für einen anständigen Streifen hergegeben, in der finalen Form erfährt man jedoch nur wenig mehr über die geheimnisvolle Puppe und deren dämonischen Besitzer. Hinzu kommt, dass keines der neugewonnenen Details auch nur ansatzweise neu ist, oder dem verfluchten Gegenstand neue Facetten verleihen kann. Dies liegt in erster Linie am komplett uninspirierten Drehbuch, welches sich auf keinerlei Experimente einlässt sondern lediglich Versatzstücke aus anderen Filmen weiterverarbeitet, bzw. verwurstet.
Das ist umso mehr schade, da die schauspielerische Leistung des unbekannten Cast wirklich nicht schlecht ist und man mit deren Präsenz vor der Kamera durchaus hätte arbeiten können. Doch wenn selbst Nonames vom Script völlig unterfordert scheinen, dann läuft in der Produktion definitiv etwas falsch.
Bild & Ton
Das Grundbild von
“Annabelle zeigt sich in leicht untersaturierten, aber dennoch natürlichen Farben. So sind auch die heller ausgeleuchteten Szenen nur selten wirklich kräftig, wirken dank den gelungenen Kontrasten aber trotzdem erfreulich homogen. Vom Schwarzwert lässt sich leider nicht das selbe behaupten. Dieser ist zwar tiefschwarz, verschluckt dabei aber dermassen viele Details dass es überaus schwer fällt, im Dunkel überhaupt etwas zu erkennen. Natürlich ist das ein beliebtes Stilmittel bei Horrorfilmen, allerdings ist dessen Wirkung ungleich besser wenn man trotz allem genügend erkennen kann um überhaupt so etwas wie Gänsehaut zu entwickeln.
Bildsprache und Kamerafahrten beherrscht Regisseur Leonetti bereits durch seine Mitarbeit bei
„The Conjuring“ sowie
„Insidious“ - was auch der Grund sein dürfte, weshalb sich die Titel optisch leider ein wenig zu sehr ähneln. So arbeitet er Kameramann in seinem Regiedebut fast durchweg mit beinahe den selben Einstellungen, Nahaufnahmen und Totalen wie wir sie bereits aus vorherigen Titeln kennen, was auch die eine oder andere Überraschung vorweg nimmt. So weiss der geneigte Horrorfan bereits von Anfang an, worauf er seine Augen richten muss um die Schockeffekte bereits zu erkennen bevor sie passieren. Das hemmt sowohl Spannung wie auch Dramatik und lässt die eigentlich solide Arbeit weitaus langweiliger und generischer erscheinen als sie eigentlich ist.
Auch das Sounddesign ist lediglich durchschnittlich und bedient sich klassischer Elemente wie dem Streicherstakkato, knarzenden Türen, trampelnden Schritten oder einem akzentuiert eingesetzten lauten Knall. Wenn man sich nur selten Horrorfilme ansieht geht das natürlich völlig in Ordnung, verliert allerdings bei Kennern seine Wirkung komplett. Immerhin ist die Abmischung ordentlich, Dialoge klar verständlich und der Score erfreulich voluminös.
Fazit
Auch
„The Conjuring“ war bei weitem kein Meilenstein im Horrorgenre, konnte aber dennoch so manchen Zuschauer für sich gewinnen. Atmosphäre und Cast waren überdurchschnittlich gut, die Story ging in Ordnung und die handwerkliche Umsetzung war gelungen – wie bei James Wan nicht anders zu erwarten. So gab es auch den ein oder anderen der von der mysteriösen Puppe namens Annabelle fasziniert war und gerne ein wenig mehr über sie erfahren hätte. Die Idee, daraus einen eigenen Film zu drehen mag vielleicht etwas weit hergeholt sein, hätte jedoch tatsächlich funktionieren können. In seiner finalen Form jedoch bedient sich
“Annabelle schamlos aus unzähligen Genrevertretern – das wäre an sich nur halb so wild, wenn es denn immerhin ordentlich gemacht wäre.
Doch egal welchen Punkt man näher beleuchtet, man kommt nicht drum herum, diesen aktuellen Ableger als generisch, uninspiriert und langweilig zu bezeichnen. So ist es nicht nur die lahme Story die man in ähnlicher Form schon gesehen hat, sondern vor allem der kaum vorhandene Spannungsbogen, der sich nicht einmal bemüht, auch nur ein einzelnes Klischee auszulassen. Gegenstände die sich von selbst bewegen kennt man bereits seit 40 Jahren, wurden aber schon weitaus besser und interessanter in Szene gesetzt. Die Jumpscares sind ebenso altbekannt und vorhersehbar wie die einsetzende Musik und die Soundeffekte. Kameramann Leonetti schafft es genau ein mal während einer längeren Szene so etwas wie Spannung und Intensität aufzubauen, fährt diese Prämisse aber gegen Ende eben jener Szene wieder mit Vollgas gegen die Wand indem er dem Kinosaal seinen Dämon präsentiert, welcher nicht nur frappierend an
„Insidious“ erinnert, sondern in seinem Design auch derart lächerlich ist, dass der Film sofort jegliche Ernsthaftigkeit oder gar Bedrohlichkeit verliert. Spätestens hier verliert Leonetti das Interesse seiner Zuschauer komplett, stolpert über seine eigenen Füsse und humpelt eher mitleiderregend über die Ziellinie.
Schlechte oder durchschnittliche Horrorfilme gibt es wie Sand am Meer, gute oder gar sehr gute finden sich nur höchst selten und werden dementsprechend mit offenen Armen empfangen.
“Annabelle indes ist einfach nur dermassen langweilig dass man es kaum in Worte fassen kann. Selbst wer hier auf die Verleih- oder TV-Version wartet, sollte sich besser zwei mal überlegen, ob er die 100 Minuten nicht lieber dafür nutzt, dem Gras beim wachsen zuzusehen. Oder mal wieder seinen Teppich zu streicheln. Oder seine Memoiren auffrischen, den Nachbarn die eigene Lebensgeschichte erzählen, eine Packung Streichhölzer anzünden, Postleihzahlen auswendig lernen,…
-> 3/10 Punkte
lendenzorn am 14. Oktober 14
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Spieletest "The Vanishing of Ethan Carter" (PC)
Nicht erst seit dem immensen Erfolg von
"The Witcher" wissen Spieler, dass auch in Polen tolle Titel produziert werden. Eines der jüngsten Studios hört auf den Namen "The Astronauts" und besteht aus einigen ehemaligen Mitgliedern der "People can Fly" Studios, die unter anderem für
"Painkiller" und
"Bulletstorm" verantwortlich waren.
Ihr neuestes Projekt allerdings hat mit bleihaltigen Gewaltorgien mal so gar nichts am Hut und versteht sich eher als modernes, digitales Kunstwerk. Ein Spiel, welches eigentlich weniger Spiel sondern mehr Erfahrung sein will und seine Geschichte weniger erzählt, sondern viel mehr darauf setzt dass der Spieler diese selbst entdeckt. Klingt kompliziert? Ist es auch.
Story
Paul Prospero ist nicht einfach irgend ein Detektiv, sondern einer mit übersinnlichen Fähigkeiten. Seine mentalen Kräfte erlauben ihm einen kurzen Blick in die Vergangenheit und diese sollen ihm dabei helfen, Ethan Carter zu finden - einen Jungen der vor kurzem im malerischen Red Creek Valley verschwunden ist.
Dass das ganze Tal menschenleer erscheint, macht Pauls Suche nicht zwingend einfacher; nur vereinzelt stolpert er über Indizien oder Leichen die Ethans Weg pflastern. Aber hat der Junge sie auf dem Gewissen oder gibt es eine andere Macht, die jene davon bewahrt hat, ihm Leid anzutun?
Zu vieles ist nicht so wie es scheint und hinter der idyllischen Fassade der herbstlichen Kulisse schlummert weit mehr als Paul Prospero erblicken kann.
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Englischer Trailer bei Youtube
Gameplay & Steuerung
"The Vanishing of Ethan Carter" versteht sich in erster Linie als mistery Adventure in der Ego-Perspektive. Mit den Augen von Paul Prospero erkunden wir die offen gestaltete Spielwelt, ohne den Protagonisten jemals selbst zu Gesicht zu kriegen.
Die Kulisse in der wir uns bewegen besteht aus einer einzigen grossen Karte, die nicht in einzelne Gebiete oder Levels unterteilt ist. So steht es uns frei, ob wir auf den Strassen und Trampelpfaden bleiben, oder auch mal links und rechts vom Weg abzweigen um etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Red Creek Valley ist für ein Adventure erstaunlich offen gestaltet und bietet schon beinahe Open-World Charakter.
Leider jedoch haben es die Entwickler verpasst, die Welt mit Leben zu füllen. Abgesehen von den eingestreuten Rätseln und Interaktionsmöglichkeiten gibt es recht wenig zu entdecken oder zu tun, so dass die Spielwelt letztendlich doch nur als Fassade dient.
Dürfen wir doch mal Hand an etwas legen, halten sich die Interaktionsmöglichkeiten ebenfalls in Grenzen. Wir können Briefe lesen und einzelne Objekte einsammeln, dürfen diese sogar in unseren Händen nach Herzenslust drehen und untersuchen - auch wenn dies spielerisch keinen Nutzen bietet. Einzelne Objekte und auch Leichen können wir genauer untersuchen indem wir telepathisch einen Riss in die Vergangenheit öffnen um zu erkennen, was zu deren Tod geführt oder wie ein bestimmtes Objekt an einen Ort gelangt ist.
Stolpern wir über einen Mordfall, machen wir uns in der näheren Umgebung auf die Suche nach Hinweisen und Indizien. Haben wir alle beisammen, legen wir in einer Art Minispiel die chronologische Reihenfolge fest um zu ermitteln, was genau geschehen ist. Haben wir alles richtig gemacht, sehen wir den Tathergang in einer kurzen Traumsequenz.
Um uns das Ganze ein wenig einfacher zu machen, blendet das Spiel Schriftzüge direkt in die Spielwelt sobald wir interaktive Dinge im Blickfeld haben.
Wir können nicht sterben, wir unterhalten uns mit niemandem, wir schleppen nicht kiloweise Gegenstände in unseren Hosentaschen mit und lösen auch keine klassischen Rätsel. Die Bezeichnung Adventure ist im Grunde genommen also gar nicht wirklich zutreffend. Viel mehr lösen wir langsam und bedächtig den Fall eines verschwundenen Jungen. Dass
"Ethan Carter" mehr Kunst als Spiel ist, zeigt sich nicht nur in den beschränkten Interaktionsmöglichkeiten, sondern auch in der genächlichen Erkundung der Spielwelt. Es ist uns zwar möglich zu sprinten oder uns zu ducken, keines davon ist aber regelmässig notwendig. Viel mehr schlendern wir durch das malerische Tal und nehmen uns viel Zeit um keine Hinweise zu übersehen.
Dabei hätten die Entwickler mit ein wenig mehr Mut das Potential der Spielwelt voll ausschöpfen können: wieso dürfen wir Objekte frei in unseren Händen drehen, wenn uns das keinen Mehrwert bringt? Wo sind versteckte Mechanismen, Geheimnisse, Inschriften oder ähnliches? Wieso gibt es abseits der Wege so wenig zu tun? Wieso hat man keine echten Rätsel oder Herausfoerdungen implementiert?
Effektiv haben sich die Entwickler zu sehr auf Spielwelt und Atmosphäre verlassen - was allerdings tatsächlich funktioniert...
Grafik & Sound
Machen wir's kurz:
"The Vanishing of Ethan Carter" ist das wohl schönste und hübscheste Spiel, welches mir je unter die Augen gekommen ist. Vergessen wir
"Skyrim",
"Crysis" oder
"Metro: Last Light" - in Sachen Spielwelt lässt das polnische Indie-Projekt jeden dieser Titel weit hinter sich und zeigt absolut beeindruckend, was mit der mittlerweile betagten Unreal Engine 3 so alles möglich ist.
Zwar ist die Spielwelt weitgehend statisch und protzt nicht mit hunderten an Effekten, Schattenspielereien oder Explosionen, wirkt allerdings so fotorealistisch wie man es bislang noch nie gesehen hat.
Vor allem Licht und Schatten machen aus Red Creek Valley ein herbstliches Gemälde, unter dessen Deckmantel wir hochaufgelöste Texturen und tolle Animationen finden.
Wer sich ingame-Trailer oder Screenshots ansieht, wird ungläubig den Kopf schütteln - aber ja, sie spiegeln die tatsächliche Qualität des Spiels wider!
Leider lässt sich vom Sound nicht das selbe behaupten, hat dieser doch mit der ein oder anderen Krankheit zu kämpfen. So lassen Surroundeffekte ziemlich aprupt nach sobald man sich ein wenig von der Quelle entfernt und nicht allzu kräftige Effekte sorgen für kein richtiges Mittendrin-Gefühl.
Die (nur in englischer Sprache vorliegenden) wenigen Dialoge wurden allerdings professionell Vertont und sind nicht nur dank Untertiteln klar verständlich, werden in Qualitativer Hinsicht allerdings durch die enorm atmosphärische Musik in ihre Schranken verwiesen. Nur wenige Spielesoundtracks wissen so gut zu gefallen wie die ruhigen Klänge dieses Misteryabenteuers.
Fazit
"The Vanishing of Ethan Carter" ist eines der ersten Spiele seit langem welches ich mir vorbestellt hatte, weil ich durch die ersten Videos dermassen davon angetan war. Und rein technisch wurde ich keinesfalls enttäuscht: die Kulisse von Red Creek Valley ist sicherlich die schönste die ich durch ein Spiel jemals kennenlernen durfte. Schade ist nur, dass sie zu statisch und leer wirkt. Es gibt keine Nebencharaktere und viel zu wenig zu entdecken, keine richtigen Rätsel oder sonstige echte Spielinhalte.
Das Grundgerüst wäre vorhanden, aber die Entwickler haben ihr Potential leider ungenutzt gelassen. Beim nächsten Mal wünsche ich mir ein wenig mehr Mut und vor allem mehr Spiel.
In dieser Form bleibt
"The Vanishing of Ethan Carter" ein ruhiger Ausflug in eine extrem malerische, realistische aber leere Welt - eine knapp 4-stündige mistery Geschichte die man sich selbst zusammenreimen darf, sofern man genügend Geduld mitbringt.
Pro:
- das wohl schönste Spiel 2014
- Gute Vertonung
- sehr atmosphärisch
- Soundtrack
Contra:
- keine echten Rätsel
- mehr interaktive Geschichte als Spiel
- mit 3-4 Stunden viel zu kurz
- und dafür mit 20€ zu teuer
Grafik: 95%
Sound: 80%
Steuerung: 90%
Atmosphäre: 92%
Gesamtwertung: 70%
Hardwareanforderungen
Spielbar:
Grafikkarte: Geforce 8800GTS/Radeon 5670 oder äquivalent
Prozessor: Core 2 Duo 2.3 GHz
Arbeitsspeicher: 4,0 GByte
Empfohlen:
Grafikkarte: Geforce GTS 250/Radeon HD 6670 oder äquivalent
Prozessor: Athlon II X2 270 oder äquivalent
Arbeitsspeicher: 4,0 GByte
Testsystem:
Grafikkarte: Geforce GTX 660 OC
Prozessor: Intel Core i5 3550
Arbeitsspeicher: 8,0 GByte
lendenzorn am 05. Oktober 14
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